Buchenwald als städtebauliches Denkmal. Erkundung zwischen Stadt und Gelände

Seminar, Leitung A. Binnewerg, WS 2013/14

Bericht von Franziska Knieriemen und Elisabeth Witzleben

Ziele und Ablauf
Das Seminar diente der Beschäftigung mit theoretischen und praktischen Grundlagen der städtebaulichen Denkmalpflege. Dabei wurden die Fragen erörtert, ob und wann Buchenwald eine Stadt war bzw. städtebauliche Strukturen aufwies, inwieweit diese überliefert sind und welche Bewertungs- und Umgangsoptionen aus Sicht der Denkmalpflege daraus abzuleiten wären. Als Vergleichsobjekte dienten das Areal des ehemaligen Gauforums Weimar, die Ettersbergsiedlung sowie die ehemaligen Kasernen am Südhang des Etterberges. Die erlangten Informationen aus der Literatur und anderen Quellen konnten in Gruppenarbeit und mit Hilfe der Seminarleiterin Anke Binnewerg besprochen werden. Die fünf thematischen Rundgänge bestanden aus kurzen Inputvorträgen der BearbeiterInnen zu den besichtigten Objekten und zu grundlegenden Texten der städtebaulichen Denkmalpflege sowie aus darauf bezogenen Diskussionen. In Nachmittagsgesprächen wurde es möglich, durch verschiedene Fachleute die Themen zu vertiefen und offene Fragen zu klären.

Die Rundgänge
Der erste Rundgang zu Dimension und Strukturen der Gedenkstätte Buchenwald am 20. November 2013 diente dem Überblick über die theoretischen und historischen Aspekte des Seminars. Neben der Frage, was ein städtebauliches Denkmal ist und in welchem Bezug die Großstruktur der Gedenkstätte Buchenwald zu dieser Konzeption steht wurde auch eine historische Einordnung vorgenommen.

Demnach mussten Häftlinge im Juli 1937 unter der Leitung der SS nur wenige Kilometer von der Kulturstadt Weimar auf dem Ettersberg ein Konzentrationslager errichten, das bis zum Ende des Krieges das größte Konzentrationslager des Deutschen Reichs war. Nach der Befreiung der Opfer 1945 wandelte es die sowjetische Besatzungsmacht in ein Speziallager um. 1958 wurde im Auftrag der Deutschen Demokratischen Republik am Standort der Massengräber des Konzentrationslagers, am Südhang des Ettersberges, eine weithin sichtbare Mahnmalsanlage errichtet. Zu Beginn der Vereinigung Deutschlands unterlag die Gedenkstätte einer Neu-Konzipierung und konnte zum Gedenken an das Schicksal einer weiteren Großzahl von Opfergruppen geöffnet werden.

Nachmittags konnten im Depot der Gedenkstätte historische Wegweiser und Modelle besichtigt und das Verhältnis von historischem und aktuellem Leitsystem besprochen werden.

Der zweite Rundgang am 27. November 2013 bezog sich auf städtebauliche Strukturen des ehemaligen Konzentrationslagers / Sowjetischen Speziallagerlagers Buchenwald. Diskutiert wurde die Frage, inwieweit sich Aldo Rossis Theorie permanenter städtebaulicher Strukturen auf Buchenwald übertragen lässt und welche Aussagen Rossi zum Nutzungswandel von Gebäuden und Arealen traf. Angesprochen wurde auch, in welchem Verhältnis der Begriff der „Stadt“ zu dem des „städtebaulichen Denkmals“ steht.

Im Nachmittagsgespräch mit Dr. Sonja Staar, der Kustodin der Kunstsammlung der Gedenkstätte Buchenwald, wurde die Frage städtebaulicher Situationen und städtischen Lebens anhand von Zeichnungen ehemaliger Gefangener vertieft.

Der dritte Rundgang führte am 18.Dezember 2013  zur Mahnmalanlage. Hier ging es um Aspekte des städtebaulichen Denkmalschutzes in nationalen und internationalen Konventionen des 20. Jahrhunderts und die Anwendbarkeit darin enthaltener Charakterisierungen und Umgangsformen auf die Mahnmalanlage. Im Nachmittagsgespräch stellten Herr Braun (Spangenberg+ Braun Architekten, Erfurt) und Dr. Heike Kirsten (Ingenieurbüro für Steinsanierung und Denkmalpflege, Erfurt) die aktuellen Restaurierungsarbeiten an Treppen, Mauern und Bildstelen vor und diskutierten diese mit den SeminarteilnehmerInnen.

Der vierte Rundgang fand am 14. Januar 2014 statt. Bei der Besichtigung der Ettersbergsiedlung wurde das Wechselverhältnis von Städtebau und ersten Ansätzen eines städtebaulichen Denkmalschutzes zu Anfang des 20. Jahrhunderts, insbesondere der Begriff des „Ensembles“, besprochen. Die Geschichte der wenigen erhaltenen Kasernen der NS-Zeit am Südhang des Ettersberg und die dort erfolgten Abrisse der letzten Jahre gaben Anlass zur Diskussion über Nutzungsfragen.

Beim letzten Rundgang am 29. Januar 2014 ging es um das ehemalige Gauforum Weimar, aktuelle und jüngst abgeschlossene Arbeiten im Gebäudeinneren und das städtebauliche Umfeld. Die besichtigten Situationen und der Umgang mit dem Areal nach 1945 wurden vor dem Hintergrund neuerer Denkmaltheorien sowie der generellen Auseinandersetzung mit NS-Architektur diskutiert.