Winter 2023 / 2024












 

 

Entwurf
Projektmodul
MA Architektur / Urbanistik

Generic Architecture

In den vergangenen Semestern haben wir uns unter dem Titel Peripherie (vs.) Zentrum mit der Auflösung der klassischen Stadt-Land-Dichotomie auseinandergesetzt. Unsere Entwurfsstudios waren immer wieder eine Suche nach einem besseren Verständnis dafür,wie dieses komplexe Raumgeflecht des Urban Sprawl, der Zwischenstadt, funktioniert, wie Zentren und Peripherien miteinander interagieren, um am Ende wieder selbst gestaltend eingreifen zu können.

Mit seiner hohen Komplexität und Dynamik entzieht sich der Urban Sprawl einem einfachen Verständnis von Ordnung und Schönheit. Die Landschaft wirkt durch die Schneisen der Infrastruktur wie ein Schnittmuster, an deren Knotenpunkten sich die Zentren der Warenverteilung anlagern. Dabei ist eine hoch funktionalisierte Kulturlandschaft entstanden, die sich mit weiterhin zunehmender Dynamik immer wieder anpasst, um unseren hedonistischen Lebensstandard zu sichern. Die Muster scheinen sich zu gleichen. Aus dem Zug oder Auto wirkt die urbanisierte Kulturlandschaft zwischen den Städten Europas monoton und ungestaltet. Ähnliches scheint in den Zentren der Städte zu passieren. Überlaufen vom Tourismus und reduziert auf das Einkaufen als wesentliche Funktion, gleichen sich die Fußgängerzonen immer mehr an. Zurück bleibt ein ungutes Gefühl. Unser scheinbar nicht zu sättigender Drang, jederzeit alles konsumieren zu können, mobil zu sein, um nichts zu verpassen, beschleunigt das Jetzt. Wir flüchten in die simultane Verfügbarkeit von Bildern, bevor wir uns verbindlich mit dem Hier auseinandersetzen. Trotzdem bleibt eine Sehnsucht nach Heimat, nach Einzigartigkeit zurück. Bleibt die Suche nach der verloren gegangenen Architektur.

Große Teile unserer Kulturlandschaft wirken austauschbar. Das Verschwinden der Architektur spielt dabei eine wesentliche Rolle. Regionale Bauweisen, eine einzigartige, nur mit der Kulturlandschaft im Zusammenhang denkbare regionale Gebäudetypologie, werden nur noch aus nostalgischer Verbundenheit mit der Tradition gepflegt oder speziell für das touristisch vermarktbare Image gebaut.

Architektur als individueller Ausdruck verschwindet. Die technischen Möglichkeiten der Bauindustrie, der gegebene finanzielle Rahmen des Immobilienmarkts und die überregional agierenden Investoren definieren im Wesentlichen das Bauen. Gebäude werden funktional optimiert. Gewerbehallen, Verteilzentren, Lagerhallen, Baumärkte und Einkaufszentren gleichen sich immer mehr an. Reduziert auf das jeweils funktional Wesentliche, sind sie wie ein einfaches Gerüst: jederzeit leicht umbaubar, umhüllt mit Sandwichpaneelen, kostengünstig und flexibel. Ähnliches gilt auch für alle anderen Gebäudetypologien, ob Tankstelle, Hotel, Büro oder Einfamilienhaus. Selbstverständlich gibt es auch hierfür immer eine funktional optimierte Version, die wesentlich flächen- und ressourceneffizienter ist als jede individuelle Architektur. 

Nach den letzten Semestern und unserer Auseinandersetzung mit dem diffusen Raum der Zwischenstadt, setzen wir uns jetzt konsequent mit dem Verschwinden der Architektur auseinander. Uns interessiert die einfache industriell produzierte Gebrauchsarchitektur. Wir wollen verstehen, welche Bedingungen der Produktion, welche Paradigmen scheinbar automatisch diese Formen des Ausdrucks generieren. Eine Architektur, der alle individuellen Formen des Ausdrucks fehlen. Das scheinbare Gegenmodell zur Autorenarchitektur. Generiert aus ihren intrinsischen funktionalen Bedingungen, ohne Bezug zum Ort, zur regionalen Kultur wird sie zu einem wesentlichen Faktor der anonym wirkenden Stadtlandschaft. 

Im Entwurf suchen wir nach den Potentialen und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Generic Architecture. 

Die Teilnahme an der Vorlesung „Arch. (vs.) Stadt“ und dem Seminar „Generic Architecture“ wird empfohlen.

 












 

 

Exkursion
Wahlmodul
BA MA Architektur / Urbanistik

L.A. now

Los Angeles: Keine Stadt steht mehr für den american way of life. Überdimensionale Highways, die wie Schleifen den Stadtraum durchziehen, sind immer noch Ausdruck eines ungebremsten Fortschrittsglaubens. Lange wurde L.A. als das Vorbild für die autogerechte Stadt gefeiert. Doch mit dem immer weiter anwachsenden, endlos wirkenden Urban Sprawl wurde sie plötzlich als Gegenmodell zur Europäischen Stadt verteufelt.

