DR. JOHANNA TEWES (Hamburg) // Resonanz als Grundlage von Schulentwicklungsprozessen – Ein Beispiel aus der Praxis

SESSION III

Nach der Keynote am Samstag, in deren Diskussion die Output-Orientierung unseres Bildungssystems kritisiert und das Image des Lehrerberufes etwas in Mitleidenschaft gezogen wurde, verschärfte sich Johanna Tewes Anliegen, in Session III die Schönheit des Lehrerdaseins zu beweisen. Da ein Großteil der Teilnehmenden einmal die Zukunft der Schule gestalten werden, wollte die promovierte Kunstpädagogin noch dringlicher die Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Schulwesen aufzeigen.

Dafür stellt Johanna Tewes das beste Vorbild dar. Sie initiierte gemeinsam mit Ihren Kolleginnen und Kollegen des Walddörfer-Gymnasiums in Hamburg ein Schulentwicklungsprojekt, welches Sie seither begleitet und vorantreibt. Auf einer Tagung lernten die Lehrerinnen und Lehrer Hartmut Rosa und seine Resonanztheorie kennen. Inspiriert von Rosas Bild der Schule als Ort, der vielfältig die Weltbeziehungen der Lernenden beeinflusst und ausbildet, entstanden neue Leitlinien. Diese gestalten das Lernen und Leben am Walddörfer-Gymnasium so, dass möglichst viele Resonanzräume erzeugt werden können. Da Schule nach Rosa häufig dann als resonant empfunden wird, wenn sich Schülerinnen und Schüler als selbstwirksam erfahren, entstanden Strukturen, die den Lernenden die Möglichkeit geben, ihren Lernprozess selbständig zu steuern und zu reflektieren. Selbstständiges Lernen vollzieht sich dort in der sogenannten „Studienzeit“, dem „Kabinettsystem“ und einer digitalen Lernplattform, welche auch das Lernen im Zeiten der Corona-Pandemie deutlich erleichtert.

Mit ihrem Bericht über ihre Arbeit am Walddörfer-Gymnasium gab Tewes den Studierenden Mut, ihre Visionen, wie zukünftige Bildung aussehen sollte, nicht aufzugeben, sondern dafür zu kämpfen, Schule so zu gestalten, dass Sie für alle Beteiligten einen sinnstiftenden Lern- und Lebensort darstellt. Dafür, so Tewes, sollte man zu allererst Kolleg*innen überzeugen, denn Weg hin zu einer strukturellen Veränderung kann keiner allein gehen. Wichtig dafür sei vor allem auch die Bereitschaft, Kontrolle abzugeben: Die Schulleiter*innen an die Lehrer*innen und diese wiederum an die Schüler*Innen. Nur dann kann selbstständiges Lernen initiiert und eine von der Gemeinschaft getragene Fortentwicklung verwirklicht werden. 

Neben vielerlei Denkanstöße, Inspiration und Hoffnung gab Tewes den Teilnehmer*innen mit auf den Weg, didaktisch gut belesen zu sein, um Schulentwicklungsvorhaben fundieren und verteidigen zu können.

Ein Bericht von Sandra Rücker 

Weiterführende Literatur
Beljan, Jens (2019): Schule als Resonanzraum und Entfremdungszone. Eine neue Perspektiveauf Bildung. 2. Auflage. Weinheim Basel.
Rosa, Hartmut; Buhren, Claus G.; Endres, Wolfgang (2018): Resonanzpädagogik &Schulleitung. Neue Im-pulse für die Schulentwicklung. Weinheim Basel.
Rosa, Hartmut; Endres, Wolfgang (2016): Resonanz. Pädagogik. Wenn es im Klassenzimmerknistert. 2. Auflage. Weinheim Basel.