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Johannes Stradanus: Nova Reperta (1580-1600)

Profil der Professur

Gegenstand des Forschungs- und Lehrgebietes der Professur »Geschichte und Theorie der Kulturtechniken« sind die für verschiedene Kulturen jeweils konstitutiven Techniken, Regeln und Codierungen des Mediengebrauchs in ihrer historischen Entwicklung und in ihren kultur- und erkenntnistheoretischen Grundlagen.

Kulturtechnikforschung löst das klassische Konzept der Medien in ein Netzwerk von Operationen auf, die die Unterscheidungen, die für eine gegebene Kultur grundlegend sind, reproduzieren, verschieben, verarbeiten und reflektieren.

Kurz zusammengefasst sind die wesentlichen Thesen, die der Kulturtechnikforschung zugrunde liegen, die folgenden:

  • Im Wesentlichen versteht man unter Kulturtechniken die rekursiven Operationsketten, die den Medienbegriffen vorausgehen, die aus ihnen abgeleitet werden. Bilder wurden schon hergestellt, bevor es einen abstrakten Bildbegriff gab; das Zählen ist älter als die Zahl usw.

  • Trotzdem setzen Operationen wie Zählen oder Schreiben stets technische Objekte voraus, die in der Lage sind, diese vollziehbar zu machen und die sie daher in einem gewissen Maße auch bestimmen. Auf diese Weise sind Kulturtechniken historisch entstanden im Prozess der rekursiven Interiorisierung technischer Objekte und der Exteriorisierung von Praktiken. Daraus folgt u. a. dass Kulturtechniken nicht auf individuelle Praktiken oder Skills reduzierbar sind.

  • Unterscheidungen sind weder ontologisch noch transzendental gegeben; Unterscheidungen werden prozessiert. Jede Kultur beginnt mit der Einführung von Unterscheidungen: innen/außen, weiblich/männlich, heilig/profan, roh/gekocht, menschlich/nichtmenschlich, Signal/Rauschen usw. Diese Unterscheidungen werden von Techniken prozessiert (so zum Beispiel prozessieren Türen die Unterscheidung zwischen innen und außen), die daher keiner der beiden Seiten der Unterscheidung angehören. Sie nehmen vielmehr die Position eines vermittelnden Dritten ein. Die Liste der “elementaren Kulturtechniken” (Lesen, Schreiben, Rechnen, Bildermachen) muss daher ergänzt werden um die Liste sogenannter “primitiver” Kulturtechniken. Diese bilden den Primärprozess der Artikulation, durch den Zeichen und Dinge, Figur und Grund, Medium und Botschaft, Form und Materie, Organismus und Milieu allererst unterschieden werden. Die Position eines Dritten definiert diese primitiven Kulturtechniken als Medien. Kulturtechniken können daher begriffen werden als Medien, die die Reproduktion, Beobachtung, Verschiebung, Remediierung, und weitere Ausdifferenzierung von Unterscheidungen prozessieren.

  • Kulturtechniktheorie lehnt jegliche Ontologie philosophischer Begriffe ab. Es gibt keine Menschen unabhängig von Kulturtechniken der Hominisierung, es gibt keine Zeit unabhängig von Kulturtechniken der Zeitmessung und -organisation, es gibt keinen Raum unabhängig von Kulturtechniken der Raumbeherrschung.