Pressemitteilung

Kassiert

»Verstaubt«, »geheim« oder gar »rückständig« – so zumindest wäre noch vor einiger Zeit die unmittelbare Assoziation zum Begriff »Archiv« gewesen. Doch das war gestern. Inmitten des digitalen Wandels erfahren Archive eine radikale Frischzellenkur und werden zum Objekt der Begierde und intensiven Beschäftigung quer durch die Disziplinen.

Grund genug für 15 Studierende an der Professur Experimentelles Radio von Nathalie Singer, sich ein Semester lang auf eine Expedition in die Welt der Informations- und Wissensspeicher zu begeben, um an eigenen Ideen eines lebendigen Radiokunstarchivs zu arbeiten. Geforscht wurde in staubigen Archiven voller Wachs- und Schellackplatten als auch an Algorithmen und Metadaten.

Herausgekommen sind interaktive Raum-Klang-Installationen und Versuchsanordnungen, die ihre Probanden und Hörer auf eine klangarchäologische Forschungsreise an drei Orte sowie in den bauhaus.fm-Äther entsenden.

ARCHIVE(S)

Was passiert, wenn man alle Wahrnehmungen sammelt, festhält und speichert? Erinnert man sich an einzelne oder verschwinden sie ins Unbewusste? Was würde passieren, wenn Freuds Wunderblock als Mittel benutzt würde, Eindrücke sichtbar, hörbar und spürbar zu machen? Archive(s) ist eine audiovisuelle Installation von Stepan Boldt und Tania Palamkote. Die Arbeit besteht aus einem Kubus, in welchem durch Interaktion selektierte Aufnahmen aus dem Pfeffer-Korpus des Archivs für gesprochenes Deutsch gehört, gesehen, gespeichert und neu kombiniert werden können. Die Künstler setzen sich mit Focaults sowie Derridas Archivtheorien auseinander und liefern ihre eigene digitale Interpretation von Sigmund Freuds Notiz über den Wunderblock. Archive in ihrer Rolle als Träger von Erinnerung, Wissenskonstruktion und Macht werden in Archive(s) spielerisch hinterfragt.

Do: 17.00-20.00 Uhr
Fr- Sa: 11.00-14.00 Uhr u. 15.00-18.00 Uhr
So: 12.00-16.00 Uhr
Dachgeschoss LIMONA

Projektgruppe: Stepan Boldt, Tania Palamkote
Basierend auf Material von: Institut für Deutsche Sprache

K.A.A.L.

steht für Klang Archäologie Algorithmus und ist während der summaery 2016 im Digital Bauhaus Lab beheimatet. Die interaktive Raum-Klang-Installation geht der Frage nach, inwieweit sich innerhalb eines Radiokunst-Archivs eine kulturwissenschaftliche und technikgeschichtliche Semiotik erkennen lässt. Der Proband wird hierzu auf eine klangarchäologische Forschungsreise entsandt. In einer Versuchsanordnung fördert er, ausgelöst durch seine Bewegung im Raum, vereinzelt Stücke aus dem rauschenden Äther radiophon-historischer Dokumente zu Tage. k.a.a.l. ist eine dynamische Raum-Klangeinheit – ein archäologischer Imperativ für seine Besucher. Die Auswertung seiner Tätigkeit erfolgt anhand empirischer Datenerhebung.

Fr: 09:15 - 12:30 Uhr
Digital Bauhaus Lab

Projektgruppe: Timo Buhl, Janine Müller, Tim Pathe, Severin Schenkel, Markus Westphal
Mitwirkende: Martin Hirsch, Jörg Krempien, Michael Markert, Ben Vossler
Basierend auf Material von: Archiv der Radiokunst EXPA
www.uni-weimar.de/expa
(gefördert vom Kreativfonds der BUW)

FUTURE ARCHIVE LAB

Future Archive versuchen mit ihrem Projekt einen Beitrag zum aktuell viel diskutierten Umgang mit Archiven zu leisten. Die partizipative Installation Future Archive Lab soll durch ihre Haptik den Besuchern einen räumlichen Zugang zu sonst schwer zu überblickenden digitalen Archiven ermöglichen.
Sie können dekontextualisierte Produktionen aus dem Klangkunst - Archiv Sonosphere.org hören und ihre Eindrücke währenddessen assoziativ visuell und textlich beschreiben. Anschließend werden diese Assoziationen in ein zunächst analoges, später virtuelles Speichersystem integriert. So wird das Klangkunst-Archiv über die Summaery 2016 durch die Teilnehmer mit Metadaten angereichert. Angelehnt an Michel Foucaults und Wolfgang Ernsts Gedanken und Theorien zum Archiv werden im Future Archive Lab dynamische Ansätze für ein Archiv der Zukunft erprobt.

Do-So: 12:00-17.00 Uhr
Freifläche 3:
zwischen kl. Van-de-Velde-
Bau u. Campus Office

Projektgruppe: Maike A. Effenberg, Jakob Wulfert, Philipp Bräuner
Mitwirkende: Jason Langheim
Basierend auf Material von: sonosphere.org
(gefördert vom Kreativfonds der BUW)

DAS ARCHIV IST TOT

Das Hörstück Das Archiv ist tot spielt mit dem Gedanken der Vergänglichkeit in einer Institution, die sich als Symbol für die Ewigkeit versteht. Ein Archivar erlebt den kompletten Kontrollverlust über sein Archiv. Das Archivwesen tritt in den Hungerstreik, verweigert sich der Fütterung und sein heißgeliebtes Archiv beginnt ein Eigenleben zu entwickeln. Ohne sein Zutun vergeben sich Akten selbstständig Kategorien und Nummern, Bücher sortieren sich eigenhändig um. Der Archivar fühlt seine Autorität schwinden und Entschließt sich zu einem entscheidenden Schritt: Er wird selbst zum Saboteur seiner eigenen Sache und beerdigt sein Archiv.

Hörbar am
Montag, 10. Oktober 2016
auf bauhaus.fm (106,6 ukw)

Projektgruppe: Grit Lieder, Patrick Beyer, Florian Fueger, Konrad Behr, Simone Halder

 

Lehrende:
Prof. Nathalie Singer, Astrid Drechsler, Andreas Feddersen

Basierend auf Material von: sonosphere.org, Archiv der Radiokunst EXPA (www.uni-weimar.de/expa) – gefördert vom Kreativfonds der BUW

Kassiert-Sondersendung live auf bauhaus.fm (106,6 ukw) am Mo, 11. Juli von 21 – 23 Uhr