StadtArchitektur












Die Professur Entwerfen und StadtArchitektur fungiert als Bindeglied zwischen den beiden Disziplinen der Fakultät Architektur und Urbanistik. Die Professur vertritt eine Position, die davon ausgeht, dass Architektur und Städtebau in einem untrennbaren dialektischen Verhältnis zueinander stehen und deshalb immer nur als Einheit gedacht werden können. Grundsätzlich definieren sich beide, Architektur und Städtebau, immer über den öffentlichen Raum.

In Ihrer langen Tradition und ihrem Selbstverständnis zufolge ist der öffentliche, allen freien Bürger*innen zugängliche Raum das konstituierende Element der Europäischen Stadt. Wir spüren, dass sich mit den digitalen Medien das Verhältnis unserer Gesellschaft zur Öffentlichkeit, zum öffentlichen Leben und zum öffentlichen Raum grundlegend verändert. Politische Diskussionen werden auf Plattformen privater Medienkonzerne verlagert, während wir alle unsere Privatsphäre gefährden, indem wir intime Details unseres Lebens freiwillig zur Verfügung stellen. Aus der Nachbarschaft, dem räumlichen Zusammenleben mit Anderen, auch anders denkenden, wird im Internet das Netzwerk, ein Zusammenschluss Gleichgesinnter. Wir verstehen die Auswirkungen auf den öffentlichen Raum noch nicht ganz und doch können wir die notwendige Auseinandersetzung nutzen, um die Bedeutung des städtischen Raums zur Schaffung von Nachbarschaften, zur Teilhabe aller am städtischen Leben herauszustellen.

Wir werden neu definieren müssen, welche Programme und welche Räume für öffentliche Gebäude und Stadträume notwendig sind, um die Idee der Inklusion weiterhin aufrecht zu erhalten. Und wir werden neu fragen müssen, welchen architektonischen Ausdruck wir brauchen, um aus den einzelnen architektonischen Ideen der letzten Jahre wieder eine verbindliche städtische Architektur für den öffentlichen Raum zu schaffen. Natürlich konstatieren wir dabei, dass das wachsende Niveau der Komplexität und der Anforderungen an das Bauen heute spezielle Fähigkeiten und spezielles Wissen erfordern. Trotzdem muss es eine Verständigungsbasis für die gemeinsame Arbeit geben, einen common sense. Der die Frage nach dem alltäglichen Gebrauch der Stadt und ihrer Nutzbarkeit für alle in den Vordergrund stellt; gleichzeitig ein Selbstverständnis besitzt für die Notwendigkeit nicht alltäglicher öffentlicher Räume der Repräsentation. Diesen common sense wieder als Teil unseres städtischen Wertekanons zu etablieren, verstehen wir als eine der Aufgaben von Städtebau heute.

Als Architekt*innen kennen wir aus der Entwurfspraxis die Kraft, die ein Entwurf entfalten kann, wenn es ihm gelingt, die Dialektik zwischen Innen und Außen, zwischen Privat und Öffentlich, zwischen Architektur und Stadt, als Widersprüche aufzulösen und diese Gegensätze im Raum zu einer Architektur zu synthetisieren. Es gilt, diese Erfahrung der Architektur auch wieder im Städtebau zu nutzen.

Ausgehend von diesen Überzeugungen setzen wir uns an der Professur im Entwurf verstärkt mit dem öffentlichen Raum auseinander, von der Analyse der sozialen Interaktion seiner Nutzer*innen bis zur Bedeutung des Fassadendetails der ihn begrenzenden Gebäude. Gerade im iterativen Prozess des Entwerfens sehen wir die Chance, neue Ansätze für Städtebau und Stadtarchitektur zu finden und so wieder jene narrativen Qualitäten zu schaffen, die notwendig sind, um den öffentlichen Stadtraum zu konstituieren, den wir bis heute so sehr an der Europäischen Stadt schätzen.