Master Seminar

Ähnlichkeitserzeugung in der Architektur

Foto: Hans-Rudolf Meier

Die Absetzung vom Historismus und damit die Ablehnung jeglicher formaler Nachahmung sind die gemeinsamen Wurzeln der modernen Architektur und der modernen Denkmalpflege. Selbst als das Bauen im Bestand wieder vermehrt zum Thema und zur Aufgabe wurde, blieb die deutliche Trennung von Alt und Neu lange Zeit verbindliches Paradigma beider Disziplinen. In der Architektur entwickelte sich seit Aldo Rossis Città analoga seit den späten 1960er eine Strömung, die sich von dieser Separierung löste und seit etwa zwei Jahrzehnten ist eine grundsätzliche Änderung feststellbar: Mit dem "Holistic turn" (Wolfgang Pehnt), den "Architekturen ohne Glasfuge" (Christoph Grafe) und dem Leitbegriff des Weiterbauens sind Verfahren der Angleichung auch wieder zum Thema des architektonischen Entwurfs geworden. Im Seminar sollen daher Praktiken der Ähnlichkeitserzeugung in der Geschichte und Gegenwart der Architektur analysiert und diskutiert werden. Begriffe und Verfahren wie Analogie, Imitation, Nachbildung, Kopie, Übersetzung, Umformung und Zitat sind auf ihren Gehalt und ihre Bedeutung zu befragen, entsprechende Beispiele zu untersuchen und Fragen nach Intention, Wirkung und Bedeutung zu stellen.

Mit der Auseinandersetzung mit Praktiken der Ähnlichkeitserzeugung in der neueren Architektur ist ein Perspektivwechsel verbunden. Methodisch nutzbar zu machen ist das Potential mimetischer Praktiken als Denken in Analogien statt in Kausalitäten. Eingeführte architekturhistorische Narrative werden in Frage gestellt; jenseits von Fragen des Stils, der epochalen Zuordnung oder formalästhetischer Analysen rückt die mediale Konstruktion des architektonischen Objekts und unseres Blickes verstärkt in den Fokus.

Zielgruppe: M.Sc. Architektur

Termin: Wird noch bekanntgegeben.

Leistungspunkte: 6 ECTS

Verantwortlich: Prof. Hans-Rudolf Meier | Dipl.-Ing. Kirsten Angermann

Leistungsnachweis: Regelmäßige Teilnahme und aktive Beteiligung am Seminar. Mündliche und schriftliche Ausarbeitung nach Absprache.

Bemerkung: Das Seminar ist kombiniert mit dem Master-Entwurf der Professur Entwerfen und komplexe Gebäudelehre, Prof. Jörg Springer. Es steht aber auch weiteren Interessierten offen.

Literatur

Einführende bzw. zitierte Literatur; eine ausführliche Literaturliste wird zum Semesterbeginn nachgereicht:

Eva von Engelberg-Dockal / Frederike Lausch / Hans-Rudolf Meier / Carsten Ruhl: Mimesis Bauen - Architektengespräche, Interviews mit zeitgenössischen Architekten, Schriftenreihe Medien und Mimesis, München 2016.

Eva von Engelberg-Dockal / Markus Krajewski / Frederike Lausch (Hg.): Mimetische Praktiken in der neueren Architektur. Prozesse und Formen der Ähnlichkeitserzeugung, Heidelberg 2017, doi.org/10.11588/arthistoricum.221.29

Christoph Grafe / Tim Rieniets / Baukultur Nordrhein-Westfalen (Hg.): Umbaukultur. Für eine Architektur des Veränderns, Dortmund 2020

Wolfgang Pehnt: Ein Ende der Wundpflege? Veränderter Umgang mit alter Bausubstanz, in: Zur Zukunft der alten Stadt. In memoriam August Gebeßler. Die alte Stadt 36, 2009/1, 25-44.