Shirin Weigelt

Projekttitel 

Digitales Berühren. Eine Medienphilosophie digitaler Medien und ihrer Selbst- und Weltverhältnisse

Projektbeschreibung

Digitaltechnologien sind für eine wachsende Zahl menschlicher Praktiken grundlegend. Nutzer_innen und digitale Programmmaschinen treten auf vielfältige Weise in Kontakt und werden über Interfaces zu komplexen Gefügen zusammengeschlossen. Entgegen einem verbreiteten Narrativ von der Abstraktheit und Unkörperlichkeit des Digitalen verlieren weder die Leiblichkeit menschlicher Individuen noch die Materialität der Praxis im Zuge des digitalen Technologie- und Medienwandels an Bedeutung. Vielmehr zeichnet sich Digitalität durch Verhältnisse der Nähe und direkten Berührung zwischen Mensch, Maschine und Programm aus – von der physischen bis hin zur affektiven Ebene.
Die Forschungshypothese des angestrebten Dissertationsprojekts lautet daher, dass Taktilität ein bedeutsamer Aspekt digitaler Medienpraktiken und der Digitalkultur insgesamt ist. Dies rückt die Kontaktverhältnisse digitaler Gefüge in den Fokus der Untersuchung. Welche Formen und Funktionsweisen von Berührungsrelationen lassen sich bezüglich des digitaltechnischen Kopplungsgeschehens unterscheiden? Anhand detaillierter Phänomenanalysen entwirft die Dissertation in einem ersten Schritt eine Systematik digitalmedialer Berührungsrelationen, die menschliche und nichtmenschliche Aktanten berücksichtigt. Darauf aufbauend wird in einem zweiten Schritt nach den Implikationen der »Konjunktur des Taktilen« (H. Schmidgen: Horn oder Die Gegenseite der Medien, Berlin 2018, S. 8) für Verhältnisse zu und Verständnissen von Selbst und Welt in digitalen Gesellschaften gefragt. Ziel des Forschungsprojektes ist es, die Materialität und Sinnlichkeit digitaler Medienpraktiken jenseits anthropozentrischer Verkürzungen zu untersuchen und damit einen kritischen Beitrag zum Verständnis von Menschen und Welt im Digitalzeitalter zu leisten.

Vita

Shirin Weigelt hat Philosophie sowie Publizistik und Kommunikationswissenschaft in Berlin und an der Université Paris Ouest Nanterre La Défense in Paris studiert. Mit einer Arbeit zum Verhältnis von Lügen und Politik in postfaktischen Zeiten schloss sie ihr Masterstudium der Philosophie im Jahr 2018 an der Freien Universität Berlin bei Prof. Jan Slaby und Prof. Sybille Krämer ab. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf phänomenbasierten Analysen mit machttheoretischem bzw. machtkritischem Index. Neben digitaler Medialität aus medienanthropologischer Perspektive, wie sie im Zentrum ihrer Dissertation steht, gilt ihr Interesse der modernen Französischen Philosophie und dem Poststrukturalismus, Neuen Materialismen, Affect Studies, Mystik und Feministischer Theorie.

Seit April 2023 lehrt Shirin Weigelt Philosophie an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle (Saale). Sie ist außerdem Co-Vorsitzende der Fokusgruppe „Digitalität und Ästhetik” der DGPhil AG Digitalität und Philosophie.

Publikationen

gemeinsam mit Charlotte Bolwin und Moritz Riemann: Operativität und Sinnlichkeit. Über Gilbert Simondons Konzept der Techno-Ästhetik. Berlin: August Verlag (im Ersch.).

„Warum sehen sie nicht, was wir sehen?" Das Simi Valley Trial als medienanthropologische Szene. In: Biet et al. (Hg.): Dokumentwerden. Arbeit, Zeitlichkeit, Materialisierung, Bielefeld: transcript (im Ersch.).

An- und Abhängigkeiten relationaler Ontologie. In: Bolwin et al. (Hg.): Szenen kritischer Relationalität. Lüneburg: meson press 2024, S. 217-219.

