Geräteausstattung erweitert: Professur Bauchemie und Polymere Werkstoffe weiht Thermoanalyse-Labor ein
Nach erfolgreicher Antrags- und Beschaffungsphase wurde ein neues Großgerät an der Bauhaus-Universität Weimar in Betrieb genommen: Mithilfe des gekoppelten Thermoanalysesystems soll die Entwicklung und Anwendung neuer, energieeffizienter Baustoffe zukünftig unterstützt werden. Gefördert wurde das Gerät mit rund 240.000 Euro.
Vor dem Hintergrund der Klima- und Nachhaltigkeitsdebatte gewinnt die Erforschung ökologischer Baustoffe zunehmend an Bedeutung. Das F. A. Finger-Institut für Baustoffkunde (FIB) widmet sich der Thematik auf vielfältige Weise. Ein Forschungsthema von Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Chem. Andrea Osburg, Leiterin der Professur Bauchemie und Polymere Werkstoffe, ist die Analyse CO2-armer Bindemittel, welche eine ökologische Alternative zu traditionellen Zementen im Massenbaustoff Beton darstellen.
Um zuverlässige Prognosen über Einsatz und Herstellung alternativer Baustoffe treffen zu können, ist eine umfassende Charakterisierung der Materialeigenschaften vonnöten. Das gekoppelte Thermoanalysesystem hilft dabei neue Erkenntnisse zu gewinnen. »Der Einsatz von Thermoanalyseapparaturen in der Materialforschung ist nicht neu«, weiß Dr.-Ing. Torsten Seiffarth, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FIB. Allerdings verfügte die Bauhaus-Universität Weimar seit Jahren über kein eigenes Gerätesystem, weshalb die Forscher auf externe Standorte ausweichen mussten.
Überdies bringe das neue Messinstrument einen entscheidenden Vorteil mit sich: »Das Gerät kombiniert die Simultane Thermoanalyse mit Massenspektroskopie und Infrarotspektroskopie. Die Gerätekonfiguration ermöglicht damit hochauflösende Messungen von Masseänderungen und thermischen Reaktionen diverser organischer und anorganischer Proben bei gleichzeitiger Analyse gasförmiger Reaktionsprodukte. Qualitative und quantitative Untersuchungen bis in den Hochtemperaturbereich (1600 °C) können realisiert werden«, erläutert Seiffarth.
Innovative Messtechnik
Das Messverfahren zeigt auf, wie sich eine Substanz bei Temperaturänderung verhält. Dabei wird der zu untersuchende Stoff langsam erhitzt bzw. abgekühlt. Beim Erhitzen kann ein Stoff von einer festen in eine gasförmige Phase übergehen, was wiederum zu einer messbaren Masseänderung führt. Bei einer reinen Gewichtsanalyse kommt es dabei häufig zu Überlagerungseffekten, d.h. es kann nicht eindeutig festgestellt werden, welche Inhaltsstoffe verdampfen. Das gekoppelte Thermoanalysesystem misst ergänzend, welche Gase bei einer Temperaturänderung austreten. »Durch die Gasanalyse wird ein zusätzliches Qualitätskriterium mit einbezogen«, erklärt Seiffarth. Auf diese Weise wird sichtbar, zu welchem Zeitpunkt bzw. bei welcher Temperatur bestimmte Stoffe zu gasförmigen Reaktionsprodukten reagieren. Somit könnten beispielsweise thermoanalytische Vorbehandlungen von Tonen zukünftig optimiert werden.
»Je komplexer ein Material zusammengesetzt ist, desto schwieriger lassen sich thermische Effekte, wie z.B. die Masseänderung, einer bestimmten Reaktion zuordnen, da sich mehrere Effekte überlagern können. An diesem Punkt setzt das neu angeschaffte gekoppelte Thermoanalysesystem an. Mit dieser Gerätekonfiguration ist es möglich, einzelne thermische Effekte aufzulösen und ganz konkreten Reaktionen zuzuordnen. Daraus kann dann in Kombination mit weiteren Methoden wie der Röntgenbeugung die genaue Zusammensetzung einer Substanz ermittelt werden. Mit dem gekoppelten Thermoanalysesystem sind wir nun in der Lage, auch komplexe Substanzen zu analysieren«, ergänzt Seiffarth.
Hintergrund
»Experimentelle Untersuchungen sind ein wichtiges Instrument für die Generierung von Forschungsergebnissen. Die Lösung vieler Problemstellungen in der modernen Baustoff- und Materialwissenschaft erfordert eine umfassende Phasenanalyse. Für die Durchführung dieser spezifischen Versuche sind komplexe Versuchseinrichtungen notwendig«, erläutert Professorin Osburg. Erste Probemessungen mit dem neuen Gerätesystem führten bereits zu neuen Erkenntnissen. Deshalb ist Osburg überzeugt: »Die mithilfe des gekoppelten Thermoanalysesystems angestrebten Entwicklungen von neuen Materialien, welche mit geringerem Energiebedarf und geänderten Rezepturen hergestellt werden, fördern eine nachhaltige Energie- und Ressourcenverwendung.«
Die Investition bettet sich in das ausgewiesene Forschungsfeld »Material und Konstruktion« der Bauhaus-Universität Weimar ein. Das vom Freistaat Thüringen geförderte Vorhaben wurde durch Mittel der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.
Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Chem. Andrea Osburg
Bauhaus-Universität Weimar
F. A. Finger-Institut für Baustoffkunde (FIB)
Professur Bauchemie und Polymere Werkstoffe
Tel. +49 (0) 36 43 58/47 13
E-Mail: andrea.osburg[at]uni-weimar.de
Dr.-Ing. Torsten Seiffarth
Bauhaus-Universität Weimar
F. A. Finger-Institut für Baustoffkunde (FIB)
Professur Bauchemie und Polymere Werkstoffe
Tel. +49 (0) 36 43 58/47 70
E-Mail: torsten.seiffarth[at]uni-weimar.de