Kaum eine andere Stadt auf der Welt hat unsere Bild der Stadt, unsere Wahrnehmung und kulturelle Prägung im letzten Jahrhundert stärker beeinflusst als L.A., die Stadt des Films, die Stadt der Fiktion.

Während der Exkursion besichtigen wir die wesentlichen Architekturikonen der Stadt des 20 Jahrhunderts und setzen uns mit der Architektur des Urban Sprawls auseinander.

Die Belegung des Analyseseminars ist für die Teilnahme an der Exkursion verpflichtend. Die Exkursion ermöglicht die Teilnahme am anschließenden Projektmodul L.A. im Wintersemester 2023/24.

New images of common objects

Als begleitende Aufgabe zur Exkursion gibt die Professur im Wintersemester 2023 eine künstlerische Übung heraus: Dokumentieren Sie Ihre Reise als Fototagebuch. 

Während Los Angeles nicht nur Hintergrund und Objekt Ihrer fotografischen Beabachtungen sein soll, wird die Stadt auch als Kulturraum Ihre Fotografie und die Art der Präsentation beeinflußen.

Eine unumgängliche Referenz in diesem Kontext stellt der Künstler Ed Ruscha dar, der in der Zeit von 1963 bis 1978 insgesamt 16 Künstlerbücher veröffentlichte, die fast alle als Portrait der Stadt gelten können und dessen bekanntestes Every Building on the Sunset Strip zu einem Vorbild für die Forschungsarbeit Learning from Las Vegas von Robert Venturi, Denise Scott Brown, und Steven Izenour geworden ist.

Die Themenwahl ist offen, der Begriff common object stellt keine Einschränkung auf das architektonische Objekt dar, sondern ist als Aufforderung zur Präzision der Wahrnehmung gedacht. Das Neue der new images ist Ihr Blick auf das Vorhandene: Straßenszenen, Gegenheiten und Umstände in Los Angeles und seinen Vororten, darin Industrieanlagen, Parkhäuser, Straßenschilder, Tankstellen, usw.

Die Präsentation der Fotos ist Teil der Aufgabenstellung. Nutzen Sie die Möglichkeit, die Bilder in einer bestimmten Reihenfolge anzuordnen, um eine Erzählung oder eine visuelle Entwicklung zu schaffen.

 












 

Vorlesung
MA Architektur

Arch.( vs. )Stadt 

„Fridays for Future“ hat allen den Spiegel vorgehalten. Die Entschlossenheit der Schüler*innen hat uns verdeutlicht, dass wir einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel brauchen. Mit der Pandemie und dem Ukrainekrieg rückt die Aufmerksamkeit für die Klimaerwärmung und das Artensterben in den Hintergrund. Die Trägheit der Masse, die Pragmatik des Alltags bricht alle radikalen Bestrebungen auf ein Maß für alle annehmbarer Kompromisse hinunter.

In diesem Modul wollen wir der Frage nachgehen, wie wir politisches Handeln zu einem integralen Bestandteil des entwerferischen Denken selbst machen können, welche Möglichkeiten sich innerhalb unserer Gesellschaft bieten, um mit dem spezifischen Fachwissen und den ureigenen Kompetenzen unserer Disziplinen sinnvoll in den politischen Prozess einzugreifen.

Wie können wir dabei eine Vorstellung entwickeln, die abseits der Orthodoxie des Glaubens die notwendige Kraft zum Wandel entwickelt?

Utopia als Projektion der Ideale des Humanismus hat sich zu dem Zeitpunkt verbraucht, an dem die Moderne es zum Evangelium der Neuen Zeit ernannte. Auf den fast schon ekstatischen Glauben an Fortschritt und Wissenschaft, den Neuen Menschen des Bauhauses, konnte nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch die negative Dialektik Adornos und Horkheimers folgen. Während die erste Generation der Postmoderne noch idealistisch die Väter der Moderne kritisierte, folgte mit Rem Koolhaas eine Generation, die intellektuell distanziert die Naivität jeglicher Idealisten bloßstellte. Erfrischend klar in ihren Analysen, verweigerten sie sich fast schon zynisch dem Glauben und verloren dadurch auch das Potential, gesellschaftliche Wirkung entfalten zu können. Nun befinden wir uns in einer Situation, in der wir handeln müssen. 

Die momentane Planung, immer perspektivisch als Grundlage für weiteres Wachstum gedacht, reduziert sich auf eine Überlagerung funktioneller mit territorialer Logik. Der Entwurf oder eine räumlich nachhaltige Strategie unterliegen dabei immer kurzfristigen pragmatischen Überlegungen aus Politik und Wirtschaft. Um Planung weiter betreiben zu können und sich nicht auf eine reine Dienstleistung reduzieren zu lassen, brauchen unsere Disziplinen neue Strategien des politischen Handelns.

