Inga Schlichting - Deutsche Bahn InfraGo

Inga Schlichting gab einen Einblick in die aktuellen Herausforderungen und strategischen Neuausrichtungen der Deutschen Bahn bei der Gestaltung von Bahnhöfen als Mobilitätsdrehscheiben. Ihre Perspektive unterscheidet sich bewusst von einer rein infrastrukturellen Betrachtung und stellt den Menschen und seine Mobilitätsbedürfnisse in den Mittelpunkt.

Die Deutsche Bahn unterscheidet heute vier verschiedene Produktlinien bei ihren 5.400 Bahnhöfen: 18 Großstadtbahnhöfe, Knotenbahnhöfe, Zubringerbahnhöfe und 4.500 kleine und ländliche Bahnhöfe. Lange Zeit flossen Investitionen fast ausschließlich in die großen Bahnhöfe, während die Masse der kleinen Bahnhöfe vernachlässigt wurde. Diese Strategie erwies sich als kontraproduktiv, da Menschen, die bereits in der Fläche das Auto dem Zug vorziehen, auch für längere Strecken bei dieser Verkehrsmittelwahl bleiben. Die Bahnreform vor 25 Jahren führte außerdem dazu, dass Empfangsgebäude aus der Infrastruktur ausgegliedert, verkauft und oft vernachlässigt wurden.

Ein entscheidender Wendepunkt kam durch systematische Kundenzufriedenheitsumfragen, die quartalsweise an denselben Bahnhöfen durchgeführt werden. Diese zeigten, dass Faktoren wie Sicherheit, Sauberkeit, Gestaltung und Ausstattung entscheidend für die Wahrnehmung sind.

Diese Erkenntnisse führten zu einer neuen strategischen Ausrichtung, die auf drei Säulen basiert. Die erste Säule ist die Attraktivität und Gestaltung, mit dem Ziel, die historische Substanz freizulegen und die Wartequalität durch räumliche Gestaltung und Möbel aufzuwerten. Die zweite Säule ist das Kapazitätsmanagement, das durch Digitalisierung und intelligente Verkehrsflussoptimierung die reisenden Massen besser verteilt. Die dritte Säule umfasst Anschlussmobilität und Vorplätze. Da in Deutschland weniger als 10% der Bahnreisenden mit dem Fahrrad zum Bahnhof kommen, geht es darum, die Integration von Fahrrad und Bahn zu fördern. Modulare Lösungen wie Sammelschließanlagen für Fahrräder, Fahrrad-Service-Stationen oder Mobilitäts-Hubs, stehen den Kommunen zur Verfügung.

Um den verbliebenen Bestand an Bahnhofsgebäude wiederzubeleben, setzt die Bahn heute auf innovative Nutzungskonzepte wie kommunale Büros, Mitarbeiterwohnungen, sowie Mikrologistik mit Paketstationen und Smart Lockern, die den Bahnhof stärker in den Alltag integrieren.