Tagungsprogramm

Tagungsort: Ehemaliges Palais Dürckheim, Cranachstraße 47, Weimar

Die Vorträge von Anna Tuschling und Jan-Henrik Möller müssen leider entfallen!

 

DONNERSTAG, 7. Juli 2016

13:30 – 14:00: Christiane Voss und Lorenz Engell: Einführung

14:00 – 14:45: Christine Blättler: Vom Szenenrand

KAFFEEPAUSE

15:00 – 15:45: Rainer Leschke: Die mediale Vorsehung des Menschen. Oder: Der Mensch ist auch bloß eine Form

15:45 - 16:30:Astrid Deuber-Mankowsky: Medienanthropologie und New Materialisms 

KAFFEPAUSE

16:45 – 17:30: Johanna Seifert: Technikkörper – Körpertechniken. Überlegungen zum neurotechnischen Eingriff in den menschlichen Körper

17:30 – 18:15: Leander Scholz: Politische Biomimesis im 19. Jahrhundert

 

FREITAG, 8. Juli 2016

10:15 – 11:00: Eva Schürmann: Was geschah in Marienbad? Raumfluchten und Zeitsprünge von Gedächtnis und Imagination 

11:00 – 11:45: Nicolas Oxen: Das sensorische Bild. Instabile Wahrnehmungsrelationen im Kino von Philippe Grandrieux

KAFFEEPAUSE

12:00 – 12:45: Philipp Stoellger: Göttliche Szenarien. Oder: Wenn einem Gott eine Szene macht

12:45 – 13:30:Martin Siegler: ›Who is the third who always walks beside you?‹ . Der Third Man-Faktor und die Verschiebung des Menschlichen

MITTAGSPAUSE

14:45 – 15:30: Ivo Ritzer: Sahara Blues. Zur Auditivität medienanthropologischer Szenen zwischen Oralität und Aufschreibesystemen

15:30 – 16:00: Treffen der AG Medienphilosophie

 

SAMSTAG, 9. Juli 2016

10:15 – 11:00: Julian Jochmaring: Streuen/Strahlen. Merleau-Pontys situative Anthropologie

KAFFEEPAUSE

11:15 – 12:00: Reinhold Görling: Psychoanalyse als Medienanthropologie

12:00 – 12:45: Insa Härtel: Ding-Austausch. Überlegungen zum „Messie“ im TV-Format

Christine Blättler: Vom Szenenrand

Anthropozentrismuskritische Stoßrichtungen haben sich seit dem einst formulierten ‚Ende des Menschen’ verändert. Handelte es sich einst darum, mit einer Spitze gegen Humanismus für sich reklamierende Positionen die Menschen dezentrierenden strukturellen Veränderungen theoretisch entsprechend zu reflektieren, soll nun gerade umgekehrt im Zeichen ökologischer Überlegungen einer vorausgesetzten menschlichen Verfügungsgewalt Einhalt geboten werden. Der Vortrag geht vom common sense der gegenwärtigen Kritik aus und fragt mit Christiane Voss danach, warum denn Anthropozentrismus überhaupt vermieden werden soll.

7. Juli 2016 | Donnerstag | 14:00 – 14:45 Uhr |

Rainer Leschke: Die mediale Vorsehung des Menschen. Oder: Der Mensch ist auch bloß eine Form

Dass ein anthropologischer Impuls zur Grundausstattung ‚kleiner‘ Philosophien wie der Ästhetik, der Technikphilosophie und eben der Medienphilosophie gehört, ist einigermaßen evident: Die Ideen vom medial aufgerüsteten Menschen oder wenigstens seiner entscheidenden Teile durchziehen genauso gut euphorische wie apokalyptische medienwissenschaftliche Spekulationen. Doch ebenso schnell, wie er entstanden ist, verflüchtigt sich dieser spekulative Überschuss auch wieder. Insofern stellt sich nach derartigen epistemologischen Episoden die Frage, ob anthropologische Reflexionen auch nach dem Versiegen solcher spekulativen Phantasien noch einen systematischen Ort in der Medienwissenschaft behaupten können.

7. Juli 2016 | Donnerstag | 15:00 – 15:45 Uhr |

[ENTFÄLLT!] Anna Tuschling: Zur Geschichte des anthropologischen Maßstabs. Anthropozentrismus als Technik von Ernst Kapp bis hin zu IBMs Watson

Ernst Kapps frühe Technikphilosophie basiert auf der Methode des anthropologischen Maßstabs, die bislang als solche kaum diskutiert wurde. Anthropozentrismus wird damit über die normative Ebene hinaus zu einer Technik im methodischen Sinne. In kritisch-würdigender Absicht erörtert der Vortrag die Geschichte des anthropologischen Maßstabs und zeigt dessen Relevanz und Folgen anhand einer medienanthropologischen Fallstudie zur Werbestrategie für IBMs Watson unter besonderer Berücksichtigung des Humors auf. Ziel ist es, den anthropologischen Maßstab als Irrweg der historischen Medienanthropologie zur Diskussion zu stellen.

