III Modellkopplungen - Anwendungen

Modellkopplungen - Anwendungen

Verantwortliche HochschullehrerInnen: Prof. Könke; Prof. Werner,
Kooperierende HochschullehrerInnen: Prof. Freundt; Prof. Witt; Prof. Ruth, Dr. Schwarz
NachwuchswissenschaftlerInnen: Dr. Wuttke,  Dipl.-Ing. Hildebrand

Problemstellung

Die Bearbeitung von Ingenieurbauwerken erfolgt heute im Allgemeinen unter Nutzung unterschiedlicher Partialmodelle, die dann eine "praxisbewährte" Kopplung erfahren. Noch vor wenigen Jahren erforderte die vorhandene Technik in der Tragwerksanalyse im Wesentlichen die Betrachtung vereinfachter, ebener Systeme, die bei Bedarf zu größeren räumlichen Systemen mittels überschaubarer Kopplungen zusammengefügt wurden. Unverträglichkeiten der Randbedingungen und ihre Auswirkungen mussten in Kauf genommen bzw. durch Zusatzuntersuchungen minimiert werden (Duddeck 1989).

Die Entwicklung der Computertechnik und der dazu gehörigen Entwurfs- und Analysesysteme in den letzten Jahren gestattet in zunehmendem Maße die Betrachtung komplexer, d. h. im Allgemeinen räumlicher Tragsysteme. Trotzdem werden bzw. müssen für unterschiedliche Fachgebiete einzelne Partialmodelle genutzt werden, die entweder über ihre Ergebnisparameter mittels wiederholter Eingaben oder direkt sequenziell gekoppelt werden.

Eine einfache Kopplung von Partialmodellen, ist gegeben, wenn die Ausgabeparameter der Tragwerksanalyse, z. B.  die Auflagerkräfte, als Eingangsparameter für das Partialmodell Gründung genutzt werden. Diese heute noch allgemein übliche Art der Kopplung (Schnittstelle) wird sicherlich auch in den nächsten Jahren bestehen bleiben, da für viele Modellvorstellungen z.B. die Baugrundreaktion als unabhängig für das darüber liegende Bauwerk angenommen wird bzw. Bauwerksreaktionen, wie Setzungen und Verkantungen, über spezielle Partialmodelle Berücksichtigung finden. Die Kopplungsbedingungen werden in vielen Fällen nur anhand der Übertragbarkeit einzelner Schnittgrößenkomponenten definiert (Duddeck 1993). Die physikalisch-mechanischen Eigenschaften diskreter oder verteilter Kopplungselemente sind aber vielfach wesentlich komplexer, so dass diese eigene Partialmodelle darstellen und sowohl Bewertungskriterium als auch Bewertungsgegenstand im Rahmen der Modellbewertung darstellen (Freundt et al. 2007).

Eine weitere allgemein übliche spezifische Kopplung ist der Ansatz von Einwirkungen. Hier werden sehr häufig die Einwirkungsmodelle rigoros entkoppelt. Dies ergibt sich u. a. aus der Normensituation. Die Einwirkungsmodelle liefern Ergebnisse, die über Normendarstellungen als Parameter in die Tragwerksmodelle der meisten Projekte eingehen können. Selbst für schwingungsanfällige Bauwerke bestehen nur indirekte Kopplungen, wie z. B. Böenreaktionsfaktoren.

Die aktuellen Windnormen weisen eine starke Differenzierung der Windlastzonen selbst für normale Gebäude, wie eingeschossige Hallen, auf. In etwas abgeminderter Form gilt das auch für Beanspruchung aus Schnee.  Werden diese Ansätze verglichen mit den teilweise noch einfachen Analysemethoden mit simplen Randbedingungen, wie z. B. abstrakte Auflagerbedingungen (eingespannt, gelenkig usw.), lineare Materialgesetze usw., stellt sich hier die Frage, wie die Ansprüche an die Qualität der Partialmodelle und insgesamt die Zuverlässigkeitsniveaus der einzelnen Partialmodelle zu definieren sind.

Die Entwicklung der Analysetechnik macht aber auch deutlich, dass - wie heute im Brückenbau schon eingesetzt - es eine direkte Kopplung zwischen Tragwerksanalyse und Einwirkungssystemen geben wird, d. h., Lastprozesse aus Verkehr - Kraftfahrzeuge oder Eisenbahnen - werden über Belastungsfunktionen unterschiedlichster Qualität simuliert und sind in das Partialmodell - Analyse integriert.

