POWER HOUSE

POWER HOUSE

Anlässlich des einhundertjährigen Jubiläums der ersten Bauhaus-Ausstellung ist der »nova space« vom 1. April bis 2. November 2023 mit seiner Jahresausstellung »POWER HOUSE« im Schiller-Museum der Klassik Stiftung Weimar zu Gast. In insgesamt fünf Episoden präsentiert die Universitätsgalerie Arbeiten von Studierenden, Alumni und internationale Künstler*innen. Die Ausstellung wird durch ein umfangreiches begleitendes Programm mit Lectures, Performances, Screenings, Workshops, Yoga u.v.m. bereichert.

EPISODE 01
where do we grow from here

1. April —
Eröffnung:
Samstag, 1. April 2023, 20 Uhr

Mirsini Artakianou, Detel Aurand, Margret Blöndal, Felix Deiters, Anna Miklavcic, Ioannis Oriwol, Leon Purtscher, Till Röttjer, Masami Saito, Martha Steinmetz, Rio Usui, Khashayar Zandyavari

»EPISODE 01 – where do we grow from here« ist das erste Kapitel der Jahresausstellung POWER HOUSE, mit der nova space, die Universitätsgalerie der Bauhaus-Universität Weimar, anlässlich des einhundertjährigen Jubiläums der ersten Bauhaus-Ausstellung im Schiller-Museum zu Gast ist.

Ausgangspunkt für diese Auftaktpräsentation ist das kurze Innehalten und Reflektieren der Frage, wo wir stehen und wo wir hinwollen. Noch nie gab es mehr Menschen auf unserem Planeten als jetzt. Nie waren Ressourcen umkämpfter, Raum knapper, Umweltveränderungen so spürbar, wie in der Gegenwart. Wachstum und Entwicklung sind allgegenwärtige Begriffe, doch wo und wie werden sie sichtbar?

Die Ausstellung umkreist Aspekte von physischem, organischem, aber auch mentalem, persönlichem und digitalem Wachstum. Sie stellt die Frage nach dem Zusammenhang und der Diskrepanz von messbarer Ausbreitung (und den Werten und Definitionen, die wir dafür festgelegt haben) und erlebtem, gefühltem Wachstum und den Auswirkungen dieser scheinbaren Gegensätze auf unsere Lebensräume. Der isländische Schriftsteller und Klimaaktivist Andri Snær Magnason beispielsweise hat in seinem Buch »Traumland« (2006) darauf hingewiesen, dass wir den Erfolg und Wohlstand einer Nation fast ausschließlich über (messbare) Faktoren wie Wirtschaftswachstum oder Bruttoinlandsprodukt beurteilen, ohne (nicht-messbare, erlebte) Aspekte wie Zufriedenheit oder Glück innerhalb der Bevölkerung oder die Gesundheit der Umwelt zu berücksichtigen.
Vielen weitreichenden Wachstumsprozessen sind wir zudem gar nicht gewahr, weil sie im Kleinsten stattfinden und für das menschliche Auge nicht sichtbar sind. Die Ausbreitung von Pilzen, Viren und Bakterien etwa ist für uns kaum wahrnehmbar, obwohl sie die Lebensgrundlage für viele Arten darstellt. Ebenso bleibt auch der unaufhaltsame Anstieg der digitalen Datenmengen abstrakt und unsichtbar und manifestiert sich allenfalls auf vollen Speichermedien, während der Raum in den Clouds ungebrochen weiterwächst.

where do we grow from here ist eine Fortführung der Frage, die Walter Gropius 1919 der Gründung des Staatlichen Bauhauses vorangestellt hat: »Wie werden wir wohnen, wie werden wir siedeln, welche Formen des Gemeinwesens wollen wir erstreben?« Die Ausstellung ist zudem angelehnt an das Manifest des afroamerikanischen Menschenrechtlers und Friedensnobelpreisträgers Martin Luther King Jr. mit dem Titel »Where do we go from here: Chaos or Community«, der sich 1968 u.a. mit Themen der sozialen Gerechtigkeit und Zugehörigkeit beschäftigt hat. Im Jahr 2023 stellt sich eine neue Generation dieselbe Frage danach, wie wir vom jetzigen Zeitpunkt aus weitermachen wollen, wie wir uns als Individuen aber auch als Gesellschaft entwickeln, wachsen und entfalten wollen und welche Aspekte bei diesem Wachstum eine Rolle spielen.