7. Juli 2016 | Donnerstag | 15:45 – 16:30 Uhr |

Johanna Seifert: Technikkörper – Körpertechniken. Überlegungen zum neurotechnischen Eingriff in den menschlichen Körper

Ausgehend von der Annahme eines Paradigmenwechsels in der Prothetik untersucht der Beitrag gegenwärtige Neuroprothesen auf ihr anthropogenerisches Potential. Während Technologien wie Fitness Tracker, Smartwatches und Google-Brille sich dem Körper anschmiegen, aber noch außerhalb der Haut als somatisch-materielle Körpergrenze bleiben, wird diese von Neuroprothesen durchbrochen. Daher eignen sich Neuroprothesen in besonderer Weise dazu, die Verschränkung von Körper und Technik bzw. die reziproke Hervorbringung von Mensch und Technik zu untersuchen.

7. Juli 2016 | Donnerstag | 16:45 – 17:30 Uhr |

Leander Scholz: Politische Biomimesis im 19. Jahrhundert

Bereits in der Antike wurden politische Gemeinwesen als Lebewesen verstanden, die organisch gegliedert sind. Aber erst seit dem 18. Jahrhundert werden im Rahmen von Klimatheorien die Umweltbeziehungen dieser Lebewesen ins Zentrum geopolitischer Überlegungen gestellt. Dabei geht es nicht allein um das Verhältnis zu anderen politischen Gemeinwesen, sondern um den ökologischen Stoffwechsel insgesamt, der die menschlichen Gemeinschaften in einer lebensweltlichen Kontinuität mit anderen Lebewesen erscheinen lässt. Der Vortrag will drei zentrale anthropologische Szenen aus dem Bereich der Biogeographie und der Anthropogeographie des 19. Jahrhunderts vorstellen.

7. Juli 2016 | Donnerstag | 17:30 - 18:15 Uhr |

Eva Schürmann: Was geschah in Marienbad? Raumfluchten und Zeitsprünge von Gedächtnis und Imagination

In einem imaginären Badeort Mitteleuropas treffen ein Mann und eine Frau auf die narrativen Versatzstücke fragmentarischer Erinnerungen, die Drehbuchautor Alain Robbe-Grillet und Regisseur Alain Resnais in L‘année dernière à Marienbad zu asemantischen Schreibszenen anordnen.

8. Juli 2016 | Freitag | 10:15 – 11:00 Uhr |

Nicolas Oxen: Das sensorische Bild. Instabile Wahrnehmungsrelationen im Kino von Philippe Grandrieux

Das Kino des französischen Filmemachers Philippe Grandrieux produziert prekäre Menschenbilder. Die Körper der Figuren werden durch extreme Großaufnahmen fragmentiert, verlieren ihre Konturen und lösen sich im Bild auf. Gesichter verschwimmen in Unschärfen oder werden durch eine Wärmebildkamera zu amorphen Fratzen verzerrt. Mit Hilfe des Begriff des „Sensorischen“ und mit Rückgriff auf Alfred North Whiteheads Konzeption eines „vagen Empfindens“ möchte dieser Beitrag versuchen, solche instabilen Bildformen als eine unsichere Zone des Kontakts zwischen menschlichen und technischen Wahrnehmungsweisen zu beschreiben.

8. Juli 2016 | Freitag | 11:00 – 11:45 Uhr |

Philipp Stoellger: Göttliche Szenarien. Oder: Wenn einem Gott eine Szene macht

Die jüdisch-christliche Medientheorie führt ihre medialen Urszenen meist verschoben und verdichtet vor Augen: in Gottesbegegnungen. Beim Namen gerufen werden, ein brennender Busch, Rauch und Feuer, Glanz und Gewitter oder vom Pferd zu fallen sind seltsame Begebenheiten - in denen Gott eine Szene macht. Die Ladung solcher Szenen liegt weniger in den medialen Materialitäten und Praktiken, die zwischen banal und skurril oszillieren. Es geht offenbar weniger Form oder Inhalt als um Kontrastmedien (kontrastiv gegenüber alltägliche oder fremdreligiöse Medienpraktiken). Die fromme Wette darauf zeigt sich im Zeugnis davon, dass es Transzendenzmedien seien, in denen sich Medientranszendenz ereignet. Gibt’s das und wenn ja, zu welchem Ende?

8. Juli 2016 | Freitag | 12:00 – 12:45 Uhr |

[ENTFÄLLT!] Jan-Henrik Möller: Bedingtheit und mediale Reflexivität

Bedingtheit und mediale Reflexivität Der Mensch konstituiert und begegnet sich aus seiner medialen Bedingtheit heraus. Es steht jedoch kein unbedingter epistemologischer Standpunkt zur Verfügung, um von diesen Bedingungen „wie von Außen“ zu wissen. Daher gilt es eine mediale Binnenstruktur aufzuzeigen, die ein reflexives Verständnis der Bedingtheit des Menschen zulässt.

