Empfohlen sei vor der Lektüre der Song »Emerge« von Fischerspooner (Weiterleitung zu Youtube): https://www.youtube.com/watch?v=qTetvhDqfqY
»Hi, Huh-i…«
Was sind »Emerging Technologies«? 
»Hyper, Hyper-media-ocrity…«
Die vom Künstlerkollektiv »Fischerspooner« Anfang der 2000er Jahre besungene Hyper-Medienpräsenz hat inzwischen ganz neue Formen angenommen. Rasante Weiterentwicklung, immer neue Techniken und Technologien, die alle versprechen, dass alles einfacher, schneller, intelligenter, effizienter und automatisierter werden wird:
»Feels good, Looks good, Sounds good…«
Aber ist es auch »good«, also gut? Das ist eine der Fragen, die Thomas Pearce für wichtig hält und fortwährend betrachten möchte. Seine akademische Laufbahn startet der in Kanada geborene Sohn einer Belgierin und eines Kanadiers an der Katholieke Universiteit Leuven mit einem Geschichtsstudium. Schon hier konzentriert er sich auf Architektur- und Designthemen. Nach dem Masterabschluss in Kulturgeschichte zieht es ihn nach Deutschland zum Architekturstudium an die TU Berlin, seinen Master und den Ph.D. macht er an der renommierten Bartlett School of Architecture – UCL in London. Hier trifft Pearce auf unkonventionelle Lehrmethoden, die ihn prägen – zum Beispiel das Entwerfen von Problemen anstelle von Lösungen. Nach dem Master arbeitet er in unterschiedlichen experimentellen Architektur- und Designstudios als Spezialist für digitale Erfassung und Herstellung und wechselt gleichzeitig in die Lehre an der UCL und der Architectural Association. Hier unterrichtet er sowohl Entwurfsgrundlagen, leitet über Jahre seine eigene Entwurfsklasse und arbeitet zuletzt im Programm für digitale Herstellung »Design for Manufacture«. 
»Ein Credo, das ich von dort mitgenommen habe, ist: Ausprobieren, experimentieren, scheitern, nochmals scheitern und irgendwann besser scheitern. Nur so kommt man als Gestalter*in voran. Man kann nichts behaupten, ohne es auch zu bauen«, beschreibt Pearce. »Das geht sehr viel weiter als die Lehre an vielen anderen Hochschulen und so ist es mir wichtig, permanent Disziplingrenzen auszuloten mit experimentellen Technologien, die parallel durch Theorie, Handwerk und Geschichte unterfüttert werden.«
»Feels good, Looks good, Sounds good…«
Aber sind neue Technologien wie der 3D-Druck wirklich die Heilsbringer und Weltverbesserer? »Man könnte meinen, dass Technopositivismus eine meiner Grundeinstellungen wäre. Aber vielmehr beschäftigen mich andere Fragen. Zum Beispiel danach, welche neuen Imaginationswelten aus einer neuen Technologie erwachsen können. Können wir neue Technologien auch als spekulative, kreative Werkzeuge einsetzen? Wenn wir beispielsweise das 3D-Scannen betrachten, gibt es uns natürlich einerseits die Möglichkeit, die physische Wirklichkeit extrem genau zu erfassen. 
Gleichzeitig kreiert es aber eine komplett neue Art, die Welt zu sehen: als halbdurchsichtige Wolken aus Millionen Datenpunkten. Das ist nicht nur eine ästhetische Frage. Wenn wir darüber nachdenken, wie diese Messungen zustande kommen, erkennen wir auch ihre Fehleranfälligkeit, beispielsweise wenn wir reflektierende, sehr kleine oder bewegliche Objekte scannen. Wir könnten also sagen: blöd, diese Fehler müssen wir rausfiltern oder die Objekte gar nicht scannen. Oder wir fragen uns: wie nutzen wir diese fehlerhaften, nicht-realen Messungen spekulativ aus, gehen spielerisch damit um. Vielleicht können wir diese technologischen Fehler verstehen lernen, sie planen und aktiv als »Chimären« gestalten.
