Banner Beziehungskisten

Vortragende

Herbert Fitzek

Dinge sind asozial!?

Dass Dinge asozial sind (also wörtlich abseits sozialer Dimensionen), folgt zweifelsfrei aus ihrer Definition als den sozialen Wesen sprichwörtlich gegenüber stehende materielle „Gegen-Ständlichkeit”. Die Behauptung ist andererseits absurd, weil Soziales sich, entwicklungsgeschichtlich gesehen, überhaupt erst aus dem Umgang mit Gegenständlichem konstituiert. Paradoxien wie diese fordern die Psychologie heraus, die Erfahrungen der Menschen mit der materiellen Welt zu sichten und die Spiel- und Wirkräume im Umgang mit bestimmten Gegenständen der Lebenswelt empirisch zu erforschen. Dabei kommen außer SchriftstellerInnen, PhilosophInnen, PsychologInnen und zahlreichen InterviewpartnerInnen auch Holzspulen, Knöpfe, Uhrketten, Plastiktüten, E-Books und Möbel zur Sprache.

Bild zum Abstract
© Christof Klute

Herbert Fitzek ist Professor für Wirtschafts- und Kulturpsychologie und Prorektor für Forschung an der BSP Business School Berlin Potsdam. Seine Lehr- und Forschungsgebiete umfassen u. a. die Kulturpsychologie und Alltagsästhetik, Gestalt- und Wirtschaftspsychologie sowie die Wissenschaftstheorie und Methodenlehre. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Artikel. Sein aktuelles Buch Zum Stand der Dinge (2015, mit Andreas Marlovits) zeigt, wie Beobachtungen des menschlichen Umgangs mit den Gegenständen, ihres Vorhandenseins in Räumen, zu prognostizierbarem Verhalten führen können.

Kathrina Dankl

Shared Medical Decision Making – Der Versuch, Entscheidungen greifbar zu machen

Shared Decision Making (SDM) prägt die Debatte um Partizipation im Gesundheitsbereich und drückt den Wunsch nach mehr PatientInnen-Teilhabe aus. In diesem Zusammenhang  werden historische Entwicklungslinien zwischen Design by People und Healthcare by People sichtbar, die SDM zu einem prototypischen Co-Creation-Projekt machen. Während traditionell das gesprochene Wort im Fokus von Arzt-Patientengesprächen steht, versprechen Decision Tools die ephemere Information greifbar zu machen und damit die Basis für eine gemeinsame Entscheidungsfindung zu legen. Der Vortrag stellt Zugänge zu Shared Decision Making vor, entstanden in der Zusammenarbeit zwischen der Design School Kolding Denmark und der Lillebaelt Hospital Group. Die Tools, meist Informationsträger, strukturieren die zwischenmenschliche Beziehung zwischen ÄrztInnen, PatientenInnen, Pflegepersonal und Angehörigen. Das Decision Tool als „Ding” lenkt damit systemimmanente Schwächen im Gesundheitssystem wie Zeitmangel, Hierarchien im Krankenhaus, tradierte Rollenzuschreibungen für ÄrztInnen und PatientInnen oder Ausbildungsschwerpunkte im medizinischen Bereich. Das Tool ist damit auch Ausdruck einer neuen, egalitären Kultur im Gesundheitsbereich und ermöglicht diese erst.

Bild für Abstract
© Kathrina Dankl

Kathrina Dankl studierte Industrial Design an der FH Joanneum in Graz und schloss 2011 ein Doktorat in Design Anthropologie an der Universität für angewandte Kunst Wien ab. Seit 2014 lehrt und forscht sie an der Design School Kolding in Dänemark als Assistant Professor für Welfare Design and Wellbeing. Ihre Forschungsschwerpunkte inkludieren Shared Medical Decision Making, Design Diversity, partizipatorisches Design und Designpädagogik. Dazu kommen Publikationen in internationalen Journalen wie Space and Culture, The Design Journal, und in Sammelbänden wie Design Anthropology: Object Culture in the 21st Century (2010, Hg. Clarke) und Design Diversity: Produktkultur abseits von Beige, Best und Gold (2014, Hg. Dankl). 

