Walter Peterhans. Vom Stillleben zum Visual Training.

Diego Antonio Carvallo Tapia, Master-Thesis 2021

Nach der Auflösung des Bauhauses in Dessau im September 1932 wurde der Lehrkörper unter der Leitung von Mies van der Rohe trotz wirtschaftlicher und politischer Schwierigkeiten erhalten. Er reduzierte die Mitarbeitenden auf einen kleinen und exklusiven Personenkreis: Lilly Reich, Ludwig Hilberseimer, Wassily Kansdinsky, Josef Albers und Walter Peterhans sind einige der Mitglieder, die eng mit dem Architekten zusammenarbeiteten, um die ehemalige Hochschule für Gestaltung als privates Institut in einem bescheidenen Gebäude in Berlin-Steglitz fortzuführen. Einige Monate später gab das Projekt jedoch dem politischen Druck nach und schloss im August 1933 endgültig seine Pforten. Von diesem Moment an ist die berufliche Laufbahn der meisten Mitglieder des Bauhauses durch die politische Situation in Deutschland und Europa bedroht. Dies führte zum Exil mehrerer Persönlichkeiten, die mit den sich neu ausbreitenden künstlerischen Bewegungen verbunden waren.

Unter den betroffenen befand sich auch der Fotograf Walter Peterhans (1897-1960), der zu dieser Zeit die vor einigen Jahren eröffnete Fotoklasse des Bauhaues leitete. Nach fünf Jahren sowie verschiedenen Beschäftigungen emigrierte Peterhans mit seiner Familie über England nach New York. Damit ging Anfang 1938 eine Schaffensperiode zu Ende, die selbst von der Ausübung der Fotografie geprägt war. Einige Monate nach seiner Ankunft in Amerika wird der Fotograf von Mies van der Rohe für eine Professur am Armour Institute of Technology of Chicago (später Illinois Institute of Technology IIT) vorgeschlagen, wo der renommierte Architekt mit der Umstrukturierung der Architekturabteilung beschäftigt war. Zusammen mit Ludwig Hilberseimer bildeten Mies und Peterhans den Hauptteil des akademischen Körpers der Architekturabteilung des neuen IIT.

Die Hauptaufgabe von Peterhans an der amerikanischen Hochschule war die Einrichtung eines Kurses zu visueller Wahrnehmung. Die Fähigkeit, mit den Augen Proportionen, Formen, Strukturen und Ordnungen zu erkennen, war für Mies van der Rohe von zentraler Bedeutung in Bezug auf die architektonischen Entwürfe. In diesem Zusammenhang entwickelte Peterhans zwischen 1938 und 1948 eine Reihe von Übungen, die im Rahmen des Kurses Visual Training bis zu seinem Tod vermittelt und praktiziert wurden. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern nun das fotografische Schaffen von Walter Peterhans als konzeptionelle Grundlage dieses visuellen Kurses verstanden werden kann? Ist es also möglich, gemeinsame Elemente in den Stillleben und den Übungen des Visual Training von Walter Peterhans zu finden? Die Masterarbeit versucht, die beiden Pole vom Peterhans Schaffen zu analysieren und einander näher zu bringen.

Betreuung:
Prof. Dr.-Ing. habil. Jasper Cepl, Professur Theorie und Geschichte der modernen Architektur
Prof. Dipl.-Ing. Verena von Beckerath, Professur Entwerfen und Wohnungsbau
Dipl.-Ing. (Arch.) Michael Kraus, Professur Entwerfen und StadtArchitektur