Solche spekulativen Ansätze sind nicht nur spielerischer Selbstzweck – sie haben durchaus eine breitere gesellschaftliche Relevanz, wenn wir uns bewusst machen, dass beispielsweise 3D-Scan-Technologien nicht nur in der digitalen Herstellung, sondern auch in Bereichen wie dem autonomen Fahren, der Überwachung oder gar Kriegsführung eingesetzt werden. Ich möchte also immer die Frage stellen: Wie können wir mit dem Wissen aus dieser Technik kritisch und spekulativdenken? Und wie fügt sich das Wissen in gesellschaftliche und künstlerische Diskurse ein?«
 Das ausschlaggebende Wort im Titel der Professur ist »Emerge« zu deutsch »Emergenz«. Der Duden spricht vom »Auftreten neuer, nicht voraussagbarer Qualitäten beim Zusammenwirken mehrerer Faktoren.« Wikipedia erklärt: »Emergenz  (lateinisch emergere »Auftauchen«, »Herauskommen«, »Emporsteigen«)  bezeichnet die Möglichkeit der Herausbildung von neuen Eigenschaften  (Systemeigenschaften) oder Strukturen eines Systems infolge des  Zusammenspiels seiner Elemente.«
Pearce dazu: »Das ›nächste  Neue‹ verspricht also Änderungspotenzial, unabsehbare Möglichkeiten,  aber es muss auch hinterfragt werden. Die einzige Konstante im Leben ist  ja die Veränderung, also das Neue. Darum scheint mir die  Herausforderung für uns als Gestalter*innen in der Lehre, in der Praxis  und in der Forschung, zu diesem ständigen Werden neuer Technologien eine  zukunftsfähige Haltung zu entwickeln. Veränderung ist aber auch mit  Unsicherheit verbunden. Diese Unsicherheit verknüpfe ich in meinem  Verständnis und meiner Lehre mit Neugier und Ergebnisoffenheit, mit  Experimentierfreude und zwangsläufig auch dem Mut zum Scheitern.« 
Ausgerechnet  ins kalte Wasser der Ur- und Frühgeschichte wirft Jun.-Prof. Pearce die  Studierenden in seinem ersten Projekt unter dem Titel »Prähistorisch –  Postdigital«. Er konfrontiert sie mit historischen Artefakten, die  sowohl besondere Materialeigenschaften und einen konkreten Nutzen haben,  aber gleichzeitig Orakel und damit kultische Objekte sind. »Ich frage  mich, was wir aus der Vergangenheit lernen können. Für mich ist es  immens wichtig, den Kontext zu betrachten. Wenn ich ein Objekt vor mir  habe – welchen Einfluss hat das Wissen um seine kulturelle Bedeutung auf  unsere heutigen Praktiken? Zur Beantwortung müssen Theorie, Geschichte  und Handwerk aber auch kulturelle, gesellschaftliche und soziologische  Aspekte herangezogen werden.«
Diesem prähistorischen Teil des  Projektes gegenüber stellt er neueste Technologien. So plant Pearce den  Besuch eines namhaften Industriekonzerns in Jena, um dort die neueste  Vermessungstechnik zu erleben. Auch Fotogrammetrie und CNC-Fräsen stehen  auf dem Lehrplan. »Wichtig ist, dass die Studierenden eine eigene,  direkte Erfahrung mit dem technologischen Handwerk machen. Normalerweise  habe ich ein 3D-Modell, damit gehe ich in die Werkstatt und lasse es  mir fräsen. Aber wenn ich selbst herumprobiert  habe und am besten auch produktiv gescheitert bin, kann ich mit  dem geplanten Werkzeug entwerfen. Genauso wichtig ist mir, dass die  Studierenden eine, wie ich es nennen würde, »post-digitale Fluidität«  entwickeln. Sie sollen lernen, sich fließend zwischen Messung, Analyse,  Simulation, Entwurf, Visualisierung, digitaler Herstellung und  tradiertem Handwerk zu bewegen. Im besten Falle können sie die  Übersetzungen zwischen diesen Arbeitsschritten produktiv nutzen,  eventuell sogar mit der Übersetzung spekulieren. Vielleicht bauen wir  einen irritierenden Faktor ein. Designer*innen, normalerweise  Meister*innen über den Prozess, sollen verunsichert werden, indem wir  zum Beispiel Künstliche Intelligenz als digitales, neuzeitliches Orakel  hinzuziehen.«
Interessierte Studierende erwartet im Projekt statt  eines Brainstormings ein Mind Blowing mit ungewissem Ausgang – mit  Sicherheit spielt Unsicherheit eine Rolle. 
Zurück zu Fischerspooner, die kraftvoll schreien:
»You don’t need to emerge from nothing, you don’t need to tear away…«
Das  sollte Mut machen, sich einzulassen auf diese Emergenzen: Von nichts  kommt nichts und dann ist ja auch immer noch der Kontext. 
Die  Fakultät Kunst und Gestaltung freut sich auf die Zukunft gemeinsam mit  Jun.-Prof. Dr. Thomas Pearce – sowohl auf das Konkrete als auch das  Ungewisse: Herzlich willkommen!
Weitere Infos zu Arbeiten und Projekten von Thomas Pearce finden Sie auf seiner Website unter thomaspearce.xyz.
Hintergrundinformationen zu Tenure-Track-Professuren
Die  Wissenschaftler*innen und Künstler*innen durchlaufen im Rahmen ihrer  Tenure-Track-Professur eine zweistufige Evaluation. Bei erfolgreichem  Abschluss erfolgt die Überleitung auf eine W3-Lebenszeit-Professur ohne  erneute Ausschreibung. Bis zur Entfristung unterstützt die  Bauhaus-Universität Weimar gezielt die Weiterqualifizierung ihrer  Tenure-Track-Professor*innen über das neue entwickelte  BauhausTrack-Programm, bestehend aus Workshops, Beratung und Mentoring. 
Bund  und Länder haben 2016 das Programm zur Förderung des wissenschaftlichen  Nachwuchses beschlossen. Zentrales Element des Programms ist die  Stärkung des Formats der Tenure-Track-Professur. Diese sieht nach einer  erfolgreichen Bewährungsphase den unmittelbaren Übergang in eine  Lebenszeitprofessur vor. Der Bund stellt für die Finanzierung von 1.000  zusätzlichen Tenure-Track-Professuren bis zu einer Milliarde Euro  bereit. Die Sitzländer der geförderten Universitäten sichern die  Gesamtfinanzierung, sodass der mit diesem Programm erreichte Umfang an  Tenure-Track-Professuren auch nach Ende des Programms erhalten bleibt.  Deutschlandweit profitieren 75 Universitäten mit insgesamt 1.000  Professuren von dem Programm, acht davon an der Bauhaus-Universität  Weimar.
Weitere Infos zu allen Tenure-Track-Professuren an der Bauhaus-Universität Weimar finden Sie hier:
https://www.uni-weimar.de/de/universitaet/forschung-und-kunst/wissenschaftlicher-nachwuchs/nach-der-promotion/tenure-track-professur/
Kontakt
Bauhaus-Universität Weimar
Claudia Weinreich
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Luise Ziegler
Mitarbeiterin Medienarbeit
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Fax:  +49(0)3643/58 11 72
E-Mail: presse[at]uni-weimar.de
Web:  www.uni-weimar.de/medienservice
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