Martin Siegler

Stand: Oktober 2019

Projekttitel 
Lebenszeichen. Mediale Artikulationen menschlicher Existenz.

Projektbeschreibung
Wenn Schiffe sinken, Lawinen niedergehen oder die Erde bebt, richten sich Augen und Ohren nicht selten auf Lebenszeichen: auf Herzschläge in Trümmerfeldern, Klopfzeichen aus Bergwerkschächten, Leuchtfeuer nach Schiffbrüchen oder Funksignale aus Lawinenbergen. Als Lebenszeichen zählen dabei alle Äußerungen, Meldungen und Signale, mit denen sich Menschen in Not vernehmbar machen. Sie deuten darauf hin, dass unter den Trümmern, hinter den Flammen oder inmitten der Wellen noch jemand am Leben ist und Hilfe nötig hat. Verunglückte, Verschüttete und Vermisste sind in solchen Situationen existentiell auf Techniken angewiesen, mit denen Notrufe abgesetzt, Meldungen übermittelt und Signale geortet werden können. Ihr Überleben hängt untrennbar an einem komplexen Geflecht aus materiellen und semiotischen Vermittlungsinstanzen, die ihnen die Artikulation ihrer Notlage ermöglichen. Situationen, in denen es auf Lebenszeichen ankommt, sind demnach immer auch Momente gesteigerter Sensibilität für die jeweiligen medialen Umstände und materiellen Bedingungen menschlichen Daseins.

Anhand des Phänomens Lebenszeichen möchte das Dissertationsprojekt untersuchen, inwiefern menschliches Dasein konstitutiv von medialen Operationen und Medientechniken abhängt. Menschliche Existenz in Not- und Katastrophenfällen, so die leitende These, ist immer schon mediale Existenz, also maßgeblich bestimmt, vermittelt und ermöglicht durch konkrete Techniken der Wahrnehmung, Übertragung und Verortung. Lebenszeichen erfordern deshalb eine radikal mediengebundene Bestimmung des Menschlichen. Sie eignen sich in besonderem Maße, um Verhältnisse von Menschen und Medien unter prekären Vorzeichen zu erforschen und so die existentielle Grundierung der Mensch-Medien-Beziehung ans Licht zu bringen.

Forschungsschwerpunkte

  • Medien des (Über)Lebens und der Existenz
  • Theorien der Dinge und Materialien
  • Akteur-Netzwerk Theorie (ANT) und Science and Technologies Studies (STS)
  • Film- und Medienphilosophie
  • Figuren und Semantiken des Medialen 

Vita

06/2016
Teilnahme an der Princeton-Weimar Summer School for Media Studies 2016 „Start Making Sense? The Question of Interpretation under the Condition of Technology’s Ongoing Provocation“, Princeton University, New Jersey, USA.

Seit 2015
Promotionsstipendiat am ProExzellenz-Programm Kompetenzzentrum Medienanthropologie (KOMA) der Bauhaus-Universität Weimar.

Seit 2014
Wissenschaftliche Hilfskraft bei der DFG-Forschergruppe Medien und Mimesis.

2014–2015
Rechercheassistent am Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin für die Ausstellung „Ape Culture“ (kuratiert von Anselm Franke und Hila Peleg).

2014
Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl Mediale Historiographien der Bauhaus Universität Weimar (Prof. Dr. Stephan Gregory).

2013–2015
Redaktionsassistent bei der Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung (ZMK) und Wissenschaftliche Hilfskraft am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie (IKKM) in Weimar.

2013
Forschungsstipendiat des DFG-Graduiertenkollegs Mediale Historiographien (Erfurt, Weimar, Jena).

2012–2015
Redakteur bei „eject – Zeitschrift für Medienkultur“.

2012–2014
Masterstudium der Kulturwissenschaftlichen Medienforschung an der Bauhaus-Universität Weimar. Titel der Abschlussarbeit: „Emergente Objekte. Existenzweisen von Notfalldingen.“

2010–2012
Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Publizistik der Johannes-Gutenberg Universität Mainz. 

2009–2012
Bachelorstudium der Filmwissenschaft, Theaterwissenschaft, Kulturanthropologie sowie der Publizistikwissenschaft an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz.

Publikationen

Herausgaben

  • (Hg.): Das Mitsein der Medien. Prekäre Koexistenzen von Menschen, Maschinen und Algorithmen, Paderborn: Wilhelm Fink (gemeinsam mit Johannes Bennke, Johanna Seifert und Christina Terberl) [im Erscheinen, Herbst 2018]