Anamaria Depner

Von diskreten Dingen und aufsässigen Artefakten – Zur Mensch-Ding-Mensch-Beziehung in Pflegesettings

Der Osnabrücker Pflegewissenschaftler Hartmut Remmers versteht Pflege – sei sie nun „eine professionelle oder informelle Leistung” (Remmers 2011: 27) – als durch eine „leibliche Gegenseitigkeit” charakterisierte „Beziehungsarbeit” (ebd.). Dabei bezieht er sich auf Plessners Unterscheidung zwischen „Körper haben” und „Leib sein”, wonach der Körper als ein materiales Objekt verstanden wird, während der Leib als Erlebtes konzipiert wird (Fuchs 2015: 147ff.). Doch in Pflegesettings spielen bei weitem mehr materiale Objekte als der gepflegte Körper eine wichtige Rolle. Einige dieser Dinge sind speziell für die Pflege konzipiert; in ihnen werden unterschiedliches Wissen aber auch beispielsweise normative Vorstellungen materialisiert. Andere werden erst durch die Handlungen und das Beziehungsgefüge „Pflegende(r) – Gepflegte(r)” zu „Pflegedingen”, wiederum andere „schleichen” sich unbemerkt in die Pflegesettings ein. Allen ist eines gemeinsam: Sie sind relevanter und einflussreicher Bestandteil der „Beziehungsarbeit Pflege” und konstituieren diese mit. Der projektierte Beitrag widmet sich entsprechend des Tagungsthemas den Logiken von Mensch-Ding-Mensch-Beziehung in Pflegesettings. 

Bild für Abstract
© Anamaria Depner

Anamaria Depner ist seit 2014 als akademische Mitarbeiterin am Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg tätig. Sie forscht sowohl im BMBF-geförderten, interdisziplinären Grundlageforschungsprojekt Die Pflege der Dinge – die Bedeutung von Objekten in Geschichte und gegenwärtiger Praxis der Pflege als auch im anwendungsorientierten Verbundprojekt I-Care – Individuelle Aktivierung für Menschen mit Demenz (ebenfalls BMBF-gefördert). Sie hat ein Magisterstudium in Europäischer Ethnologie/Volkskunde absolviert und 2014 in Ethnologie an der Universität  Frankfurt/Main mit einer Arbeit im Bereich materieller Kultur promoviert. Der Titel der dazugehörenden Veröffentlichung lautet: Dinge in Bewegung – Zum Rollenwandel materieller Objekte: Eine ethnographische Studie über den Umzug ins Altenheim.

Alexander Hagner

Beziehungskiste Memobil und andere soziale Objekte

Gemeinsames Nutzen von Dingen intensiviert die Beziehungen zwischen Menschen – basierend auf dieser Erfahrung und ausgerichtet auf dieses Ziel, entstanden in den letzten Jahren die Projekte von gaupenraub+/-. Eines davon ist das Memobil, ein Kommunikationsmöbel für Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und das Pflegepersonal. Das Möbel unterstützt die Kontaktaufnahme indem es hilft, über Dinge Erinnerungen aus dem Langzeitgedächtnis aufzurufen. Am Beispiel dieses Möbels berichtet der Vortrag über den intensiven kooperativen Recherche- und Diskussionsprozess, der dem Formgebungsprozess voraus ging, sowie über die Aufgabe, Attribute für das zwischenmenschliche Erkennen und Erleben zu finden und diese als Werkzeuge für das entsprechende Produktdesign zu erschließen. Von diesem Beispiel aus spannt der Vortrag einen Bogen zu weiteren Projekten von gaupenraub+/-, in denen die Gestaltung und Schaffung von Gemeinsamkeit auch in Relation zu aktuell viel diskutierten Fragen ökonomischer Rationalisierung und Effizienz gesetzt wird.

Bild zum Abstract
© Marco Rossi und section.a

Alexander Hagner gründete mit Ulrike Schartner 1999 das Wiener Architekturbüro gaupenraub+/-. Neben ihren ungewöhnlichen Projekten, wie dem 2010 gebauten Eiermuseum für den Bildhauer Wander Bertoni, finden vor allem ihre realisierten Arbeiten für benachteiligte Menschen wie die Notschlafstelle VinziRast (2004), das Memobil (2012), ein Möbel für Demenzkranke oder die VinziRast-mittendrin (2013), ein Gebäude für das Zusammenleben von obdachlosen Menschen und Studierenden sowie die kürzlich fertiggestellte Wohngemeinschaft für Flüchtlinge VinziRast HOME internationale Beachtung. Parallel übernimmt Hagner seit 20 Jahren externe Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen und ist seit 2015 Gastprofessor an der TU Wien. Im Herbst 2016 startete Hagner die Stiftungsprofessur für soziales Bauen an der Architekturfakultät der FH Kärnten. 