Bei den seismischen Einwirkungen werden infolge der normüblichen frequenzabhängigen spektralen Darstellung der Bodenbewegungsgrößen wesentlich für das nichtlineare Verhalten relevante Eingangsinformationen verdeckt bzw. nicht mehr berücksichtigt. Dies betrifft die Bebendauer, die zyklische Charakteristik und die räumliche Charakteristik, die aus der vereinfachten Darstellung von Partialmodellen der Substrukturen resultieren (Schwarz et al. 2006) Betrachtet man den Aufwand, der in vielen Stellen betrieben wird, um lokale Effekte zu berücksichtigen, wie das lokale Beulen von dünnwandigen Elementen im Stahl- und Stahlbetonbau, lokales Fließen oder Rissbildung im Stahlbeton, so wird deutlich, dass diese Vorgänge ein entsprechendes, ausweisbares Niveau in den Einwirkungsparametern, Materialparametern usw., d.h. in der Qualität der gekoppelten und zu koppelnden Partialmodelle benötigen (Hampe 1989).

Methoden und Ziele

Die Untersuchung bzw. Bewertung der Qualitätsanforderungen und des Niveaus der verwendeten Partialmodelle entsprechend der in Abschn. 3.2 definierten Methoden erfordert unterschiedliche Vorgehensweisen (Kröplin et al. 2005).

Die verbale Charakterisierung von Modell- und Kopplungseigenschaften über qualitative Aussagen entsprechend der Angaben in Tabelle 3.1 kann auf der Basis von Parameterstudien und gezielten Vergleichen von Partialmodellen und deren Kopplungen anhand ausgewählter Beispiele erfolgen.

Die Dimensionierung bzw. Bemessung definierter Tragsystems mit Partialmodellen und -kopplungen die verschiedene Niveaus (Level I bis III) repräsentieren (Adaptivität), wird zu Ergebnissen führen, die sich signifikant unterscheiden. Dabei können Masse, Querschnittwerte oder ähnliches als Vergleichskriterium gewählt werden. Die Nutzung von Optimierungsmethoden stellt sicher, dass die Ergebnisse nicht durch ungünstig gewählte Tragsysteme verfälscht werden. Die notwendige Menge unterschiedlicher Ergebnisse wird im einfachsten Falle mittels systematischer Parametervariationen und bei Notwendigkeit mittels entsprechender Sampling-Verfahren (Stochastik) erhalten.

Ein methodisch ähnliches Vorgehen kann auf der Basis von Zuverlässigkeitsbetrachtungen für ein definiertes Tragsystem bei Nutzung unterschiedlicher Partialmodelle und –kopplungen realisiert werden. Vergleichsmaßstab sind dann die Zuverlässigkeitsniveaus, die mittels verschiedener theoretischer Ansätze und damit zusammenhängendem unterschiedlichen Aufwand erhalten werden. Die Anwendbarkeit von Entscheidungsbäumen (Schneider 1994) zur Berücksichtigung von Streubreiten für Partialmodelle und –kopplungen wird insbesondere hinsichtlich der Beurteilung der Modellsensitivität untersucht. Basis dazu ist der Vergleich von Eintretenswahrscheinlichkeiten.

Beide Vorgehensweisen liefern sowohl qualitative Aussagen, die in erster Linie die Modellrobustheit betreffen, als auch quantitative Aussagen, die mehr die Modellsensitivität erfassen.

Die Nutzung mathematischer Methoden auf der Basis von Energiebetrachtungen zu Bewertung von Ergebnissen, benötigt die Ableitungen von Antwortflächen, die ebenfalls aus Parameteruntersuchungen, wie oben beschrieben, erhalten werden.

Wesentlich ist das Herausarbeiten von Partialmodellen, die eine Darstellung der Veränderung der Qualität in der Entwicklung gestatten, z. B. Übergang von Balkenelementen zu Schalenelementen, Übergang von linearen zu nichtlinearen Methoden oder Integration von Partialmodellen für Einwirkungen oder Material in ein übergeordnetes Partialmodell. Damit verändern sich auch die Kopplungsbedingungen bzw. –eigenschaften, die in ihrer Wirkung darzustellen sind.