Das etwas andere Semester #6 – Digitalisierungsschub an der Bauhaus-Universität Weimar
Insgesamt 400.000 Euro zusätzliche Mittel hat die Universitätsleitung für die Digitalisierung in der Bauhaus-Universität Weimar als Reaktion auf die Corona-Pandemie freigegeben. Davon flossen 260.000 Euro in die IT-Infrastruktur. Nach drei Monaten möchten wir Resümee ziehen: Wie ist das Geld eingesetzt worden? Und welche Auswirkungen haben die Maßnahmen auf die einzelnen Gruppen innerhalb der Universität?
»Mit Beginn der Corona-Krise fand ein großer Ansturm auf die IT-Systeme der Bauhaus-Universität Weimar statt«, berichtet der Leiter des Universitätsrechenzentrums (SCC) Hartmut Hotzel. »Von heute auf morgen zogen knapp 100 Arbeitsplatzrechner ins Home-Office um: Das war eine große Herausforderung sowohl für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Nutzerinnen und Nutzer, die nun von zu Hause aus Arbeiten mussten.«
Das Team des SCC reagierte schnell und zuverlässig: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereiteten quasi rund um die Uhr im Schichtdienst Rechner für den Einsatz im Homeoffice vor. Da nicht genügend Notebooks vorhanden bzw. am Markt zu beschaffen waren, wurden teilweise komplette Arbeitsplätze mit Desktop-Rechnern ins Home-Office umgesetzt. Dringende Bestellungen von Headsets, Kameras und anderer Hardware verzögerten sich allerdings krisenbedingt durch Lieferzeiten von teilweise mehr als drei Monaten und verzögern sich noch immer.
Hardware, Software und Anleitungen für das Arbeiten im Home-Office
Doch allein mit der Ausstattung der nötigen Hardware war es nicht getan. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Technik und Verwaltung benötigen Zugriff auf die besonders geschützten Systeme der Universität – und zwar von außen. Also versetzten sich Mitarbeitende der Universitätskommunikation und des Rechenzentrums in die Lage der Kolleginnen und Kollegen im Home-Office und erarbeiteten einen Katalog von Hilfestellungen und Anleitungen zu verschiedensten Themen, wie VPN-Verbindung, Zugriff auf Projektlaufwerke, Bedienung der Telefonsoftware Cisco Jabber und vieles mehr. Auch Informationen zum Datenschutz und zum sicheren Arbeiten von zu Hause aus wurden vom Dezernat Personal und dem Datenschutzbeauftragten erarbeitet und zur Verfügung gestellt. Das SCC entwickelte für alle Dienstaufgaben IT-Lösungen, die einen sicheren Zugriff im Home-Office auf die zentralen Produkte im administrativen Bereich ermöglichen.
Moodle und BigBlueButton – nicht nur für die Lehre
Auch für die Studierenden und Lehrenden der Universität verlagerte sich plötzlich alles in den digitalen Raum, vornehmlich in die Lehr- und Lernplattform »Moodle«. Daher vervierfachte das SCC die Rechenkapazität und den Speicher des Systems innerhalb von sechs Wochen. Noch im Jahr 2019 hatte eine Befragung zu allgemeinen Studienbedingungen und -konzepten ergeben, dass der Funktionsumfang von Moodle nicht ausgeschöpft wurde. Vielmehr diente er im Wesentlichen dazu, Lernmaterialien online bereitzustellen. Laut einer aktuellen Umfrage unter Studierenden und Lehrenden hat sich herauskristallisiert, dass die enthaltenen Funktionen nun umfänglich ausgeschöpft werden – auch dank des eTutoren-Programms und der »Digital Toolbox«.
Insgesamt wurden 64 Studierende von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des eLab im Handling der Plattform Moodle, in Didaktik und in der Produktion von Lehrvideos geschult. Zusätzlich erhielten die studentischen Assistentinnen und Assistenten Schulungen in den Bereichen Urheberrecht und Datenschutz. Mit ihrem neu erworbenen Know-how waren und sind sie eine wertvolle Unterstützung für die Lehrenden an der Bauhaus-Universität Weimar. Die »Digital Toolbox« des eLab unterstützt die Lehrenden mit virtuellen Selbstlernräumen, Tutorials und Tipps dabei, ihre Inhalte, Materialien und Formate in eine digitale Form zu transformieren. In der aktuellen Umfrage lobten die Studierenden vor allen Dingen das Engagement der Lehrenden, das während dieses Prozesses deutlich zu spüren war.
Eine weitere Neuerung im Lern- und Lehralltag ist das Videokonferenzsystem BigBlueButton (BBB). Für Projekt- und Kurstreffen wurde eine Konferenzsoftware benötigt, die sich in die E-Learning-Plattform Moodle integrieren ließ. Ebenfalls wichtig bei der Auswahl war, dass das Open-Source-System datenschutzkonform und auf eigenen Servern betrieben werden kann, um Abhängigkeiten von externen Anbietern zu vermeiden. Auch hier wurde schnell reagiert: Nur sechs Wochen nach dem Startschuss für das Projekt arbeiteten acht Server für Videokonferenzen hinter einem System zur Lastverteilung, sodass auch große Veranstaltungen wie der Hochschulinformationstag oder die Lange Nacht des wissenschaftlichen Schreibens problemlos durchgeführt werden können. Ebenso fand erstmalig und gleich zum Vorlesungsstart eine universitätsweite Online-Projektbörse auf Basis von Moodle und BBB statt. Insgesamt investierte die Universität 260.000 Euro in die IT-Infrastruktur.
