Die Dozentin Luise Nerlich bietet Seminare zur Farbvermittlung an Architekturstudierende der Bauhaus-Universität Weimar an.
Unter dem Titel „poly.chrom“ entwicklet sie eine dreistufige Reihe, wobei sich „poly.chrom I“ mit dem Allgemeinwissen zum Thema Farbe in der Architektur, „poly.chrom II“ mit dem Wissen um die Wechselwirkung von Farbe und Klang und „poly.chrom III“ mit der spezifischen Anwendung von Farbsystemen in der Architektur auseinander zu setzen.
Obwohl man Farbigkeit wissenschaftlich klar definieren kann, ist die psychologische Wahrnehmung von Farben bei den Betrachtenden nicht identisch. Das Empfinden von Farbe ist geprägt von persönlicher Erfahrung sowie von der kulturellen Prägung der Nutzenden.
Die Farben eines Ortes werden wahrgenommen, wenn eine Lichtquelle Wellen auf eine Oberfläche wirft und diese Wellen dann durch Reflexionen von der Netzhaut aufgenommen werden. Farben und Ihre Wirkungen sind somit abhängig vom Lichteinfall und von der Farbigkeit des Kontextes.
Die Farbreihe „poly.chrom“ verfolgt die Absicht, multisensorische Farbwirkungen zu beobachten, zu benennen und zu erzeugen und damit sicher anwenden zu können.
stellt die Funktion der Farbe in der Architektur in den Vordergrund. Impuls gibt uns ein Gedanke von Josef Albers: „In visueller Wahrnehmung wird eine Farbe beinahe niemals als das gesehen, was sie wirklich ist, das heißt als das, was sie physikalisch ist. Um Farbe mit Erfolg anzuwenden, muß man erkennen, daß Farbe fortwährend täuscht […] Was hier zählt, ist nicht sogenanntes Wissen über sogenannte Tatsachen, sondern Vision – Sehen.“
Anhand von unterschiedlichen Strategien zur Farbgestaltung werden die Wirkungen von „actual facts“ und „factual facts“ im Raum erprobt.
Nach diesem ersten Farb-Experiment werden monochrome, optische, sensuell-haptische, anekdotisch-ikonische und systematische Farbanwendungen und Farbkonzepte vorgestellt, in der eigenen Umgebung erkannt, benannt und wiederum dargestellt. So hat die Übung Colour-Hunting zum Ziel, den farblichen Code einer Umgebung festzuhalten, indem Farbstimmung unterschiedlicher Situationen in Pixeln festgehalten werden.
In einem nächsten Schritt untersuchen wir den Kolorit der Stadt: analysiert wird der Farbraum von Gebäuden mit Hilfe unterschiedlicher Farbsysteme. Die Dokumentation beinhaltet eine lineaere Zeichnung des analysierten Baus als Piktogramm, vor Ort ausgemischte Farbwerte sowie ein Farbprofil, in dem die Quantität der vorhandenen Farben ablesbar ist. Hierbei wird die Rolle der Farbe als Kommunikationsmittel untersucht. Nun haben die Studierenden Werkzeuge, die sie befähigen, Farbvorschläge für Fassaden anzufertigen, die sich im Kontext der analysierten Bebauung befinden.
wiederum stellt die Wechselwirkung von Klang- und Farbwellen in den Vordergrund. An Hand von analogen und digitalen Übungen zur Farbwirkung, zu Farbzusammensetzungen, Farbskalen und zu Farbklängen werden unterschiedliche Farbsysteme analysiert und angewendet. Nach dieser Sensibilisierung für ein differneziertes Farbsehen in der eigener Umgebung fertigen die Studierenden ein Spektrum aus Farbstreifen an, um Zäsuren, Farbgruppen, Kontraste, räumliche Wirkung und den Charakter der Farbgebung in ihrer unmittelbaren Umgebung wahrzunehmen.
Schwarz- und Weißpapierkomposition lassen feinste Tonabstufungen entdecken und geben Gelegenheit, die Leuchtkraft unterschiedlicher Farben im Kontext wahrzunehmen. Das Ausmischen einer bunten Farbe mit Schwarz und Weiß fördert die Erkenntnis von harmonischen und disharmonischen Farbkombinationen im vertrauten Wohnumfeld.
Während des Seminars „poly.chrom II – der Klang der Farbe“ untersuchen wir an Hand ausgewählter Kompositionen die Wechselwirkung von von Klang und Licht auf intuitive und analytische Weise. Vorerst hören die Studierenden die Komposition und sind aufgefordert, intuitiv 12 Farbigkeiten in dieser Musik zu finden, auszumischen auf Tafeln aufzutragen.
Dann erarbeiten wir eine Interpretation der Komposition mit Hilfe eines physikalischen Wellenmodells, in dem das Licht und somit die Farbe als Wellen angesehen werden – ähnlich wie Schallwellen. Dieser Denkansatz liegt der analytischen Übertragung von Klang in Farbe zu Grunde. Wellenlängen, die wir mit unseren Augen sehen können, liegen zwischen ca. 400 nm und 780 nm und einer Frequenz zwischen 384 THz und 789 THz. Durch Umformen der Lichtfrequenz in die Frequenz des Klanges, also in hörbare Wellen, entsteht ein Farbmodell, das nicht mehr auf den Intentionen der Studierenden basiert, sondern vielmehr physikalisch und für Dritte wiederholbar beschrieben werden kann.