Die Ausstellung zeigt Arbeiten von fünf Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar, vier Alumni sowie drei internationalen Künstlerinnen, die bereits etabliert sind. Sie alle liefern keine abgeschlossenen Antworten auf diese großen Fragen, sondern eröffnen mit ihren Arbeiten individuelle Perspektiven auf das Thema Wachstum und nehmen unterschiedliche Aspekte dessen in den Blick.

Gleichzeitig wird auch das POWER HOUSE als dynamisch begriffen, welches sich, ausgehend von dieser ersten Episode, fortwährend verändern wird, indem es wächst und schrumpft und sich über das Museum und den öffentlichen Raum bis hin zum Campus ausbreitet.

Text / Kuratiert von Katharina Wendler

Rundgang durch die Ausstellung

Leon Purtscher, Burn them bridges, 2022. Kunstrasen, Sprühlack, 2 x 60 x 90 cm / Martha Steinmetz, noise1, 2023. Video, sound, 09:30 min © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
Margrét H. Blöndal, Untitled, 2012. Rohr, Schnitt, Stäbe, Schnur, 12 x 12 x 260 cm / 2x Margrét H. Blöndal, Untitled, 2017. Pigment, Aquarellfarbe, Olivenöl auf Papier, 35 x 25 cm each, courtesy of the artist and Galerie Thomas Fischer, Berlin
Ioannis Oriwol, Zona, 2023. Leuchtstoffröhren, Schlauchschellen, Autopole, Vorschaltgeräte, Kabel, Maße variabel © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
Masami Saito, Candida Candy, 2022-2023. Wandtapete, Folie, Zucker, Zuckerwürfel, Kunstpelz, Holz, Metallplatte, Petrischale mit Agarplatte und Pilz, Lupe, Maße variabel © 2023 nova space, courtesy of the artist, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
Anna Miklavčič, Wachstum und Form, 2022. Garn, Baumwolle, 110 x 85 cm / Martha Steinmetz, noise1, 2023. Video, Ton, 09:30 min © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
Detel Aurand, Vier und Acht / Alphabet, 2021. Glasierte Keramik, 31 x 23 x 2,7 cm / 21 x 17 x 2 cm © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artist, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
Mirsini Artakianou, Ωκυρρόη (Okyroë), 2021. Faden, Messing, Textil 500 cm, Messing je 180 x 20 x 78 cm © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artist, Foto: Jannis Uffrecht
Rio Usui, Perception of Infinity, 2023. Acryl auf Leinwand und Wand, Leinwand 47 x 36,5 cm, Wandzeichnung Maße variabel © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artist, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
POWER HOUSE Episode 01 – where do we grow from here, Installationsansicht © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
Ioannis Oriwol, Zona, 2023. Leuchtstoffröhren, Schlauchschellen, Autopole, Vorschaltgeräte, Kabel, Maße variabel © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artists, Foto: Jannis Uffrecht
Leon Purtscher, Burn them bridges, 2022. Kunstrasen, Sprühlack, 2 x 60 x 90 cm © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, courtesy of the artist, Foto: Jannis Uffrecht

Fotos: Jannis Uffrecht


»where do we grow from here«: Eröffnung von Episode 01 der Jubliläumsausstellung POWER HOUSE

Fotos: Thomas Müller

EPISODE 02
no one belongs here more than you

25. Mai — 
Eröffnung: Donnerstag, 25. Mai 2023, 18-21 Uhr

Hannah Aßmann-Staudt, Verena von Beckerath & Barbara Schönig, Esther Betz & Mara Kossira, Elisa Breyer, Moritz Eggert, Emma von Helden & Paula Pichler, Sofia Hultén, Ian Kiaer, Christian Andrés Parra Sanchéz, Negar Rahnamae, Charlotte Rohde, Katrin Steiger

»EPISODE 02 – no one belongs here more than you« ist das zweite Kapitel der Jahresausstellung POWER HOUSE, mit der nova space, die Universitätsgalerie der Bauhaus-Universität Weimar, anlässlich des einhundertjährigen Jubiläums der ersten Bauhaus-Ausstellung im Schiller-Museum zu Gast ist. 