Peter-Paul Verbeek

Socializing Materiality – Mediation Theory and the Social Life of Things

How to understand the social role of things? In fields like material culture studies, design studies, and philosophy of technology this has been a central question for several decades now. Recent technological developments urge us to expand these frameworks, though. Developments like Ambient Intelligence and the Internet of Things result in an increasingly ‘environmental’ role of things. And developments in social robotics and artificial intelligence are introducing new categories of ‘social things’. In this lecture I will investigate how we can conceptualize these new types of artifacts as ‘social things’. First, I will address how they challenge existing frameworks for understanding human-technology relations. Second, I will argue that the ‘mediation approach’ – which sees things as mediators of agency and perception, rather than being social actors themselves – can offer an insightful framework to understand these new human-thing relations. Third, I will expand this approach toward the mediation of social relations. Drawing upon Merleau-Ponty’s concepts of the ‘chiasm’ (interpersonal relations are based upon reciprocity: touch implies being touched) and the ‘flesh’ (interpersonal relations presuppose a shared corporal reality of our selves), I will develop an expanded ‘postphenomenological’ account of the social dimension of materiality.

Bild zum Abstract
© Peter-Paul Verbeek

Peter-Paul Verbeek is full professor of philosophy of technology, vice dean of the Faculty of Behavioural, Management and Social Sciences, and co-director of the DesignLab of the University of Twente, The Netherlands. His research focuses on the philosophy of human-technology relations and aims to contribute to philosophical theory, ethical reflection, and practices of design and innovation. His publications include Moralizing Technology: Understanding and Designing the Morality of Things (2011) and What Things Do: Philosophical Reflections on Technology, Agency, and Design (2005).

Judith Seng

Choreografien des Alltags – oder kann die Gestaltungsdisziplin von den performativen Künsten lernen?

Betrachten wir alltägliche Prozesse als gestaltbare Choreografie, so offenbart sich eine Vielfalt an materiellen und immateriellen „Gestaltungsmaterialien”, die interagieren und sich gegenseitig bedingen: Menschen, Dinge, Räume, Atmosphären, Interaktionen, Narrationen, Regeln; aber auch die jeweils individuelle Agenda dieser Akteure, ihre Körperlichkeit, ihr Begehren, ihre Befindlichkeit und vieles mehr. Wie könnten Formate der Gestaltung aussehen, die materielle und immaterielle Akteure integrieren und in ihrem Zusammenspiel sichtbar, erfahrbar und gestaltbar (vs. planbar, verwaltbar) machen? In ihrem Vortrag berichtet Judith Seng von ihrer eigenen Arbeit sowie aus der Lehre an verschiedenen Kunsthochschulen. Sie stellt experimentelle Produktionssettings sowie performative Gestaltungsmethoden vor, mittels derer sie praktisch der Frage nachgeht, wie die Gestaltungsdisziplin von den performativen Künsten lernen kann.

Bild zum Abstract
© judith seng studio

Judith Seng ist Designerin. Ihr Fokus liegt auf der Erforschung und Gestaltung von Objekten, Räumen und Prozessen in ihrem Zusammenspiel. Sie betreibt ihr eigenes Studio in Berlin und ist derzeit Professorin an der HDK Academy of Design and Crafts in Göteborg, Schweden. Ihre Arbeiten werden international ausgestellt und diskutiert. Als Fellow der Graduiertenschule für Künste und Wissenschaften der Universität der Künste Berlin initiierte sie die fortlaufende Projektreihe Acting Things, die u. a. im HAU Berlin und auf der Design Miami/Basel gezeigt wurde. Sie war Stipendiatin des Villa Kamogawa Goethe-Institut in Kyoto, Japan, leitete die Prozess- und Designentwicklung des disziplinübergreifenden Forschungsprojekts Design Reaktor Berlin an der Universität der Künste Berlin und war Vertretungsprofessorin an den Kunsthochschulen Kassel sowie Burg Giebichenstein in Halle.