Diese Vorarbeit ermöglicht den Bau einer Form- und Farborgel, wie sie von Kurt Schmidt 1923 erdacht wurde. Auch er sortiert Farbklänge: warme rot-gelbe Farbtöne wandeln sich zu kalten blau, grün, violett-Flächen über schwarz, weiß und grau.
Die „poly.chrom“ Form- und Farborgel sortiert Farbklänge nach ihren beiden Entstehungskonzepten: die Seite der intuitiven Farbtöne wandelt sich in die Seite der analytisch erzeugte Farbtöne über schwarz, weiß und grau.
hat das Ziel, Studierende an spezifische Farbsystemen und deren Anwendungen in der Architektur heranzuführen. Als Beispiel sei hier das Farbkonzept Le Corbusiers zu nennen, der mit der Farb-Klaviatur der „polychromie architecturale“ in seinen Entwürfen arbeitet.
Nach Le Corbusier ist „Die Farbe (…) in der Architektur ein ebenso kräftiges Mittel wie der Grundriss und der Schnitt. Oder besser: die Polychromie, (ist) ein Bestandteil (des) Grundrisses und des Schnittes selbst.” Farbe spielt im Werk Le Corbusiers eine bedeutende Rolle: als Architekt und Maler bereitet er seine Farbphilosophie systematisch auf; so, dass sie auch von Dritten direkt genutzt werden kann. Die 63 aufeinander abgestimmten Farbtöne der polychromie architecturale aus den Kollektionen von 1931 und 1959 bieten sich bis heute als Werkzeuge u.a. architektonischer Farbgestaltung an. So arbeiten die Studierenden bis heute in Ihren Farbkonzepten auch mit dem Wissen um die polychromie architecturale.
Ziel des Farbkurses „poly.chrom III“ ist die Auseinandersetzungen mit dem Farbsystem Le Corbusiers in 4 Ebenen: der Vermittlung theoretischer und geschichtlicher Aspekte der Entstehung der polychromie architecturale, der Analyse gebauter Anwendungen der Farbklaviatur Le Corbusiers und deren Sanierungen, der Anfertigen von Farbexperimenten mit ausgestrichenen Farbtafeln der polychromie architectural von 1931 und der Anfertigung eigener dreidimensionale Farb-Entwürfe.
In einer ersten Arbeitsphase erarbeiten die Studierenden in 2er-Teams Form-, Funktions- und Farb-Analysen, in denen Sie die von Le Corbusier erbauten Werke untersuchten. In alle Untersuchungen floßen Aspekte zur historischen und geographischen Einordnung, zur Klärung des städtebaulichen Kontext „genius loci“ in Text und Lageplan ein.
Funktionsbeschreibungen des Bauwerkes inkl. einer Funktionsanalyse mit Darstellungen in Grundriss, Ansicht, Schnitt in eigenen Zeichnungen folgten. Diese Analysen ermöglichten die Formbeschreibung des Bauwerkes und die Wahrnehmung der Wirkung auf den Betrachter durch die Form. Untersucht wurden Aspekte der Dynamik – Statik, der Betonung der Vertikalen – Horizontalen, der Kompaktheit – Vielgliedrigkeit, der Symmetrien – Asymmetrien usw.
Der Funktionsanalyse folgt die Formanalyse: Betrachtungen zu Dimension im Verhältnis zum Umraum und zum Betrachter, zur Fassadengestaltung, zur Gliederung, zu Materialien, zur Komposition, Proportion usw. Hier wird diskutiert, welche der Theorien LeCorbusiers zur Anwendung kommen: Welche Rolle spielt der Modulor? Welche Rolle die „5 Punkte einer modernen Architektur“?
Es folgte eine Auseinandersetzung der konstruktiven Aspekte der Architektur: Welche Baumaterialien und Bauelemente werden wie eingesetzt? Welche Konstruktionsweisen ergeben sich daraus? Kommt das Prinzip des „domino“ zur Anwendung? Letzter und wichtigster Punkt im Farbseminar ist der natürlich Einsatz von Farbe in den Architekturen LeCorbusiers: Welche Farben finden Anwendung? Wie wirken Licht und Farben im Baukörper? Die Studierenden erarbeiten Farbanalysen in Form von Farbportraits mit den Farbkarten von Keim und zeichnen Wandabwicklungen des Innenraumes inkl. Böden und Decken der zu beobachtenden Objekte.
In einer zweiten Arbeitsphase erarbeitet die Studierenden großformatigen Farb-Tafeln, um die Farbwirkung unter realen Bedingen zu erleben: Wie wirken Farben in direkten Licht, verschattet oder in Kombination mit anderen Farben? Wie strahlen die Farben ineinander? Diese Versuche werden wiederum fotografisch festgehalten.
Eine dritte Arbeitsphase hat zum Ziel, Raumwirkungen der Farben LeCorbusiers in einem Modell zu veranschaulichen. Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, entstehen alle Raum-Modelle aus den gleichen Grundelementen.
Die Arbeit in poly.chrom III wurde durch die freundliche Unterstützung von KEIM Farben möglich und erfolgte in Zusammenarbeit mit Nathalie Pagels, Farbkonzepte, Düsseldorf.
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Fokussierte Elemente werden schwarz hinterlegt und so visuell hervorgehoben.
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