


WE CANNOT IGNORE ME/CFS zeigt eindrücklich Staatsversagen und heutige Widerstandsgeschichten auf
Am 21. August 2025 wurde im Rahmen des Kunstfest Weimar der Leitsatz »WE CANNOT IGNORE ME/CFS« im Lichthaus Kino ausgerufen. Den ersten Teil der Veranstaltung bildete der Dokumentarfilm UNREST (USA, 2017), in dem die von Myalgischer Enzephalomyelitis (ME) betroffene Regisseurin und Wissenschaftlerin Jennifer Brea Einblicke in ihre Alltagsrealität gewährt, aber auch auf erschütternde Weise die mit der Krankheit verbundene, weltweite humanitäre Katastrophe deutlich wird. Anschließend vermittelten die Gäste der Podiumsdiskussion – die an ME erkrankte Podcasterin und Netzwerkerin Molly, der Kinderkardiologe Dr. Bruno Kolterer, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen Jürgen Dusel sowie Lilli Hallmann, Mutter eines schwerbetroffenen Kindes, vielfältige und bewegende Einblicke in ihre persönlichen Berührungspunkte mit der neuro-immunologischen Erkrankung und ihren Umgang mit den Folgen dieser desaströsen Versorgungslage und Forschungsunterfinanzierung.
WE CANNOT IGNORE ME/CFS hat nicht nur die in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen existierende Versorgungsverweigerung offengelegt, sondern auch die Widerstandskämpfe von Betroffenen, Angehörigen und Unterstützer*innen sichtbar gemacht. Die Moderatorin Jasmin Degeling, Juniorprofessorin für Medienanthropologie der Bauhaus-Universität Weimar, entließ das Publikum mit der Botschaft, sich gemeinsam gegen Ausschlüsse, Verschleierungen und Mythenbildung zu stellen. Nicht zuletzt das diesjährige Kunstfestmotto »MUTIG LEBEN« kann als Aufforderung verstanden werden, mit konkretem Wissen und demokratischem Handeln den Phänomenen unserer Zeit ‒ exemplarisch aufgezeigt an der Multisystemerkrankung ME/CFS ‒ gezielt zu begegnen. Damit für alle ein Leben möglich ist.
Auf positive Resonanz stieß das Programm nicht zuletzt auch bei den Betroffenenverbänden. »Das war die beste Diskussionsrunde zu ME, die ich bisher erlebt habe,« äußerte sich eine der Gründerinnen von Community4ME. »Spannend war, dass alle Perspektiven – Betroffene, Angehörige, Arzt und Menschenrechtler – zum gleichen Ergebnis kamen: Es wäre möglich, Menschen mit ME zu versorgen, aber das passiert nicht. Das ist ein Skandal und widerspricht den Menschenrechten.«
Die Organisatorinnen Dr. Katrin Richter, stellvertretende Direktorin der Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar, und Lilli Hallmann, Promovendin am Graduiertenkolleg Medienanthropologie, zeigen sich angesichts des großen Interesses am Thema sehr zufrieden: Insgesamt verfolgten etwa 100 Menschen im Kinosaal den Abend und 200 Menschen waren per Livestream dabei, was dank der Unterstützung durch den Medientechnischen Service der Bauhaus-Universität Weimar und dem Lichthaus Kino möglich wurde. Auf diese Weise konnte die Veranstaltung auch international wahrgenommen werden, so gab es Teilnehmende aus Österreich, Schweden und den USA. Im Onlinechat wurde nochmals deutlich, dass die von den Filmprotagonist*innen berichteten Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen auch die Lebensrealität der hierzulande Erkrankten und Pflegenden ist. Die Aufzeichnung des Podiumsgesprächs haben bis zum Ende des Kunstfestes bereits über 500 Personen gesehen.
WE CANNOT IGNORE ME/CFS wurde gefördert vom Diversitätsfonds der Bauhaus-Universität Weimar sowie von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und Nicht Genesen Kids e. V.
Der Film UNREST ist in voller Länge auf Youtube zu sehen: https://www.youtube.com/watch?v=XOpyLTyVxco
Das Podiumsgespräch kann – inklusive Transkription – hier abgerufen werden: https://vimeo.com/1112036725/4273dcfea6 (© Bauhaus-Universität Weimar)
Eine korrespondierende Ausstellung ist bis Ende September 2025 in der Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar, Steubenstrasse 6, zu sehen. Kuratiert wurde sie von Elisa Goldammer, Volontärin der Universitätsbibliothek.
Text: Lilli Hallmann