Aufsätze / Essays

  • „Vulkanbeobachtungen. Sensorische Medien und geologische Lebenszeichen.“, in: Schneider, Birgt/Zemanek, Evi (Hrsg.): Spürtechniken. Von der Wahrnehmung der Natur zur Natur als Medium, Sonderheft der Zeitschrift Medienobservationen [im Erscheinen].
  •  „Überlebensabschnittsgefährten. Der Third Man-Effekt und die unsichtbaren Bedingungen der Existenz“, in: Lorenz Engell und Christiane Voss (Hg.): Medienanthropologische Szenen. Paderborn: Wilhelm Fink 2019.
  • „Das Mitsein der Medien. Einleitung.“, in: Bennke, Johannes/Seifert, Johanna/Siegler, Martin/Terberl, Christina (Hrsg.): Das Mitsein der Medien. Prekäre Koexistenzen von Menschen, Maschinen und Algorithmen. Paderborn: Wilhelm Fink 2018, S. 27-58. (mit Johannes Bennke und Johanna Seifert).
  • „Media Turns. Kinematographische Pirouetten in Black Swan“, in: nach dem film. Schwerpunkt: Tanz und Film, https://nachdemfilm.de/issues/text/media-turns, 2018.
  • „Von der Existenz zur Assistenz. Akteure und Techniken des Beiseins,“ in: Peter Biniok und Eric Lettkemann (Hg.): Assistive Gesellschaft. Wiesbaden: Springer VS 2017, S. 59-76.
  • „Things in Cases. Zur Existenzweise von Notfallobjekten.“, in: Christina Bartz et al. (Hg.): Gehäuse. Mediale Einkapselungen. Paderborn: Wilhelm Fink 2017, S. 291-306.
  • „Echo und Erwiderung. Widerstände der Stimme im politischen Sprechen“, in: eject – Zeitschrift für Medienkultur, 3 (2013), S. 72-77. 
  • „Tab, Cap und Pad. Die Poesie der Auflösung“, in: Die Epilog – Zeitschrift zum Gesellschaftswandel, 2 (2013), S. 101-105. Zugleich erschienen in: Mediendenken. Der medienwissenschaftliche Blog der Bauhaus-Universität Weimar, URL: http://www.uni-weimar.de/projekte/mediendenken/wp-content/uploads/2013/06/Siegler_Tab-Cap-Pad.pdf [Stand: 03.07.18]

Rezensionen / Tagungsberichte

 

Vorträge

  • „Staying in Touch. Safety Checks als Medien der Verunsicherung“, Vortrag auf der Tagung Dis(s)-Connect an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz, 24.-26. April 2019. 
  • „Leben am Monitor. Die Vitalfunktionen der Medien“, im Rahmen des Seminars „Medien der Überwachung“ auf Einladung von Prof. Dr. Gabriele Schabacher an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz, 6. Juni 2018.
  • „Emissionen spüren. Für eine Ökologie des Ausgestoßenen“, Vortrag auf der Tagung „Spürtechniken. Von der Wahrnehmung der Natur zur Natur als Medien“ an der Universität Potsdam, 24-26. Mai 2018.
  • „Pyrotechniken der Existenz. Lebenszeichen als elementare Medien“, Vortrag bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft an der Friedrich-Alexander Universität Nürnberg-Erlangen, 4.-7. Oktober 2017.

  • „Who is the third who always walks beside you? Der Third Man-Faktor und die Verschiebung des Menschlichen“, Vortrag bei der Tagung „Medienanthropologische Szenen“ der AG Medienphilosophie der Gesellschaft für Medienwissenschaft an der Bauhaus-Universität Weimar, 7.-9. Juli 2016.

  • „Apes in question(s)“,  Beitrag zur Projektwoche „Tier-Wissen-Ausstellen. Strategien der Zusammenführung wissenschaftlicher und kuratorischer Praxis. Eine interdisziplinäre Konferenz“, im Rahmen des Projekts „Eine Woche ZEIT“ der Alfred-Toepfler-Stiftung und des ZEIT-Verlags, Gut Siggen, 14.-20. September 2015.

  • „Things in cases. Notfalldinge und die Gehäuse der Emergenz“, Vortrag bei der Tagung „Gehäuse – Mediale Einkapselungen“ des Instituts für Medienwissenschaften der Universität Paderborn und des DFG-Graduiertenkollegs „Automatismen“, 21.-23. Mai 2015.

  • „Medien-Entfernung. Stage Diving und der Traum von der getilgten Mitte“, Vortrag bei der Masterstudierendentagung „gegen:medien.“ an der Bauhaus-Universität Weimar, 12. Juli 2013.

  • „Carnifakte. Fleisch und Fleischersatz im Hyperrealismus“, Vortrag beim Workshop „Hyperrealismus im Film“ am Institut für Filmwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, 23. November 2012.

Veranstaltungen und Ausstellungen

  • Konzeption und Organisation des experimentellen Workshops „Table talks/Tischgespräche“ im Rahmen des Kultursymposiums „Teilen und Tauschen“ des Goethe-Instituts, Weimar, 2. Juni 2016 (gemeinsam mit Johannes Bennke und Susanne Wagner).

  • Recherche und Texte für die Ausstellung „Ape Culture“ (kuratiert von Anselm Franke und Hila Peleg) am HKW – Haus der Kulturen der Welt, Berlin, 2015.

  • Konzeption und Organisation der Tagung „medien enden. Zäsuren kulturwissenschaftlicher Medienforschung“ des Masterstudiengangs Medienwissenschaft an der Bauhaus-Universität Weimar, 2014.

 Lehre

  • Sommersemester 2018: Seminar „Nebenfiguren. Akteure am Rand der Szene“ im B.A. Kultur, Theater Film der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
  • Wintersemester 2017/18: Seminar „Art & Agency – Die ANT und die Künste“ im B.A. Medienkultur der Bauhaus-Universität Weimar.
  • Wintersemester 2015/16: Lehreinheit im Plenum „Medienanthropologie“ (Prof. Dr. Christiane Voss) zum Thema „Lebenszeichen“ im M.A. Medienwissenschaft der Bauhaus-Universität Weimar.