Entwerfen ist immer eine Projektion in eine bessere Zukunft. Das Prinzip Hoffnung ist eine der Grundvoraussetzungen, angetrieben von Idealen, Vorstellungen und Sehnsüchten. Unsere Frage ist: Wie können wir, ohne der Dogmatik zu verfallen, wieder politisch denken und handeln, eine neue radikale Zukunft konzipieren, ohne wieder die Freiheit und die Klarheit des Denkens zu opfern. 

Die Vorlesungsreihe setzt sich intensiv mit den städtebaulichen und architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten auseinander. Wir fragen uns, inwieweit wir die Disziplin neu definieren müssen, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Architektur und Städtebau sind für unseren Lehrstuhl immer eine untrennbare Einheit. Wir können nicht das eine ohne das andere denken. Wenn wir uns der Frage stellen, wie wir der Erosion städtischer und architektonischer Konventionen, die der Architektur den notwendigen Bezugsrahmen entzieht, begegnen können, kommen wir nicht umhin, uns mit unserem europäischen Selbstverständnis auseinanderzusetzen. Für uns Europäer ist der öffentliche, allen freien Bürgern zugängliche Raum das konstituierende Element der Europäischen Stadt. 

Das Modul ist als Zwiegespräch gedacht. Einführende Vorlesungen, Gastbeiträge und Referate der Studierenden wechseln sich ab. Im Anschluss eröffnen wir die von zwei Studierenden moderierte Diskussion. In den 10 Sitzungen setzen wir uns von der Frage des Bodens, der kommunalen Planungshoheit, der Ökologie bis zur sozialen Gerechtigkeit mit den grundsätzlichen Fragen der Stadt (   ) Land Entwicklung auseinander. Dieser einfache Rahmen kann je nach Engagement der Studierenden im Laufe des Semesters angepasst werden. 












 

Seminar
Wahlpflichtmodul
MA Architektur/ Urbanistik

Generic Architecture 

In den vergangenen Semestern haben wir uns unter dem Titel Peripherie (vs.) Zentrum mit der Auflösung der klassischen Stadt-Land-Dichotomie auseinandergesetzt. Mit seiner hohen Komplexität und Dynamik entzieht sich der Urban Sprawl einem einfachen Verständnis von Ordnung und Schönheit. Große Teile unserer Kulturlandschaft wirken austauschbar. Das Verschwinden der Architektur spielt dabei eine wesentliche Rolle. Regionale Bauweisen, eine einzigartige, nur mit der Kulturlandschaft im Zusammenhang denkbare regionale Gebäudetypologie wird nur noch vereinzelt gebaut. 

Architektur als individueller Ausdruck verschwindet. Die technischen Möglichkeiten der Bauindustrie, der gegebene finanzielle Rahmen des Immobilienmarkts und die überregional agierenden Investoren definieren im Wesentlichen das Bauen. Gebäude werden funktional optimiert. Gewerbehallen, Verteilzentren, Lagerhallen, Baumärkte und Einkaufszentren gleichen sich immer mehr an. Reduziert auf das jeweils funktional Wesentliche, sind sie wie ein einfaches Gerüst: jederzeit leicht umbaubar, umhüllt mit Sandwichpaneelen, kostengünstig und flexibel. 

Nach den letzten Semestern und unserer Auseinandersetzung mit dem diffusen Raum der Zwischenstadt, setzen wir uns jetzt konsequent mit dem Verschwinden der Architektur auseinander. Uns interessiert die einfache, industriell produzierte Gebrauchsarchitektur. Wir wollen verstehen, welche Bedingungen der Produktion, welche Paradigmen scheinbar automatisch diese Formen des Ausdrucks generieren. Eine Architektur, der alle individuellen Formen des Ausdrucks fehlen. Das scheinbare Gegenmodell zur Autorenarchitektur. Generiert aus ihren intrinsischen funktionalen Bedingungen, ohne Bezug zum Ort, zur regionalen Kultur, wird sie zu einem wesentlichen Faktor der anonym wirkenden Stadtlandschaft. 

Im Seminar beschäftigen wir uns mit den theoretischen Grundlagen der immer weiter fortschreitenden Rationalisierung. Während in den frühen Texten, bei Jean-Nicolas-Louis Durand, bei Henry Ford und Frederick Winslow Taylor zur Zeit der Moderne und des Bauhaus noch die Euphorie über die Produktionsfortschritte überwiegen, wandelt sich der Blick zu Positionen, die sich kritisch mit den Folgen des Fortschritts auseinandersetzen.  

Im Seminar setzen wir uns mit den verschiedensten Texten zur Generic Architecture, zur Automatisierung und Rationalisierung auseinander. Ziel ist es, mit den Texten das Phänomen der Generic Architecture zu diskutieren, um selbst eigene Denkmodelle und Theorieentwürfe zu entwickeln.