Weimarer Stadtgespräche

Die Weimarer Stadtgespräche sind eine Veranstaltungsreihe des Instituts für Europäische Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar in Kooperation mit der Stadt Weimar. Im Rahmen der Stadtgespräche werden aktuelle stadt- und regionalrelevante Themen und Herausforderungen mit geladenen Expert/innen universitäts- und stadtöffentlich diskutiert. Die Gespräche richten sich an die im weitesten Sinne an Stadtentwicklung und Planung interessierte Öffentlichkeit und sollen den Austausch zwischen den verschiedenen Fakultäten und Disziplinen der Hochschule sowie der Stadt fördern.

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Die Stadtgespräche wurden von Barbara Schönig und Daniela Zupan konzipiert. Die Durchführung rotiert zwischen den Institutsmitgliedern.

Edition 1: 2021

Klicken Sie auf den Flyer des jeweiligen Stadtgesprächs um zu den einzelnen Presseberichten zu gelangen.

Anhand von Vorträgen, Diskussionen und Podiumsgesprächen widmeten wir uns im Sommersemester 2021 folgenden Fragen und diskutierten diese in Bezug auf die Stadt Weimar und ihre Region: Wie kann eine stärker am Gemeinwohl orientierte Stadt- und Siedlungsentwicklung aussehen und umgesetzt werden und welche Rolle kommt Kommunen dabei zu? Welchen Herausforderungen sieht sich die Wohnraumversorgung zwischen Bestandsentwicklung, Nachverdichtung und Neubau gegenüber und wie können sozial und ökologisch nachhaltige Formen der Wohnflächenentwicklung gefunden werden? Wie wirken sich Digitalisierung und Pandemie auf die Entwicklung des Einzelhandels in Innenstädten aus, und welche neuen, zukunftsfähigen Konzepte werden derzeit entwickelt und erprobt?

Die Termine gingen jeweils von 18:30 bis 20:30 Uhr: 
10.05.21 _ Gerecht-Grün-Produktiv. Die Neue Leipzig Charta als Wegweiser für Stadtplanung?  
31.05.21 _ Große Siedlungen in kleinen Städten. Rolle, Bilder und Realitäten
14.06.21 _ Statt Rand. Modellquartiere zum Wohnen
05.07.21 _ Post-Corona. Eine neue Zukunft für die Innenstädte

Die Stadtgespräche wurden von Prof. Barbara Schönig (Professur Stadtplanung) und Jun. Prof. Daniela Zupan (Juniorprofessur European Cities and Urban Heritage) durchgeführt und im Sommersemester 2021 durch die Bauhaus.Module gefördert.

Edition 2: 2022 – Die urbane Wärmewende

Im Wintersemester 2022/23 hat das Institut für Europäische Urbanistik an der Bauhaus-Universität weitere Veranstaltungen der Weimarer Stadtgespräche organisiert. Für die drei Veranstaltungen lag der Fokus auf einem hochaktuellen Thema: der urbanen Wärmewende. Die Reihe im Wintersemester wurde unterstützt durch die Stadtwerke Weimar.

Um mehr über die einzelnen Podiumsdiskussionen zu erfahren, klicken Sie bitte auf einen der folgenden Titel:

Erste Veranstaltung:
»Herausforderungen für eine gerechte und klimaneutrale Wärmeversorgung«

Zeit: Dienstag, 8. November 2022, 18.30 bis 20.00 Uhr
Ort: Institut für Europäische Urbanistik

Zweite Veranstaltung:
»Was kann die Stadt tun? Hebel und Hindernisse«

Zeit: Montag, 5. Dezember 2022, 19.00 bis 20.30 Uhr
Ort: Institut für Europäische Urbanistik

Dritte Veranstaltung:
»Wärmewende on the ground: Ansätze im Quartier«

Zeit: Montag, 16. Januar 2023, 19.00 bis 20.30 Uhr
Ort: Institut für Europäische Urbanistik

Plakat der Weimarer Stadtgespräche Edition 2.

Zum Hintergrund

Die Umstellung zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung steht auf der Tagesordnung. Im Gegensatz zur Stromproduktion beruht die Wärmeproduktion noch zu einem Großteil auf fossilen Energien (v.a. Erdgas; auch Kohle und Erdöl) und verursacht damit erhebliche CO2-Emissionen. Gleichzeitig haben die meisten Gebäude nach wie vor hohe Energiebedarfe für Raumwärme und Warmwasser. Sie haben zum überwiegenden Teil eine geringe Effizienz. Während im Neubau technologisch viel möglich ist (der aber zu Ressourcenverbrauch, Versiegelung und Sprawl führt), liegt die große Herausforderung in der Umrüstung des Bestands. Diese Problemdiagnose lässt sich auch auf Weimar beziehen.

