Caroline Kauert

Planungsgeschichte ausgewählter Wohnsiedlungen der 1920er und 1930er Jahre in Weimar und ihr Beitrag für die Wohnraumversorgung

Kurzdarstellung:

Die Bedeutung des traditionellen Mietwohnungsbestands in deutschen Städten aus der Zeit der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus findet in der Stadtentwicklungspolitik und in der Stadtforschung zu geringe Beachtung, obgleich die hohe städtebauliche und architektonische Qualität der Wohnsiedlungen erheblich zur Lebensqualität in den Wohnquartieren beiträgt. Vor dem Hintergrund des sinkenden Angebots an bezahlbaren und qualitätsvollen Wohnungen in Innenstadtnähe ist es deshalb umso wichtiger, die Bestandspolitik wieder stärker im Zusammenhang mit der Diskussion um die Wohnraumversorgung im Mietwohnungssektor zu thematisieren. Wohnungsbestände im Eigentum kommunaler und gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen sollten sich in Zukunft nicht verringern, sondern weiterhin auch Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen zur Verfügung stehen, um einer sozialräumlichen Polarisierung entgegenzuwirken. Die Verdrängung einkommensschwächerer Bevölkerungsschichten ist zwar eher in Großstädten sichtbar. Doch Weimar zählt zu den wenigen wachsenden, mittelgroßen Städten Thüringens, die sich angesichts des enormen Drucks auf den Wohnungsmarkt in Zukunft der Herausforderung der Wohnraumverteilung stellen müssen.

Anliegen der Arbeit ist, die Bedeutung innenstädtischer Wohnsiedlungen und ihren Beitrag für die Wohnraumversorgung für Menschen mit geringem bis mittlerem Einkommen herauszuarbeiten und den Umgang mit den Siedlungen während unterschiedlicher gesellschaftlicher Epochen zu erforschen. In den Fokus rücken Wohnsiedlungen der 1920er und 1930er Jahre, die dem Mietwohnungssektor zugeordnet sind. Exemplarisch werden dabei zwei ausgewählte Wohnsiedlungen des kommunalen Mietwohnungsbestands und eine Wohnsiedlung der Handwerksbaugesellschaft in Weimar untersucht. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Wohnraumversorgung für breite Schichten der Bevölkerung und sorgen somit für soziale Integration in den Wohngebieten – und das nicht etwa in peripheren Lagen der Stadt Weimar, sondern mitten im Stadtzentrum und in der angrenzenden Nordvorstadt. Nicht zu unterschätzen ist neben der sozialpolitischen Relevanz die städtebauhistorische Bedeutung der Wohnsiedlungen aus den 1920er und 1930er Jahren, denn die sind ein besonderes Zeugnis der Baukultur der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus. Sie zeichnen sich durch einzigartige baulich-räumliche und stadtstrukturelle Besonderheiten aus. Dies sichtbar zu machen, das baukulturelle Erbe und den umstrittenen Umgang mit der zweifellos widersprüchlichen Geschichte Weimars ins Bewusstsein der Akteure zu rücken, ist Zweck der Arbeit.

Das wissenschaftliche Interesse liegt in der Aufarbeitung der Planungsgeschichte und der städtebaulichen Entwicklung der Siedlungen, wobei dieser Blickwinkel stets mit der gesellschaftlichen Bedeutung der Wohnsiedlungen verknüpft wird. Methodisch greife ich auf einen disziplinübergreifenden Untersuchungsansatz und verbinde die baulich-räumliche mit der sozialpolitischen Analyse. Es wird eine Längsstudie angelegt, die sowohl die Siedlungen in ihren städtebaulichen und architektonischen Qualitäten als auch ihre Funktion in der Wohnraumversorgung über einen Zeitraum der letzten 90 Jahre erforscht und Veränderungen wie Kontinuitäten beleuchtet. Der Betrachtungszeitraum gliedert sich in vier Phasen und umfasst alle Epochen seit der Entstehung der Wohnsiedlungen, beginnend mit der Zeit der Weimarer Republik und mit der Zeit des Nationalsozialismus, daran anschließend die DDR-Zeit und die Nachwendezeit. Die Arbeit schließt mit einer Beurteilung der Funktion, die diese Siedlungen für die künftige Wohnungsversorgung und Stadtentwicklung übernehmen könnten.

Verfasserin:

Caroline Kauert studierte Architektur an der Bauhaus-Universität Weimar und ist seit März 2008 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Raumplanung und Raumforschung der Bauhaus-Universität Weimar.

Kontakt:

caroline.kauert[at]uni-weimar.de

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