Albena Yaneva

Things That Make Us Move – Design and the New Regime of ‘Social’ and ‘Political’

How can a building, a bridge, a key, or a chair generate relational and political effects? What does an atrium do? How do material arrangements matter socially and politically? How can the design of a lecture theatre stimulate thinking? How can mundane activities as simple as climbing stairs or taking the elevator have social effects? To tackle these questions we need to embrace a dynamic view of design. There is no politics behind a bridge, no society behind an atrium; rather the ‘social’ and the ‘political’ are emergent; they are to be witnessed as we interact with, stroll through, use, and let ourselves be guided by mundane architectural artifacts or infrastructures. Exploring ethnographically a university building as a relational, social, and political site, I illustrate how its material arrangement mediates everyday relationships and makes political and social life possible. We witness how design becomes ‘social’ and ‘political’ through the connected agency of things and a variety of dwellers with different ontology.

Bild zum Abstract
© Hufton Crow

Albena Yaneva is professor of architectural theory and director of the Manchester Architecture Research Centre (MARC) at the University of Manchester, United Kingdom. She has been visiting professor at Princeton School of Architecture and Parsons. Her research is intrinsically transdisciplinary and crosses the boundaries of science studies, cognitive anthropology, architectural theory, and political philosophy. She is the author of several books, The Making of a Building (2009), Made by the OMA: An Ethnography of Design (2009), Mapping Controversies in Architecture (2012), Five Ways to Make Architecture Political: An Introduction to the Politics of Design Practice (forthcoming), and editor (with Alejandro Zaera-Polo) of What is Cosmopolitical Design? (2015). Her work has been translated into German, Italian, Spanish, French, Portuguese, and Thai. Yaneva is a recipient of the RIBA President’s Award for Outstanding Research (2010).    

Adam Drazin

Sense and Sensation – The Material Politics of Openness in Post-Cosmopolitan Homes

This paper examines the sensations of Irish-Romanian homes in Dublin among people in a range of insecure positions, as regards residency and working permits, based on research from 2004 to 2008. People experienced their homes as somehow hyper-sensitized. The sensory qualities of temperature, moisture, and the flow of air were immensely significant, and the properties of many material spaces of habitation seemed to be changing or in flux. This quite specific construction and experience of domesticity is counterpoised against a background of the cultural value of openness and contrasting cultures of openness in different parts of Europe. Openness is a quality celebrated both generally in the Irish population and also among Romanians, but in different ways. Hence, what openness means for an Irish-Romanian – likely born in Romania and now living in Ireland – is contested and a locus of tension. The capacity to perform openness here depends on the right kind of material context and relates closely to the home. Lastly, the paper considers the implications for aspirations toward an ‘open society’ in a post-cosmopolitan, perhaps post-open Europe. 

Bild zum Abstract
© Adam Drazin

Adam Drazin is an anthropology lecturer at University College London, where he coordinates the MA in Materials.Anthropology.Design. His two main current research interests are design anthropology and the Romanian home. He has worked in the past as a design anthropologist for HP Labs and Intel Ireland and taught anthropology courses at different universities and design schools. His work has been published in books and journals, including Ethnos, Home Cultures, and the Journal of Design History. He recently edited, with Susanne Küchler, the volume The Social Life of Materials (2015) about anthropological and ethnographic approaches to materials and material innovation.    

Annette Geiger

Geschmacksbeziehung – Über den Gemeinsinn im Design

Daniel Millers Buch Der Trost der Dinge (2008) beschreibt gelungen wie Menschen zu Dingen Beziehung aufnehmen müssen, um ein gutes Leben zu führen. Doch vernachlässigt diese kulturanthropologische Sicht die Ästhetik der Dinge: Als gute Begleiter des Menschen erweisen sich nur Dinge, die nicht nach Aussehen und Geschmack bewertet werden. In der Designästhetik hingegen gehe die soziale Funktion der Dinge verloren, da es Geschmacksmustern zu gehorchen gilt. Mein Rückblick in die Designgeschichte zeichnet jedoch ein anderes Bild: Der Geschmacksbegriff hatte sich um 1800 herausgebildet, um durch Designkultur neue gesellschaftliche Beziehungen zu stiften. Als ästhetische Praxis ohne Wissensdiskurs sollte das Geschmacksempfinden eine Verbindung herstellen zwischen individuellem Wahrnehmen und Gemeinsinn. So lässt sich Kants sensus communis als Designtheorie einer kollektiven Einbildungskraft lesen. Am Leitbild der Leere bzw. des ornamentlosen Wohnens möchte ich zeigen, wie sich die Geschmacksfunktion vom Biedermeier zum heutigen Loft Living als Beziehungsmodell entwickelt hat.

