Inverse Modellierung

Mehrfeld Systemidentifikation

Für die Ermittlung von Eingangsparametern für beliebige Simulationsmodelle mittels experimenteller Verfahren, verlangt nach einer Abstimmung zwischen den experimentellen Methoden zur Parameterbestimmung und den mechanisch/mathematischen Modellen, für die diese Parameter eingesetzt werden. Die aus Versuchen gewonnenen, normalerweise mit Unschärfe und stochastischen Streuungen versehenen Daten, müssen auf die numerischen Modelle abgebildet werden. Kommen Prognosemodelle zum Einsatz, welche die gemessenen Daten reproduzieren und in der Zukunft vorhersagen, so können die Prognosedaten wiederkehrend mit neuen Messdaten angeglichen werden können

Die experimentelle Ermittlung von Eingangsparametern für numerische Modelle kann mit einer Vielzahl von experimentellen Methoden mit unterschiedlich hohem Aufwand und unterschiedlicher Genauigkeit durchgeführt werden. Der Abgleich zwischen den gemessenen Daten und einem numerischen Modell ist in der Literatur allgemein als Problem der Parameteridentifikation bekannt. Diese Aufgabe ist bereits für Einfeldprobleme (z.B. Tragwerk unter rein mechanischen Belastungen) in Tragwerken schwierig zu lösen, da für eine Systemidentifikation schlecht konditionierte inverse Probleme gelöst werden müssen. Hierzu müssen Regularisierungstechniken eingesetzt werden.

 

Sollen Mehrfeldprobleme im Rahmen der Parameteridentifikation untersucht werden (z.B. gleichzeitige Bestimmung von Eingangsgrößen für gekoppelte Probleme von Temperaturbelastung, Strömungsvorgängen und mechanischen Belastungen in einem Tragwerk) müssen zusätzliche Interaktionseffekte berücksichtigt werden. In den bisher in der Literatur dokumentierten Methoden werden die aus Versuchen gewonnenen Daten in der Regel als deterministische Größen behandelt, die tatsächlich mit den Messdaten verknüpfte Ungenauigkeit und statistische Streuung, wird nur selten berücksichtigt.

 

In diesem Rahmen gibt es eine Vielzahl ungelöster Fragestellungen, die in dem hier vorgeschlagenen Projekt untersucht werden sollen:

  • Welche Anforderungen müssen an die experimentellen Methoden gestellt werden (Art und Genauigkeit der Daten), um diese in einem gewählten Simulationsmodell zur Parameteridentifikation verwenden zu können?
  • Wie kann die Ungenauigkeit der Messdaten in der Parameteridentifikation berücksichtigt werden und wie groß sind die entsprechenden Einflüsse auf die Qualität der identifizierten Modelle?
  • Wie lässt sich eine Parameteridentifikation bei Mehrfeldproblemen durchführen?
  • Welche zusätzlichen Informationen zum Tragwerkszustand können aus der gleichzeitigen Betrachtung der Messergebnisse zu mehreren Feldproblemen gewonnen werden?
  • Wie sind die verwendeten experimentellen Methoden für eine Parameteridentifikation hinsichtlich der Qualität eines Simulationsmodells zu bewerten?

Als erste Anwendung sollen Staumauern betrachtet werden, deren Strukturverlässlichkeit auf Grund von Alterung und Rissbildungen nicht bekannt ist.

  1.  Zum einen soll der Traglastzustand im Betonkörper, der in Zonen konzentrierter Schädigung durch eine lokale starke Abnahme der Steifigkeit gekennzeichnet ist, beschrieben werden. Diese Änderung der Steifigkeit lässt sich entweder mittels verschmierter Rissmodelle, welche die Materialmatrix C modifizieren, beschreiben oder mittels diskreter Rissmodelle. Die diskreten Modelle modifizieren die Geometrien der freien Ränder, welche die Rissflächen im Modell darstellen. Das inverses Problem entspricht hier der Detektion der Schädigungsgröße und Ihrer Verteilung. In einem ersten Schritt sollen die durch Risse verursachten örtlichen Änderungen des Young'schen Moduls (verschmiertes Rissmodell) aus hydraulischen und mechanischen Messungen bestimmt werden.
  2. Der Strömungszustand in der Staumauer, welcher im ungestörten Zustand durch eine Strömung in porösen Medien (Darcy's Gesetz) dargestellt werden kann, verändert sich beim Auftreten von Schädigungen und Rissen. Insbesondere treten in den Rissen Kluftströmungen auf (geringerer Strömungswiderstand) als im porösen Medium. Aus bereits vorliegenden Messdaten zur Durchströmung sollten hier die Parameter des Strömungsmodells gefunden werden, wie zum Beispiel der Strömungswiderstand oder Durchlässigkeitsbeiwert.


Nun kommt die Kopplung der beiden Probleme hinzu, mit welcher eine genauere und präzisere Identifizierung erhofft wird. In Gebieten geringer Steifigkeit, d.h. dort, wo eine lokale Schädigung (bspw. ein Riss) auftritt, wird auch der Strömungswiderstand geringer sein und in Gebieten geringen Strömungswiderstands wird die Steifigkeit geringer sein. Somit kann aus der Korrelation der Daten aus I. und II. mehr an Informationen erhalten werden als für I. und II. getrennt. Die zusätzlich durch die Kopplung gewonnenen Informationen sollen herausgearbeitet werden, um die Vorteile einer gekoppelten Betrachtung von Partialmodellen für numerische Simulationen zu unterstreichen. 

Tutors: T. Schanz, C. Könke

Kontakt: Dr. Tom Lahmer