Das Korsett. Oder: Wer trägt hier wen? In: Prothese Magazin 4/2022, Heftthema „Unterhaltung“.

gemeinsam mit Thomas Wortman und Oliver M. Pawlak: Auszug aus dem ‚DROSTE DIGITAL Podcastgespräch. Handschriften und Digitalisierung‘. In: J. Albrecht und O. M. Pawlak (Hg.): Droste Digital. Handschriften Räume Installationen. Ausstellungskatalog. Bielefeld: Aisthesis Verlag 2022.
Link: centerforliterature.podigee.io/20-neue-episode

zusammen mit A. Breljak, S. Obermeyer und J. Schulz: Erden. Über Gaia und andere Gottheiten der Klimakatastrophe. In: Urbane Künste Ruhr Magazin 4/2020. 

HAUSHALTEN / When she snaps, she snaps. In: Zuhause Denken (Blog), 02. Juni 2020. https://zuhause-denken.com/haushalten/ 

Tasten. Taktilität als Paradigma des Digitalen. In: R. Mühlhoff, A. Breljak und J. Slaby (Hg.): Affekt Macht Netz. Bielefeld: transcript 2019.

Vorträge 

„Fragmente einer Sprache der Liebestechnik. Mensch-Maschine-Relationen in Spike Jonzes Her", Abendvortrag im Rahmen der Reihe Philosophie und Kino des Philosophischen Instituts der Karl-Albers-Universität Kiel. Gehalten am 12.12.2023.

„Rest (in pieces): Kritischer Vitalismus in Zoe Leonards Strange Fruit (1992-1997)", Vortrag im Rahmen der Konferenz Körper-Teile: Mikroformen des Organischen in Literatur, Kunst und Film an der Kunsthochschule Mainz. Gehalten am 01.09.2023.

gemeinsam mit Max Walther: „Modes of Co-habitation. Singing along a multiplicity called mountain. Etel Adnan’s poe-politics of Mount Tamalpais”, Vortrag im Rahmen eines Workshops zu Ecotemporalities and Geopolitics der a.r.t.e.s. Graduate School, Universität Köln. Gehalten am 13.10.2022.

gemeinsam mit Charlotte Bolwin und Moritz Riemann: „Arbeit und technische Existenz bei Gilbert Simondon“, Panel und Impulsvortrag im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaften zum Thema Arbeit an der Universität Halle. Durchgeführt am 30.09.2022.

„Interfaces. This is where the magic happens”, Vortrag im Rahmen der 6. Konferenz der International Society for Intermedial Studies am Trinity College, Dublin (IRL). Gehalten am 01.09.2022.

„Touching Screens. Über digitale Zuhandenheit“, Vortrag im Rahmen der Sommerschule der Deutschen Gesellschaft für Phänomenologische Forschung an der FernUniversität Hagen. Gehalten am 28.06.2022.

’Why don’t they see what we see? Das Simi Valley Trial als medienanthropologische Szene“, Vortrag im Rahmen der Jahrestagung des Graduiertenkollegs Das Dokumentarische an der Ruhr-Universität Bochum. Gehalten am 06.05.2022.

„Into the Universe of Digital Data: From Clicking to Swiping“, Vortrag gehalten im Rahmen der 48. Konferenz der Austrian Association for American Studies zum Thema „Digital Americas“. Online gehalten am 27.10.2021.

„Das Simi Valley Trial als medienanthropologische Szene der digitalen Interfacialisierung“, Impulsvortrag im Panel Inter-intra-infra: Eine Wissensökologie des Da/zwischen aus medienanthropologischer Perspektive der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft an der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck. Gehalten am 24.09.2021.

„Lüge als Wahrheit des Interfaces. Medienontologie nach Heidegger“, Vortrag im Panel Medienphilosophie des XXV. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Philosophie. Online gehalten am 09.09.2021.

„Die Greifbarkeit des Digitalen“, Podcastfolge des Institutskolloquiums für die Ohren am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Semesterthema: "Feinfühlig". Gespräch mit Hannah Kanz, aufgezeichnet im April 2021. Link

„Medium. Ein Grundbegriff der digitalen Kultur“,  Vortrag im Rahmen des Workshops Grundbegriffe der Digitalen Kultur des FS digitale_kultur der FernUni Hagen. Online gehalten am 23.03.2021.