Bild zum Abstract
© gemeinfrei

Annette Geiger ist Professorin für Designgeschichte an der Hochschule für Künste Bremen. Sie studierte Kunst- und Kulturwissenschaften in Berlin, Grenoble und Paris. Ihre Dissertation Urbild und fotografischer Blick zur Bildtheorie im 18. Jahrhundert erschien 2004. Seither forscht sie zu Themen zwischen Kunst, Design und Alltag, insbesondere zu einer Ikonographie der Gestaltung. Publikationen sind u. a.: Kunst und Design: Eine Affäre (2012, Hg. mit M. Glasmeier), Coolness: Zur Ästhetik einer Attitüde
(2010, Hg. mit Ä. Söll, G. Schröder), Imaginäre Architekturen – Raum und Stadt als Vorstellung (2006, Hg. mit S. Hennecke), Spielarten des Organischen in Architektur, Design und Kunst (2005, Hg. mit S. Hennecke).

Martina Fineder

Von gemeinsam genutzten Dingen zu einer Ästhetik des Kollektiven

Das gemeinsame Nutzen von Dingen hat in den aktuellen Nachhaltigkeitsdebatten eine durchwegs positive Konnotation – aus ökonomischer, ökologischer und sozialer Perspektive. Während die ökonomische und ökologische Perspektive dabei auf die Schonung von Ressourcen (Geld und Bodenschätze etwa) abzielen, ist hingegen aus sozialer Perspektive die kollektive Nutzung von Dingen spätestens seit den 1970er Jahren auch ein Mittel gegen soziale Probleme wie Entfremdung und Vereinsamung. Inwieweit haben gemeinschaftlich genutzte Dinge aber eine besonders beziehungsstiftende Wirkung? Wie wird diese manifest? Dieser Vortrag trägt durch eine (Auto-)Ethnographie in einer Hausgemeinschaft von 18 Personen zur Beantwortung dieser Fragen bei. Konkret gefragt wird nach der ästhetischen Rolle von Dingen für die Entwicklung und Gestaltung von Beziehungen durch gemeinschaftliches Nutzen. Dabei wird nachvollziehbar, wie der Gemeinschaftshaushalt durch stetiges Ausdifferenzieren und Abgleichen unterschiedlicher Lebens- und Beziehungsvorstellungen ein eigenes ästhetisches System herausbildet. Anhand dieses Beispiels werden erste Überlegungen zu einer „Ästhetik des Kollektiven” formuliert, die für die Designpraxis fruchtbar gemacht werden können.

Bild zum Abstract
© Martina Fineder

Martina Fineder ist Design- und Kulturwissenschaftlerin und Kuratorin. Sie war Gastprofessorin für Geschichte und Theorie des Design an der Bauhaus-Universität Weimar und forschte und lehrte u. a. an der Universität für angewandte Kunst Wien und der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie ist Mitinitiatorin der Victor J. Papanek Foundation sowie Mitherausgeberin der deutschen Fassung von Papaneks Hauptwerk Design für die reale Welt (2009). Als Kuratorin arbeitet sie für Institutionen wie das Museum für angewandte Kunst Wien oder das Neue Museum Nürnberg. Zu ihren aktuellen Publikationen zählen Nomadic Furniture 3.0 – Neues befreites Wohnen? (2016, mit Th. Geisler und S. Hackenschmidt) und WEtransFORM – Kunst und Design zu den Grenzen des Wachstums (2016, Hg. mit Eva Kraus).    

Jan Willmann (Moderation)

Jan Willmann ist Juniorprofessor für Theorie und Geschichte des Design an der Bauhaus-Universität Weimar.

Esther Cleven (Moderation)

Esther Cleven ist Kustodin für angewandte Kunst und Design bei der Klassik Stiftung Weimar.

Johannes Lang (Konzeption und Organisation)

Johannes Lang ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Theorie und Geschichte der Kunst der Bauhaus-Universität Weimar. Er studierte Philosophie und Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin, der University of Leicester und der Universität Potsdam. Von 2011 bis 2014 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Sonderforschungsbereich 626 Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste, wo er ein Forschungsprojekt zur Ästhetik des ökologischen Produktdesigns bearbeitete, dessen Ergebnisse in dem Buch Prozessästhetik. Eine ästhetische Erfahrungstheorie des ökologischen Designs im Birkhäuser Verlag erschienen sind. Gegenwärtig lehrt er schwerpunktmäßig Designtheorie an der Bauhaus-Universität Weimar und arbeitet an seiner Promotion zu den Paradigmen der Designästhetik.