Umkämpfte Räume: Zwischen rechter Raumnahme und zivilgesellschaftlichem Widerstand in Thüringen
In Thüringen kommt es immer wieder zu Versuchen rechtsextremer Akteur*innen, Räume für sich zu beanspruchen. Dies zeigt sich etwa in der Vereinnahmung öffentlicher Orte durch rechtsextreme Aufkleber, Demonstrationen, der Etablierung „völkischer“ Immobilien und Strukturen oder in gezielten Einschüchterungsversuchen gegenüber zivilgesellschaftlichen Initiativen. Gleichzeitig entstehen vielfältige Formen des Widerspruchs: Engagierte Menschen aus der Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung setzen sich vor Ort gegen rechte Raumnahmen zur Wehr – mit unterschiedlichen Strategien, Ressourcen und Herausforderungen.
Das Lehrforschungsprojekt geht diesen räumlichen Auseinandersetzungen um Deutungshoheit, Sichtbarkeit und Handlungsmacht aus stadtsoziologischer Perspektive nach. Im Zentrum stehen Fragen nach den Praktiken rechter Raumnahme und den Erfahrungen und Perspektiven zivilgesellschaftlicher Akteur*innen mit demokratischen Gegenstrategien in lokalen Kontexten, in denen diese Auseinandersetzungen stattfinden. Im Fokus steht dabei die Frage, wie zivilgesellschaftliche Akteur*innen, politische Vertreter*innen und Verwaltung mit Einschüchterungsversuchen von Rechts umgehen, welche Strategien der demokratischen Gegenwehr sie entwickeln und welche Rolle die räumliche Dimension dabei spielt.
Im Rahmen des Projekts arbeiten wir mit sozialwissenschaftlichen Methoden der qualitativen Stadtforschung. Ziel ist es, die grundlegenden Phasen empirischer Forschung zu durchlaufen und in Theorie und Praxis zu erlernen: Von der Entwicklung eigener Forschungsfragen über die Auswahl geeigneter Methoden bis zur Erhebung und Auswertung von Daten. Im Mittelpunkt steht dabei die Durchführung und Analyse qualitativer Interviews mit Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung in Thüringen. Die Forschungsergebnisse sollen gegebenenfalls auch im Rahmen einer Karte verräumlicht werden.
Gemeinsam diskutieren wir relevante wissenschaftliche Literatur, reflektieren methodische und ethische Fragen der Forschung und erarbeiten auf dieser Grundlage einen wissenschaftlichen Bericht mit unseren Ergebnissen. Zum Abschluss des Projekts werden wir die Forschungsergebnisse öffentlich präsentieren und gemeinsam mit den interviewten Akteur*innen und weiteren Interessierten zur Diskussion stellen. Das Projekt möchte somit einen Beitrag zur kritischen Urbanistik, politischer Bildung und Praxis der Demokratieförderung im Spannungsfeld von Rechtsextremismus und zivilgesellschaftlichem Engagement leisten.
Veranstaltungsart: Projekt, 12 ECTS
Richtet sich an: B.Sc. Urbanistik, 3. FS
Termine: dienstags von 10-18 Uhr (plus Teilnahme an der digitalen Ringvorlesung am Donnerstagabend)
Raumwunsch: Raum 105, Geschwister-Scholl-Str.8A
Teilnehmer*innenzahl: max. 22 Personen
Exkursionswoche: 27.10.-30.10.2025
Dozentin: Malena Rottwinkel
Kontakt: malena.rottwinkel@uni-weimar.de
Eine Stadt für alle: Zum Beispiel Schöndorf
In Weimar hat es Schöndorf nicht leicht. Der Stadtteil ist in der allgemeinen Wahrnehmung entweder gar nicht präsent oder wird stigmatisiert. Das zeigt sich exemplarisch in der kommunalen Förderpraxis. Während Weimar-West bereits im Jahr 2000 in das Programm „Soziale Stadt“ aufgenommen wurde, erfolgte der Einstieg für Schöndorf erst acht Jahre später und war auf die Siedlung Waldstadt beschränkt. Die politische Unsichtbarkeit Schöndorfs und das abwertende Image scheinen sich aber nicht durch die infrastrukturelle Benachteiligung verursacht oder begründet zu werden – eine verlässliche Busanbindung, ein Jugendclub, Sport- und Freizeitmöglichkeiten sowie Einkaufsmöglichkeiten sind in fußläufiger Nähe sind vorhanden. Die Distanz zur Stadt ist aber räumlich wie sozial greifbar. Schöndorf scheint ein gesellschaftlicher Satellit für sich zu sein.
Mit dem Studienprojekt soll anhand von Schöndorf untersucht werden, in welcher Weise lokal Prozesse der sozialen Exklusion zu beobachten sind und welche Formen der Unterstützung, Solidarität und Hilfe vorhanden sind. Dadurch soll es ermöglicht werden, dass eine Perspektive für einen weiteren Ausbau dieser Angebote auf Grundlage der spezifischen Analyse vor Ort diskutiert werden kann. Ziel ist es dabei, um die Handlungsspielräume der unterschiedlichen Akteure in Schöndorf kennenzulernen.
Das Projekt wird in Abstimmung mit dem gleichnamigen Projekt des Master Urbanistik realisiert, der sich der Fragestellung aber mit Bezug auf die anderen Städte Thüringens und der Landespolitik. In der Exkursionswoche lernen die Studierenden die Lebenslagen von Menschen verschiedener sozialen Gruppen in Thüringen kennen.
Um die Bedürfnisse von Menschen in diese Analyse einzubringen, sollen unterschiedliche Methoden der qualitativen Sozialforschung angewandt werden. Hierzu werden die Studierende im Rahmen des Studienprojekt durch die Dozenten angeleitet und betreut. Ferner ist es notwendig, sich allgemein mit den Prozessen der sozialen Exklusion in der Stadt auseinander zu setzen. Ergänzend wird deshalb eine öffentliche Vorlesungsreihe (online) stattfinden, die in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg organisiert wird.
Richtet sich an: Studienprojekt: BA Urbanistik, 5. Semester
Vorlesung: Studierende aller Fächer
Zeit: Studienprojekt: Dienstags, 9.15-12.30
Online-Vorlesung: Mittwochs, 18.00-19.30 Uhr
Erster Termin: 14. Oktober(Projekt)/15. Oktober (VL)
Erwartete Teilnehmer: 20
Maximale Teilnehmer: 30
Unterrichtssprache: Deutsch