In Anlehnung an das Jahresthema der Klassik Stiftung Weimar nimmt auch das POWER HOUSE verschiedene Aspekte des »Wohnens« in den Blick und widmet sich in seinen einzelnen Episoden unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Diese gehen fließend ineinander über, haben (inhaltliche, zeitliche und räumliche) Überschneidungen und denken die Ausstellung als organisches Gebilde, das sich mal mehr und mal weniger im Museum und darüber hinaus ausbreitet.

Während »Episode 01 – where do we grow from here« Fragen nach Wachstum und Ausbreitung gestellt hat, widmet sich die zweite Episode Themen der Zugehörigkeit, der Identifikation (mit Wohnraum, mit dem eigenen Umfeld, mit »Heimat«) und der Sicherheit. 

Im Kontext des Wohnens nehmen diese Themen eine besondere Dringlichkeit an. Die eigene Wohnung, nach individuellen Bedürfnissen (aber natürlich auch nach Budget, sozialem Status und Geschmack) gestaltet, kann die wichtigste Rückzugs- und Wohlfühlzone sein, der Safe Space Nummer Eins. Sie kann z.B. vor dem Hintergrund häuslicher Gewalt, Armut oder politischer Entscheidungen zur Einschränkung von Menschen- und besonders von Frauenrechten auch zu einem gefürchteten Ort werden. 

Mit wem teilen wir unseren privaten Raum? Tun wir es freiwillig oder gezwungenermaßen? Wie repräsentativ ist unsere Wohnstätte für unsere Persönlichkeit? Wo wollen wir wohnen und wie können wir uns mit neuen Wohnorten identifizieren, wenn wir sie uns (z.B. aufgrund von Flucht) nicht selbst ausgesucht haben?

»Niemand gehört mehr hierher als du« kann einerseits als Ausdruck von Fürsorge und eindeutiger, unzweifelhafter Zugehörigkeit gelesen werden, der Zuversicht und Sicherheit vermittelt. »Hierher« kann dabei ein Ort, eine Stadt, eine Wohnung, aber auch eine Gruppe von Personen, die (selbstgewählte) Familie, die Community, ein soziales Gefüge sein. Andererseits bekommt der Titel eine geradezu zynische Komponente, wenn man ihn in Hinblick auf Wohnungslosigkeit, Armut oder Flucht betrachtet. Vor diesem Hintergrund scheint eine ohnehin schon drastische Situation ungerecht und ausweglos; ein Phänomen, das im Angesicht anhaltender weltweiter politischer Unruhen, Kriege und Fluchtbewegungen immer wieder die Frage aufwirft, wo und wie Menschen Orte der Sicherheit und Identifikation (auf)suchen und finden können. 

Die Ausstellung betrachtet diese Fragen durch die Augen von (Medien-)Architekt*innen, Grafikdesigner*innen, Produktdesigner*innen und Künstler*innen. Sie zeigt Arbeiten von Studierenden, Lehrenden und Alumni der Bauhaus-Universität Weimar ebenso wie externe Positionen, die sich mit der (Neu-)Gestaltung von Wohnraum auseinandersetzen und so die Verbindung von Architektur mit dem menschlichen Körper und seinen Bedürfnissen nach Verortung und Zugehörigkeit suchen. Andere Arbeiten loten die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum aus und gehen der Frage nach, wer sich eigentlich wo aufhalten darf. Wieder andere Arbeiten lösen sich komplett aus dem räumlichen Kontext und beziehen sich auf Situationen des sozialen Zusammenlebens, in denen Menschen Geborgenheit finden können. 

Der Titel der Ausstellung ist dem literarischen Debüt der amerikanischen Schriftstellerin, Regisseurin, Schauspielerin und Performance-Künstlerin Miranda July entnommen, die 2007 eine gleichnamige Sammlung an Kurzgeschichten vorgelegt hat. Darin geht es um die scheinbar unbedeutenden Momente des Alltags, aus denen sich das Leben jedoch im Wesentlichen zusammensetzt: Begegnungen mit anderen Menschen, (verschrobene) Verhaltensweisen, Lieblingsorte und solche, die man weniger gern besucht, soziale Interaktionen. Die Protagonist*innen folgen der vielleicht universellsten Sehnsucht, die uns alle gleichermaßen betrifft: der Suche nach einer Verortung des Selbst in dieser Welt. 

Text / Kuratiert von Katharina Wendler

Rundgang durch die Ausstellung

Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht
Installationsansicht POWER HOUSE Episode 02 no one belongs here more than you © 2023 nova space der Bauhaus-Universität Weimar, Foto: Jannis Uffrecht