Sowohl die zukünftigen Heizkosten als auch die Kosten von Sanierungen haben erhebliche Implikationen für die Umwelt- und Energiegerechtigkeit. Zum einen ist die Frage, wie sich die Kosten verschiedener Energiequellen/-technologien entwickeln werden und welche Haushalte damit welche Heizkosten tragen müssen. Zum anderen werden energetische Modernisierungen als Aufwertungsinstrument kritisiert, da über die Modernisierungsumlage ein Teil der Kosten dauerhaft auf die Mieter*innen umgelegt werden kann.

Durch die aktuelle geopolitische Gaskrise erhält die Wärmewende eine zusätzliche Brisanz. Sie betrifft nicht nur Menschen in ihren Mietverhältnissen, sondern insgesamt die Verbraucher*innen, die Bürger*innen und die Öffentlichkeit. Einerseits liegt darin eine Chance, die stockende Transition nun entschlossen voranzubringen. Andererseits droht die Gefahr, dass durch die Notlage umstrittene technologische Entscheidungen getroffen und damit langfristige Pfadabhängigkeiten geschaffen werden.

In der Fachwelt werden kontroverse Debatten über Vor- und Nachteile verschiedener zukünftiger Wärmetechnologien und -quellen geführt. Während die einen Expert*innen argumentieren, die Wärmepumpe sei die neue Schlüsseltechnologie, die über den Einsatz (grünen) Stroms Wärme aus der Umgebung gewinnt, setzen andere darauf, die Erdgasversorgung fortzuschreiben (teils auf Basis von BHKW) oder auf grüne Gase umzustellen (v.a. Wasserstoff).

Die Wärmewende materialisiert sich vor allem auf der städtischen bzw. kommunalen Ebene. Dort entscheidet sich, mit welchen Wärmetechnologien die Haushalte versorgt werden, wie die Gebäude energetisch ertüchtigt werden und welchen Rahmen die Politik dafür setzt. Insbesondere der Ansatz einer ganzheitlichen kommunalen Wärmeplanung gewinnt aktuell an Bedeutung. Aber auch auf Quartiersebene gibt es vielversprechende Ansätze, die dezentrale Wärmeversorgung voranzubringen. Die Stadt Weimar trägt eine besondere Verantwortung, die Wärmewende vor Ort voranzubringen.

Eine große Rolle spielt dabei nicht nur der Einfluss der Bürger*innen auf die städtische Energiepolitik, sondern auch die materiellen Ressourcen der Kommune, insbesondere in Form von eigenen Unternehmen. So können zum einen Stadtwerke und andere öffentliche Versorgungsunternehmen eine zentrale Rolle bei der Wärmewende übernehmen. Zum anderen sind auch die Eigentumsverhältnisse auf dem Immobilienmarkt wichtig. Mit städtischen oder genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen lässt sich leichter eine gerechte Wärmewende realisieren als mit finanzmarktorientierten Unternehmen oder einem fragmentierten Streubesitz von Privatvermieter*innen. Die Stadtwerke Weimar und die großen Wohnungsunternehmen in Weimar sollten daher eine zentrale Rolle bei der Umstellung der Wärmeversorgung spielen.

Nicht zuletzt hat die Wärmewende massive Implikationen für Städtebau und Architektur, für Denkmalschutz und die Ästhetik der Stadt – gerade in einer kulturell, historisch und architektonisch bedeutsamen Stadt wie Weimar. Wie kann in städtebaulichen Projekten eine nachhaltige Wärmeversorgung organisch integriert werden? Welche neuen architektonischen und technologischen Ansätze gibt es, Gebäude klimaneutral und ressourcenschonend mit Wärme zu versorgen? Wie können historische Bauten denkmalgerecht energetisch ertüchtigt werden? Ist es technologisch möglich und ästhetisch zumutbar, Altbauten mit Wärmepumpen auszurüsten? Wie verändert die Wärmewende das Bild der Stadt?

Edition 3: 2023 – Die mobilitätsgerechte Stadt

In Kooperation mit der Klassik Stiftung Weimar setzte das Institut für Europäische Urbanistik an der Bauhaus-Universität im Sommersemester 2023 die Weimarer Stadtgespräche fort. In diesem Jahr liegt der Fokus darauf, wie eine mobilitätsgerechte Stadt erreicht werden kann.

