Dr. Eva Maria Froschauer

"Diskursmaschine" Zeitschrift. Plädoyer für die historische Würdigung eines Mediums

Bereits Jacques Gubler schreibt in "I dispacci dell’avanguardia" (1982) sehr pointiert, dass es in den 1920er und 1930er Jahren, wollte man eine lautstarke Kampagne im Sinne der Avantgarde führen, nur notwendig gewesen sei, eine Arbeitsgruppe zu gründen und ein Organ zur Veröffentlichung zu schaffen. Gubler sieht die Zeitschriften in diesem Zusammenhang als "grundlegendes Material", das ein wesentliches Instrument zur "Ins-Werk-Setzung" von Neuem gewesen sei. Deswegen plädiert er auch dafür, statt der oft laut herausposaunten Inhalte und Verheissungen der Blätter mehr die Strategien der Durchsetzung in den Blick zu nehmen. Diesen Aufruf kann man nur immer wieder erneuern.

So kann eine Zeitschriftenlandschaft an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit tatsächlich als eine Art "Wolke" von Aussagen, Diskutanten, Zusammenhängen und Austauschenden verstanden werden — also als Transfer- und Diskursraum. Darin hatten die Zeitschriften bisweilen eine Rolle als "Steuermänner" inne und dienten nicht selten auch der gegenseitigen Bestätigung und Verbreitung. Zusammengefasst, eine wirksame Strategie zur Durchsetzung des Neuen in Kunst und Architektur war und ist: Gruppe gründen, Manifest schreiben, Zeitschrift veröffentlichen!

Der Beitrag will zunächst umreissen, was die Quelle Zeitschrift für die Forschung auf dem Feld der Kunst- und Architekturgeschichte heute leisten kann und wie sich dieser Forschungsgegenstand methodisch bearbeiten lässt. Dann soll die oben genannte These von der konstitutiven Kraft dieses Mediums sowohl anhand einer Zeitschrift vor dem Ersten Weltkrieg als auch kursorisch anhand von Beispielen der vielfältigen (europäischen) Publikationslandschaft der 1920er und 1930er Jahre erörtert werden, um schliesslich einer Kontinuitätslinie zu folgen, welche in den 1960er und 1970er Jahren mit den "Little Magazines" (Beatriz Colomina) erneut sichtbar wird.

Dr.-Ing. Eva Maria Froschauer ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, Lehrstuhl Kunstgeschichte (bis 2013 am Lehrstuhl Theorie der Architektur). Ihr Studium der Architektur absolvierte Eva Maria Froschauer an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz sowie postgradual an der ETH Zürich am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur. Nach ihrer Lehrtätigkeit an der Bauhaus-Universität Weimar von 2001 bis 2007 wurde Eva Maria Froschauer dort 2008 mit einer architekturhistorischen Arbeit promoviert. Zur Zeit arbeitet sie an ihrer Habilitationsschrift "Die Thematisierung der Dinge. Form und Gebrauch von Architektensammlungen der Nachkriegsmoderne bis zur Gegenwart als Werkzeug des Entwerfens" (Arbeitstitel).

Eva-Maria Froschauer ist Gründungs- und Vorstandsmitglied des Netzwerk Architekturwissenschaft e.V. und war 2011/12 Research Fellow am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie Weimar (IKKM).

Ihr Forschungsinteresse gilt den (historischen) Medien der Architektur, der Kulturtechnik des Reisens für Architekten, dem Feld des Wissens in der Architektur und Fragen der Erforschung des Entwerfens.

Publikationen (Auswahl): "An die Leser!" Baukunst darstellen und vermitteln — Berliner Architekturzeitschriften um 1900, 2010; Wissenschaft Entwerfen. Vom forschenden Entwerfen zur Entwurfsforschung der Architektur, 2013 (hg. mit S. Ammon); z.B. Humboldt-Box. Zwanzig architekturwissenschaftliche Essays über ein Berliner Provisorium, 2014 (hg. mit S. Ammon, J. Gill und C. Petrow).