8. Juli 2016 | Freitag | 12:45 – 13:30 Uhr |

Martin Siegler: ›Who is the third who always walks beside you?‹ . Der Third Man-Faktor und die Verschiebung des Menschlichen

Menschen, die lebensgefährlichen Situationen nur knapp entronnen sind, berichten immer wieder von hilfsbereiten Wesen, die ihnen zur Seite gestanden hätten. Gilt dieser „Third-Man“ den einen als Beleg für Schutzengel, deuten ihn andere als neuronale Stressreaktion. Wenn jedoch ‚der Mensch‘ ohnehin nur als ‚Dritter‘ existiert – als anthropomediale Verschränkung – wäre der „Third Man“ als eine situative Verschiebung des Menschlichen neu zu beschreiben.

8. Juli 2016 | Freitag | 14:45 – 15:30 Uhr |

Ivo Ritzer: Sahara Blues. Zur Auditivität medienanthropologischer Szenen zwischen Oralität und Aufschreibesystemen

Der Vortrag problematisiert quer zu herkömmlichen Ansätzen eurozentrischer Medienphilosophie die evolutionsteleologische Marginalisierung oraler Traditionen, welche sich besonders eklatant in der kolonialen Glorifizierung von Schriftlichkeit zeigt. Demgegenüber wird der Vortrag am Beispiel des kontemporären Blues in der Sahara den Blick auf Praktiken auditiver Medienkulturen richten, die durch alternative Formen von Kollektivität wie auch konstellativ-dynamische Prozesse medialer Appropriation charakterisiert sind.

8. Juli 2016 | Freitag | 15:30 – 16:15 Uhr |

Astrid Deuber-Mankowsky: Medienanthropologie und New Materialisms

Medienanthropologie kann sich auf das Verhältnis von Medien und Wissen des Menschen beziehen, sie kann aber auch das Verhältnis von Medien und Denken der menschlichen Existenz meinen. Ganz anders die Theorien, die sich unter dem Begriff des New Materialism verbinden: Sie fokussieren Praktiken, die als Werdensprozesse die Differenzen zwischen Wissen und Materie, zwischen Medien und Menschen und zwischen Biologischem und Physikalischem unter einem weit gefassten Begriff des Lebendigen aufzuheben versuchen. Gibt es zwischen beiden Ansätzen eine Brücke? Oder schließen sie sich ganz einfach aus?

9. Juli 2016 | Samstag | 10:15 – 11:00 Uhr |

Julian Jochmaring: Streuen/Strahlen. Merleau-Pontys situative Anthropologie

In der gegenwärtigen Debatte um Denkfiguren des Verteilten und Gestreuten, um Koexistenzialitäten, Netzwerke, Ökologien und Relationalitäten bleiben phänomenologische Positionen weitgehend marginal. Im Vortrag werden zunächst mögliche Gründe dieser Marginalisierung thematisiert, um anschließend Merleau-Pontys Denken des Situationalen und Umgebenden ins Spiel zu bringen. Dabei lässt sich zeigen, wie Merleau-Ponty in Auseinandersetzung mit der Umweltlehre Uexkülls als auch dank seines in den 1950er Jahren zunehmenden Interesses für die Künste ein Verständnis des nichthumanen Außen entwickelt, das von erstaunlicher Aktualität für medienanthropologische Fragestellungen ist.

9. Juli 2016 | Samstag | 11:00 – 11:45 Uhr |

Reinhold Görling: Psychoanalyse als Medienanthropologie

Von einem szenischen (und nicht objekttheoretischen) Verständnis der Psychoanalyse her gesehen sind Medien dem Subjekt „gleichursprünglich“, so wie es etwa Laplanche/Pontalis für die Phantasie herausgearbeitet haben. Sie bezeichnen das Subjekt nicht, aber sie binden es ein in eine Kommunikation und ermöglichen überhaupt erst seine Gegenwärtigkeit.

9. Juli 2016 | Samstag | 12:00 – 12:45 Uhr |

Insa Härtel: Ding-Austausch. Überlegungen zum „Messie“ im TV-Format

Dieser Beitrag befasst sich mit sogen. „Messie-Sendungen“ und den in ihnen in Szene gesetzten Umgestaltungen: Serienmäßig wird hier mit der „verwahrlosten“ Wohnstatt auch das Leben aufgeräumt. Die Frage richtet sich u.a. darauf, wie dabei „Menschsein“ potentiell im Verbund mit den Dingen medial entworfen, hervorgebracht, transformiert und reflektiert wird.

9. Juli 2016 | Samstag | 12:45 – 13:30 Uhr | Zum Seitenanfang