Prof. Dr. Burcu Dogramaci

Akteure, Konzepte und Objekte in Bewegung. Transferprozesse in der Moderne

Die Kunst- und Architekturgeschichte der Moderne ist durch globale Bewegungen von Akteuren und Ideen geprägt, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch politische Systemwechsel, Diktaturen und Kriege zusätzliche Dynamik erhielten. Besonders die NS-Diktatur trieb nach 1933 zahlreiche Kunstschaffende und Intellektuelle in die Emigration: Künstler, Architekten und Theoretiker verliessen ihre Herkunftsländer dabei oft in der Hoffnung auf berufliche Kontinuitäten. Besonders in Aufnahmeländern, die im Um- und Aufbruch waren — zu nennen sind die Türkische Republik oder Palästina —, bestanden Chancen, weiterhin künstlerisch oder wissenschaftlich tätig zu sein. Architekten und Stadtplaner konnten hier massgeblich am Aufbau von Infrastrukturen, Städten und Institutionen partizipieren.

Dieser Vortrag wird, ausgehend von einer Architekturgeschichte der Moderne in Bewegung, über Formen und Konsequenzen grenzübergreifender Transfers nachdenken. Grundlegend ist dabei die These, dass Migrationsprozesse häufig mit Destabilisierungen einhergehen, die sich auf die Migranten wie auch ihre Arbeit auswirken: Wie konnte praktisches und theoretisches Wissen in neuen Kontexten formuliert und vermittelt werden? Welche Veränderungen erlebten Konzepte in der Fremde, in anderen Kulturen und Topografien? Wie wirkten die neuen Erfahrungen auf Baupraxis und Theoriebildung der emigrierenden Akteure zurück?

Prof. Dr. Burcu Dogramaci lehrt am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München mit Schwerpunkt auf der Kunst des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart. Burcu Dogramaci studierte Architektur und Kunstgeschichte in Stuttgart und Hamburg und wurde im Jahr 2000 mit einer Arbeit über die Mode- und Pressegraphik der Weimarer Republik promoviert. Ihre Habilitation verfasste sie 2007 zum Thema "Kulturtransfer und nationale Identität. Deutschsprachige Architekten, Stadtplaner und Bildhauer in der Türkei nach 1927". Sie forscht zu Exil und Migration, Fotografie und Fotobuch, Mode, Architektur und Urbanisierung, Skulptur der Moderne sowie Kunst in der Türkei.

Publikationen (Auswahl): Kulturtransfer und nationale Identität. Deutschsprachige Architekten, Stadtplaner und Bildhauer in der Türkei nach 1927, 2008; Netzwerke des Exils. Künstlerische Verflechtungen, Austausch und Patronage nach 1933, 2011 (hg. mit K. Wimmer); Migration und künstlerische Produktion. Aktuelle Perspektiven, 2013 (Hg.); Heimat. Eine künstlerische Spurensuche, 2015 (in Vorbereitung).