Doch nicht nur in der Lehre bestand der Bedarf, sich in virtuellen Räumen zu treffen. Auch Gremiensitzungen und Abteilungsrunden oder einfache Teamabsprachen in den Dezernaten und Fakultäten müssen stattfinden. Der Umweg über einen Moodle-Raum erschien zu aufwendig und kompliziert. Also wurde eine zweite BBB-Instanz mit eigenen Servern aufgebaut. So können die Mitarbeitenden der Universität über meeting.uni-weimar.de unkompliziert eigene Räume anlegen und nutzen. Das System ist momentan so leistungsstark, dass gleichzeitig 1000 Nutzerinnen und Nutzer mit Bild und Ton online sein können. Passiv, also im reinen Präsentationsmodus, sind mehrere tausend gleichzeitige Nutzungen möglich. Bisher ist das System nicht einmal an seine Kapazitätsgrenzen geraten.
Digitaler HIT für Interessierte und digitale Eignungsprüfungen für zukünftige Studierende
Studieninteressierte und Bewerberinnen und Bewerber sind in diesem Jahr ebenfalls mit veränderten Kommunikationskanälen konfrontiert. Nachdem der für Anfang März geplante Hochschulinformationstag (HIT) pandemiebedingt verschoben werden musste, entwickelten die Kolleginnen und Kollegen im Dezernat Studium und Lehre neue Formate. Die Website »Digital orientieren« ging online. Hier können Studieninteressierte weitreichende Informationen rund um ein Studium an der Bauhaus-Universität Weimar abrufen. Darüber hinaus vermitteln virtuelle Rundgänge und Galerien einen Eindruck des Studienortes Weimar.
Zusätzlich wurde ein digitaler HIT konzipiert und Anfang Juli veranstaltet. In Online-Seminaren wurden eigens produzierte Videos über die einzelnen Studiengänge präsentiert und Interessierte konnten im Chat live Fragen stellen. Auch das Studierendenwerk und andere zentrale Einrichtungen der Universität boten eigene Informationsangebote an.
An der Fakultät Kunst und Gestaltung wurden die Eignungsprüfungen in Windeseile in ein digitales Format gebracht. Mappensichtungen und Eignungsprüfungsgespräche vor Ort: Das alles war nicht realisierbar aufgrund der Schließung der Universität für den Publikumsverkehr. Also wurden Webformulare für den Upload der Mappen und Lösungen der Hausaufgaben eingerichtet, riesige Datenmengen für die Kommissionen bewegt und verfügbar gemacht.
Doch die größte Herausforderung stellten die Eignungsprüfungsgespräche dar. Das direkte Gespräch zwischen den Kommissionsmitgliedern und den Bewerberinnen und Bewerbern sowie die Präsentation eigener Arbeiten ist eine der wichtigsten Stationen im Bewerbungsprozess. Auch hier kam BBB zum Einsatz. In speziellen Testräumen konnten sich die Studieninteressierten mit der Plattform vertraut machen, ihre Präsentationen einspielen und sich auf ihre Prüfung vorbereiten. Zusätzlich half ein Videotutorial, in dem die wichtigsten Funktionen vorgestellt wurden.
Herausforderung digitale »summaery2020 remote«
Auch die Jahresschau der Universität wird digital stattfinden. Unter dem Motto »summaery2020 remote« werden ab dem 30. Juli 2020 alle Projektergebnisse des vergangenen akademischen Jahres im Netz präsentiert. Natürlich häufen sich die Anfragen nach Projektwebsites und den Möglichkeiten, die Vielzahl studentischer Arbeiten abzubilden. Um es den Studierenden und Lehrenden zu erleichtern, ihre Inhalte über die Website der Universität zu veröffentlichen, sind in der Universitätskommunikation Videotutorials aufgezeichnet worden, die das Content-Management-System der Universität erklären und jede und jeden in die Lage versetzen, eine Website zu befüllen.
Viele Präsentationskonzepte basieren auf bewegten Bildern: Projekte werden in Videos anschaulich erklärt. Dafür wurde ein neues, datenschutzkonformes Inhaltselement entwickelt, das es erlaubt, Videos über die Plattform »Vimeo« unkompliziert einzubetten. Momentan wird die gewohnte summaery-Website um einige Darstellungsmöglichkeiten erweitert. Auch das Layout wird leicht überarbeitet und weitere Filtermöglichkeiten werden eingebaut, damit sich die Besucherinnen und Besucher der ersten digitalen Jahresschau gut orientieren können und Spaß daran haben, die aktuellen studentischen Arbeiten und Projektergebnisse im virtuellen Raum zu betrachten.
»Alles in Allem ist uns die ›spontane‹ Umstellung von vorwiegend analog auf digital in allen Bereichen der Universität sehr gut gelungen. Daran waren alle Universitätsangehörigen gleichermaßen beteiligt, was zeigt, dass wir gemeinsam solche Krisen durchaus bewältigen können«, bekräftigt Dr. Christian Koch, Vizepräsident für Studium und Lehre und Professor für Intelligentes Technisches Design. »Mit dem Blick nach vorn gilt es nun zu reflektieren und herauszufinden, welche Dinge gut und welche Dinge schlecht funktioniert haben. In technischer Hinsicht, denke ich, sind die meisten von uns nun gut gerüstet. Aus didaktischer Sicht allerdings können wir alle noch viel dazulernen.«