SoSe 2025

Theorien der Imagination (Jun.-Prof. Dr. Sabine Wirth)
Studienmodul: Medien|Imagination
Montag, 11:00-12:30 Uhr, Beginn am 14.04.2025

Das Studienmodul befasst sich grundlegend mit dem Verhältnis zwischen Imagination und Medien, Imaginärem und Medialem. Während einflussreiche philosophische Theorien der Einbildungskraft diese als individuelles Vermögen des menschlichen Geistes (Kant) beschreiben, gibt es auch eine reichhaltige Theorietradition aus den Sozialwissenschaften und der politischen Theorie, die das Imaginieren als kollektiv-soziales Vermögen auffasst (Anderson, Taylor, Castoriadis) und den Fokus von der Imagination als kognitivem Akt zu dominanten (und widerständigen) "social imaginaries" verschiebt. Gerade im Rahmen dieser Verschiebung kommt die Frage auf, inwiefern Prozesse der Materialisierung und Medialisierung für die Formierung und Stabilisierung von "social imaginaries" und Praktiken des sozialen Imaginierens eine zentrale Rolle spielen. Denn für das soziale Imaginieren muss es temporär stabile Formen geben, auf die sich ein Kollektiv beziehen kann. Neben dieser grundlegenden Frage nach "Materialisierungen" (und Wiederverflüssigungen) von "imaginaries" werden wir mit Rückgriff auf Flussers Konzept der Techno-Imagination und Jasanoffs Verständnis der "socio-technical imaginaries" insbesondere die Agency von Technik in Praktiken des Imaginierens diskutieren und auch über gegenwartsorientierte Konzepte wie das "algorithmic imagining" nachdenken. 

 

Medien imaginieren (Jun.-Prof. Dr. Sabine Wirth)
Studienmodul: Medien|Imagination
Montag, 13:30-15:00 Uhr, Beginn am 14.04.2025

Ergänzend zu der Auseinandersetzung mit verschiedenen Theorien und Konzepten der menschlichen und mehr-als-menschlichen Imagination erkundet dieses Seminar die Mediengebundenheit von Imaginationsprozessen und lotet zugleich die Frage aus, ob und inwiefern Medien selbst als Imaginäre zu verstehen sind. Hierzu nähern wir uns in kleinen Fallstudien verschiedenen 'imaginativen' Medienumgebungen und -praktiken an. Beginnend mit basalen Medien wie Sprache, Bild, Schrift oder Zahl und Medienpraktiken wie dem Lesen (poetischer Texte), dem Filmemachen oder dem Fotografieren, die auf die Kraft der Imagination setzen, arbeiten wir uns schließlich vor zu hochtechnisierten Medienumgebungen, in denen Algorithmen, Computersimulationen oder generative KI an Prozessen des Imaginierens maßgeblich beteiligt sind. In diesem Zusammenhang diskutieren wir insbesondere das Imaginieren von Zukünften, z. B. im Genre der Science Fiction, im Modus KI-basierter Zukunftsvorhersagen (predictive analysis) oder das Imaginieren globaler Krisen und Naturkatastrophen. 

 

Subjekte des Interface (Jun.-Prof. Dr. Sabine Wirth)
Projektmodul: Kulturtechniken 1
Freitag, 13:30-15:00 Uhr, Beginn am 25.04.2025

Ausgehend von der Überlegung, dass die Konstitution von Subjekten und Subjektpositionen stets an spezifische Prozesse der Mediation und bestimmte Medien gebunden ist und einem historischen Wandel unterliegt, stellt dieses Seminar die Frage, welche Subjekte Computer-Interfaces hervorbringen. Zur Annäherung an diese Frage beschäftigen wir uns zunächst mit Interface-Theorien (Galloway, Hookway), die den "Objektstatus" von Interfaces in Frage stellen. Diesen Ansätzen folgend soll der Interface-Begriff folglich nicht genutzt werden, um bestimmte materielle Entitäten (z.B. bestimmte Hardware- oder Software-Elemente) festzuschreiben, sondern vielmehr, um die Fluidität der Verhältnisse zwischen technischen Prozessen und menschlichen Praktiken machtanalytisch zu erkunden. Hierzu arbeiten wir uns von der frühen Geschichte der Formierung der HCI (Human-Computer Interaction) und ihren Entwürfen von "Nutzung" und der "Nutzerin" zu verschiedenen Etappen der Geschichte digitaler Medienkultur vor, in denen bestimmte Formierungen des Subjekts zu beobachten sind, die sich als Interface-Praktiken beschreiben lassen: z. B. persönliche Homepages der 1990er Jahre, Vlogs/Blogs, Online-Tagebücher, Social Media-Profile, Quantified Self-Anwendungen, Avatare oder Deepfakes. Anhand dieser Beispiele lassen sich Prozesse der Subjektivierung (und Entsubjektivierung) in ihrer komplexen Verwobenheit von Datenpraktiken, Automatismen und (alltags-)ästhetischen Praktiken erörtern. Auch das Spannungsverhältnis zwischen Selbst- und Fremdbestimmung, zwischen der möglichen Anonymität von Online-Praktiken und den ebenso machtvollen Bestrebungen einer Festschreibung von Identität in gegenwärtigen Plattform-Kulturen wird Gegenstand der Diskussion. 

 

Bildtheorie analog / digital. (M.A. Charlotte Bolwin) 
Studienmodul: Bildwissenschaft
Montag, 9:15-12:30 Uhr, Beginn am 14.04.2025

Als "Technobilder" oder technische Bilder bezeichnete der Philosoph Vilém Flusser in den späten 1980er-Jahren jene Bilder, die von Apparaten erzeugt werden. Mit diesem Konzept wollte er technikbasierte Bildphänomene von traditionellen Bildern, etwa aus der Malerei, unterscheiden. Flusser hatte dabei neben der Fotografie und dem elektronischen Bewegungsbild bereits auch digitale Bilder im Blick. Zwar steckte die Entwicklung der Computergrafik zu Flussers Lebzeiten noch in den Anfängen, doch sind computergenerierte Bilder im digitalen Medienzeitalter zu zentralen Medien einer globalen "Screen Culture" (Butsch 2019) avanciert und fest in unsere kollektiven wie individuellen Medienpraktiken und Rezeptionsweisen integriert. Technische Bilder sind heute nicht nur in Apps und sozialen Medien allgegenwärtig, sondern spielen auch in Wissenschaft, Forschung und der künstlerischen Praxis eine entscheidende Rolle, wenn es um die Vermittlung von Welt und Wirklichkeit geht. Das Seminar setzt bei dieser Ubiquität technischer Bilder an und lädt dazu ein, sich anhand einschlägiger medientheoretischer Texte mit ihrem Wesen zu befassen. Dabei sollen zugleich die theoretischen und ästhetischen Verschiebungen beleuchtet werden, die sich im Verlauf ihrer Mediengeschichte erkennen lassen. Neben der gemeinsamen Diskussion der Texte ist die Analyse konkreter Beispiele ein zentraler Bestandteil unserer kollektiven Auseinandersetzung.
Literatur: Vilém Flusser: Ins Universum der technischen Bilder