Seine Gründung in Prädimensionalität und Bildung unter Autorität der Gefühlsmächte
Promotion Thomas Alsheimer, seit Oktober 2020
Diese Doktorschrift ist damit beschäftigt, die Frage nach dem architektonischen Raum auf ungekannte sowie grundlegend neue Weise anzugehen und damit philosophisch tiefgreifend abzusichern. Anlass dazu gibt die Neue Phänomenologie nach Hermann Schmitz (1928–2021) mit den von ihr gestifteten Konzeptionen der Prädimensionalität des Raumes, Gefühlen als räumlich ergossenen Atmosphären sowie des spürenden Leibes. Mit gründlicher Einführung in dieses breit aufgestellte und sich nahe an der menschlichen Lebenswirklichkeit bewegende Begriffssystem, findet dieses erstmalig vollumfängliche Anwendung in der Architekturtheorie.
Prädimensionalität. Wenngleich Architektur mit dem Erzeugen dreidimensionaler Gebilde beschäftigt ist, wurzelt sie im Prädimensionalen, also denjenigen Raumschichten, die noch nicht durch die drei geometrisch zugerichteten Dimensionen sowie Lagen, Abstände und Flächen festgesetzt worden sind. Wetter, Wasser, Schall und Geruch geben alltägliche Widerfahrnisse von prädimensionalen Volumen, die flächen- und randlos ausgedehnt und von nicht bezifferbarer Dimension sind. Die Erkenntnis von der Prädimensionalität des architektonischen Raumes – jenseits von Oberflächen und Körpern – ermöglicht die Lösung vieler architekturtheoretischer Probleme und Widersprüche, wie etwa den lang gehegten Körper-Raum-Dualismus und führt gleichwohl zu der Erkenntnis, den Ursprung des architektonischen Raumes schon vor der baulichen Manifestation zu erkennen. In dieser Prädimensionalität ruht die atmosphärische Potenz des architektonischen Raumes und rührt am Begriff der Gefühlsmächte.
Gefühlsmächte. Die Neue Phänomenologie entdeckt Gefühle entgegen der abendländischen Philosophietradition nicht als Seelenzustände oder Gehirnprozesse, sondern als räumlich ergossene Atmosphären, von denen der Mensch leiblich ergriffen wird und sich in persönlicher Stellungnahme mit ihnen auseinanderzusetzen hat. Gefühle sind demnach ebenso prädimensionale – also flächen- und randlos ausgedehnte – Volumen. Diese Entseelung und Verräumlichung der Gefühle eröffnet in der Folge weitreichende Erkenntnisse zum architektonischen Raum. Anhand der Autorität und Ansprüche dieser ergreifenden Gefühlsmächte – allen voran Zorn und Scham – vollzieht sich nämlich die architektonische Raumbildung und bestätigt den Ursprung der Architektur vor ihren baukörperlichen Erzeugnissen.
Kontakt: thomas.alsheimer[at]uni-weimar.de