Um mehr über die einzelnen Podiumsdiskussionen zu erfahren, klicken Sie bitte auf einen der folgenden Titel:

Erste Veranstaltung:
»Radentscheid: Weimar an der Weggabelung«
Zeit: Montag, 17. April 2023, 19.00 bis 20.30 Uhr
Ort: Bauhaus-Museum Weimar

Zweite Veranstaltung:
»Mit dem ÖPNV durch Weimars Wohnquartiere: Nächster Halt Mobilitätsgerechtigkeit«
Zeit: Montag, 5. Juni 2023, 19.00 bis 20.30 Uhr
Ort: Bauhaus-Museum Weimar

Dritte Veranstaltung:
Ländliche Mobilitätswende: Ein Fahrplan für Thüringen
Zeit: Montag 23. Oktober 2023, 18:00 bis 19:30 Uhr
Ort: Bauhaus-Museum Weimar
Stéphane-Hessel-Platz 1, 99423 Weimar

Letzte Veranstaltung:
Feministische Verkehrspolitik: Welches Geschlecht, haben Auto, Bus und Fahrrad?
Zeit: Montag, 04.12.2023, 18:00 bis 19:30 Uhr,
Ort: Bauhaus-Museum Weimar
Stéphane-Hessel-Platz 1, 99423 Weimar

 

 


Zum Hintergrund

Ähnlich wie die Umstellung der Wärmeversorgung steht die Verkehrswende ganz oben auf der Agenda bei der sozial-ökologischen Transformation der Städte. Die Verkehrsinfrastrukturen prägen die Gestalt der Stadt und das Leben ihrer Bewohner*innen. Mobilität ist ein Teil öffentlicher Daseinsvorsorge und ermöglicht zugleich die Erreichbarkeit anderer öffentlicher Angebote.

Bisher sind auch kleinere Städte wie Weimar vom Motorisierten Individualverkehr (MIV) vom Auto dominiert. Das zeigt sich in Stadtpolitik und -planung, in der gebauten Umwelt und in den Alltagspraktiken der Menschen. Zwar hat der Umweltverbund (Bus und Bahn, Fuß- und Radverkehr) einen relevanten Anteil an den täglich zurückgelegten Wegen. Doch in vielerlei Hinsicht spielt er immer noch eine randständige Rolle. Das gilt umso mehr in ländlichen Räumen.

Das vom MIV bestimmte urbane Verkehrssystem hat erhebliche sozial-ökologische Auswirkungen mit starken Gerechtigkeitsimplikationen. So unterscheiden sich Zugang und Nutzung von verschiedenen Verkehrsmitteln deutlich zwischen sozialen Schichten, Geschlechtern und Altersgruppen. Auch in Weimar verfügen unterdurchschnittlich viele Bürger*innen in den (eher) peripheren Großwohnsiedlungen (Nord, West und Schöndorf) über einen Pkw und sind überdurchschnittlich auf den ÖPNV angewiesen. Zugleich hat der MIV räumlich und sozial höchst ungleiche ökologische Folgen (Lärm und Luftschadstoffemissionen, Flächenversiegelung, Unfälle). Hinzu kommen die globalen Auswirkungen wie CO2-Emissionen, Rohstoff- und Energiebedarf.

Einerseits weist die Autogesellschaft eine hohe Dauerhaftigkeit auf. Die Autokonzerne gehören nach wie vor zu den prägenden Konzernen in Deutschland. Gesetzgebung, Planung und Ministerien sind weiterhin auf den Autoverkehr ausgerichtet. Und jedes Jahr wächst die deutsche Autoflotte um durchschnittlich 500.000 Pkw. In Weimar besitzen inzwischen mehr als drei Viertel aller Haushalte mindestens ein Auto. Andererseits lässt sich in den letzten Jahren durchaus eine Krise der Autogesellschaft feststellen. Der Dieselskandal hat am Image der Konzerne gekratzt. Und SUV gelten in Teilen der Öffentlichkeit als Sinnbild einer rücksichtslosen Verkehrspraxis. Die Verkehrsbranche reagiert mit einer sukzessiven Umstellung auf Elektroautos (Stichwort: Antriebswende) und der Entwicklung neuer Mobilitätsdienstleistungen (wie Carsharing, Mobility-Apps und autonome Fahrzeuge).

Ferner engagieren sich in Weimar und vielen anderen Städten zivilgesellschaftliche Initiativen für eine andere Verkehrspolitik. Sie setzen sich für verkehrsberuhigte Quartiere, für eine bessere Radpolitik oder eine soziale Preisgestaltung ein. Die Mobilitätswende gehört auf die Tagesordnung – in den Städten und in den ländlichen Räumen. In Weimar stehen gegenwärtig die Auseinandersetzungen um den Radentscheid im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Vor diesem Hintergrund gehen wir in der aktuellen Reihe der Weimarer Stadtgespräche den Fragen nach, welche Konzepte es für eine andere Verkehrspolitik gibt und wie diese sich konkret umsetzen lassen. Wie kann die Verkehrspolitik so gestaltet werden, dass sie ökologisch, klimaneutral und sozial gerecht ist? Wo gibt es best practices und wie lassen sich die vielfältigen Umsetzungshindernisse überwinden? Wie lässt sich der Umweltverbund stärken und der MIV begrenzen? Wie können die Initiativen von unten und aufgeschlossene Akteure in Politik, Verwaltung und Wirtschaft zusammenwirken? Diese Fragen diskutieren wir mit einschlägigen Expert*innen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.