Kulturerbe Brettbinder

Nagelbrettbinder. Erfurt, Ausstellungshalle auf dem ega-Gelände, Bj. 1958/61, Foto Mark Escherich (2016).



Brett- und Bohlenbinder als materialsparende Holzkonstruktionen der Hochmoderne.

 

Teilprojekt im DFG-Schwerpunktprogramm »Kulturerbe Konstruktion« 

Projektleitung:  

Dr.-Ing. Iris Engelmann (Fakultät Architektur und Urbanistik, Bauhaus-Universität Weimar) und

Prof. Dr.-Ing. Werner Seim (Fachgebiet Bauwerkserhaltung und Holzbau, Universität Kassel)

Projektbearbeiter*innen:            Dr.-Ing. Iris Engelmann und Jens Fischer M. Sc.

Laufzeit:                                            01. Mai 2021 bis 30. April 2024

Drittmittelgeber:                            Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Fördersumme:                                650.494,00 €

Am 1. Mai 2021 nahm das interdisziplinäre Forschungsteam der Professur Denkmalpflege und Baugeschichte der Bauhaus-Universität Weimar und des Fachbereichs Bauwerkserhaltung und Holzbau der Universität Kassel seine Arbeit auf. Ziel ist es, in der Kooperation zwischen Denkmalpfleger*innen und Bauingenieur*innen Strategien und Methoden für eine denkmalpflegerische Bewertung und denkmalgerechte Erhaltung von Brett- und Bohlenbindern der Hochmoderne zu entwickeln. Das Projekt wird von der DFG gefördert und ist Teil des Schwerpunktprogramms (SPP 2255) »Kulturerbe Konstruktion«, welches die Grundlagen einer ingenieurwissenschaftlich fundierten und vernetzten Denkmalpflege für das bauliche Erbe der Hochmoderne untersucht.

Die Entwicklung von materialsparenden Holzkonstruktionen ist ein periodisch immer wiederkehrendes Thema, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit den zwei Weltkriegen nochmals eine Verschärfung erlangte und bis heute vor dem Hintergrund des ökologischen und zugleich ökonomischen Bauens wieder von hoher Relevanz ist. Materialsparende Holzkonstruktionen gehören deshalb genauso wie Spannbeton- oder Eisenkonstruktionen zum Kulturerbe der Hochmoderne - eine These, der in dem Forschungsprojekt nachgegangen wird. Diese konsequente hocheffiziente Materialausnutzung zeigt sich insbesondere an Brett- und Bohlenbinderkonstruktionen, die zum Teil aus Notsituationen heraus errichtet oder auch als temporäre Bauten geplant, bis heute mit großer Schlankheit und Eleganz stützenfreie Hallen unterschiedlichster Nutzungen überspannen. Mit den Begriffen »Brett- und Bohlenbinder« werden in diesem Zusammenhang Tragelemente zusammengefasst, bei denen die Bretter oder Bohlen vertikal, d.h. in der »starken Achse« stehend angeordnet sind, und für deren Herstellung ausschließlich mechanische Verbindungsmittel (Nägel, Bolzen, Dübel) verwendet wurden und keine Klebstoffe, wie bei den vergleichsweise gut aufgearbeiteten Brettschichtbindern.

Die Bewertung dieser Konstruktionen hinsichtlich einer Erhaltenswürdigkeit aber auch einer Erhaltensfähigkeit stellt Fachleute aus Bauingenieurwesen und Denkmalpflege immer wieder vor große Herausforderungen, da bisher bautechnikgeschichtliche, denkmaltheoretische und ingenieurwissenschaftliche Grundlagen fehlen. So bilden die aktuellen Ingenieurmethoden zur Berechnung der Tragfähigkeit und des Verformungsverhaltens von stiftförmigen Verbindungen das Tragverhalten genagelter Verbindungen nur unzureichend ab.

Ein interdisziplinäres dreiköpfiges Team erarbeitet in den kommenden drei Jahren Methoden und Kriterien für das Erfassen und Einordnen sowie das Erkennen und Bewerten solcher Konstruktionen. Untersucht werden deutschlandweit Objekte, die zwischen 1920 und 1970 errichtet wurden, mit einem Fokus auf Thüringen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Nach vertieften Recherchen zur Konstruktionsgeschichte von Brett- und Bohlenbindern werden parallel denkmalpflegerische Wertekategorien und ingenieurtechnische Bewertungsmethoden entwickelt, um diese beispielhaft auf etwa vier Referenzobjekte anzuwenden. Als übergeordnetes Ziel wird angestrebt, alle wesentlichen Ergebnisse in die Erarbeitung eines weiter gefassten methodischen Leitfadens zur Evaluierung von Baudenkmalen der Hochmoderne einfließen zu lassen.

Kooperationspartner sind die Landesdenkmalämter in Thüringen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen.

Zum DFG-Schwerpunktprogramm Kulturerbe Konstruktion:

Ende März 2019 beschloss die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die Einrichtung des Schwerpunktprogramms »Kulturerbe Konstruktion – Grundlagen einer ingenieurwissenschaftlich fundierten und vernetzten Denkmalpflege für das bauliche Erbe der Hochmoderne«. Im Zentrum stehen die Bauten der Hochmoderne (etwa 1880 bis 1970). Deren Denkmalwert bestimmen häufig bautechnische Charakteristika – die Konstruktion wird so zum eigentlichen Kulturerbe. Für dessen Bewertung als auch für seine Bewahrung fehlen bislang aber entscheidende bautechnikgeschichtliche, denkmaltheoretische und ingenieurwissenschaftliche Grundlagen. Ein disziplinübergreifender Forschungsverbund arbeitet in den drei Themenfeldern Erfassen und Einordnen [Bautechnikgeschichte], Erkennen und Bewerten [Denkmalpflege] und Erhalten und Entwickeln [Bauingenieurwesen].
 
Weitere Informationen:

Schwerpunktprogramm (SPP 2255) »Kulturerbe Konstruktion«:
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Die Bauhaus-Universität Weimar ist auch am Teilprojekt des SPP 2255 »DENKRAUM – Strategien und Methoden für eine denkmalpflegerische Bewertung und denkmalgerechte Erhaltung von Raumfachwerkkonstruktionen« beteiligt. Dieses Projekt wird geleitet von PD Dr.-Ing. habil. Volkmar Zabel (Institut für Strukturmechanik, Fakultät Bau- und Umweltingenieurwissenschaften) sowie Prof. Dr.-Ing. habil. Daniela Spiegel (Professur Baugeschichte und Denkmalpflege, Hochschule Anhalt). 
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