Ornament und Tradition

Seminar Hauptstudium/Master 4 SWS/6 ECTS

Die Diskussion um die Frage, wie und ob die Form geschmückt werden dürfe, prägte den ästhetischen Diskurs in Wien um 1900 wie keine andere und spielte zeitgleich im Schaffen und in den Schriften von Henry van de Velde an der Weimarer Kunstgewerbeschule eine wichtige Rolle. In Wien waren in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Josef Hoffmann und Adolf Loos die Protagonisten dieser Diskussion: der eine als Mitbegründer der “Secession” (1897) und der “Wiener Werkstätte” (1903), der andere als Autor des Streitschrift „Ornament und Verbrechen“ (1908). Hoffmanns Ausbildung und Karriere als Architekt verliefen über weite Strecken parallel mit jener seines Kollegen Loos. Die beiden Hoffnungsträger einer Erneuerung der Architektur und Gestaltung in Wien um 1900 sollten jedoch im Verlauf ihrer künstlerischen Entwicklung erbitterte Gegner in der damals aktuellen Diskussion um den Wert des Ornaments werden. So widerstand der moralische Traditionalist Loos, Feind der Stilkunst, mit seiner Forderung nach zeitloser Eleganz dem dekorativ-geschmackvollen Stil, den Josef Hoffmann mit der Wiener Werkstätte entwickelt hatte.

Die Teilnahme an der Exkursion ’Josef Hoffmann und Adolf Loos in Tschechien und Wien’ wird empfohlen. Im Anschluß an die Exkursion wollen wir die Ausstellung ’Ornament und Tradition’ besprechen, programmatische Schriften von Loos und Hoffmann diskutieren und in Beziehung zum Werk von Henry van de Velde setzen, über dessen Gestaltung Loos einmal gesagt haben soll, dass die Einrichtung einer Zelle durch van de Velde als ’strafverschärfend’ gelten könne.