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Lebenswelt_Ambivalenz von Raum und Grenze

Île de Groix (Bild: Clemens Helmke 2002)
Île de Groix (Bild: Clemens Helmke 2002)

everyday world_ambivalence of space and boundary

DE:DK

Die Auseinandersetzung mit dem Raumbewusstsein und Raumerinnerung, sich selbst Raum zu schaffen, diesen zu begründen und zu finden, ist Teil unseres Projekts. Wenn wir der Frage nachgehen, welche Rolle Raumkonstruktionen z.B. in unserer Kindheit spielten, erkennen wir, dass eine besondere geographische Lage in Wechselwirkung mit der Architektur Raumgrenzen oder auch Freiräume schaffen kann. Wir erforschen wie Stadt - Landschaft mit Erinnerungen und dem Vergessensein in Zusammenhang stehen. Bei unserer Herangehensweise an den städtischen und ländlichen Raum widmen wir uns der Frage welche Räume für Reisende, Pendler, Fremde, Vertriebene offenstehen und welche ihnen verschlossen bleiben. Unser Projekt widmet sich der Betrachtung von Lebenswelten mit den Mitteln architektonischer Raum Werkzeuge; aufbauen_ besiedeln_ begrenzen. Anhand von Grenzräumen, insbesondere politische Grenzen, zeigt sich, das räumliche Grenzen beweglich und verschiebbar waren. Hierbei handelte sich um Rechts-Räume, die konstruiert und eingerichtet werden mussten. Gekennzeichnet waren diese Grenzen nur durch Punkte, die entlang von Flüssen, Hügeln etc. lagen. Die Linien musste man sich hinzudenken. Es ging um gedachte Grenzen, die oftmals in einem Spannungsverhältnis zu sozialen Grenzen standen; wir erkennen, dass hier verschiedene Bedingungen aufeinandertreffen oder Kompetenzen sich überschneiden.
In unserem Projekt betrachten wir wie Grenzräume und Raumgrenzen in den unterschiedlichen Disziplinen verstanden werden können. Zum Beispiel wird ein Hafen bei Thomas Mann als Grenzraum zwischen Festem und Flüssigem, zwischen Architektur und dem Meer, dem «Ungegliederte(n), Maßlose(n), Ewige(n), (…) Nichts» (1) beschrieben. Der Hafen, im Sinne Foucaults, ist ein Raum, indem eigene Regeln gelten_ ein Andersraum_ als ein Transitraum für Reisende ist er ein Nicht-Ort_ ein Raum der Abschiede und Ankünfte. An diesem Ort stehen wir in kulturellem Austausch mit dem Eigenem, dem Anderen oder Fremden. Für Viele ist er Hoffnungs- und Sehnsuchtsraum auf die Ankunft und Teilhabe an einem neuen Leben in Geborgenheit. An diesem Ort sind die Räume nicht mehr klar voneinander abgegrenzt; der Übergangs- und Zwischenraum vom Eigenem und Fremden tendiert ins Vage, noch Ahnbare, Difuse, in dem Identitäres verschwimmt.

Literaturhinweis | Zitat:
(1) Thomas Mann: Der Tod in Venedig, Gesammelte Werke in 13 Bänden, Frankfurt a.M. 1974

Bemerkungen:
Richtet sich an: Master Architektur (M.Sc.A. & M.Sc.U)

Raum Poetik

Aldo Rossi, Teatro Carlo Felice, Genua 1991 (Bild: Clemens Helmke 2022)
Aldo Rossi, Teatro Carlo Felice, Genua 1991 (Bild: Clemens Helmke 2022)

 

Room Poetics

DE:DK

«Die beste Poesie liegt uns ganz nahe, und ein gewöhnlicher Gegenstand ist nicht selten ihr liebster Stoff.» (1) Eine Annäherung an die Raum Poetik und die Umsetzung des Architektonischen Stationswegs in einen Entwurf erfolgt in Form einer Transformation eines bestehenden baulichen Objekts. Ein Architektonischer Stationsweg_ wir erforschen architektonische Gesamtkonzeptionen und Themen: der Dialog, das Sichtbare und Unsichtbare, Vieldeutigkeit, Vergänglichkeit, Heterogenität an bedeutenden Beispielen italienischer Baukunst:

– Florenz: Santa Maria Novella ­(1456–70) Sisto da Firenze und ­Ristoro da Campi; später Giorgio Vasari mit vorgeblendete Fassade von Leon ­Battista Alberti
– Florenz: Villa Medici bei Friesole (1471-57) Michelozzo di Bartolommeo; Leon Battista Alberti
– Vicenza_ Teatro Olimpico (1580-85) Vincenzo Scamozzi
– Pesaro: Villa Imperiale (1469) Girolamo Genga

Eine romantisierende Bedeutung wie ‹poetisch› wird umgangssprachlich häufig mit idyllisch oder pittoresk in Beziehung gebracht. ‹Poiesis›_ das Verfertigen, die Werktätigkeit stammt von der Poetik ab, welche etymologisch verwandt ist mit dem griechischen ‹poiein›, welches ‹machen› bedeutet. Zum Beispiel ist für Platon die poietische Philosophie eine dem «Herstellen dienende Wissenschaft», wie z.B. die Architektur. Für Aristoteles ist das Bauen «eine Kunst (...) und wesenhaft ein mit Vernunft verbundenes hervorbringendes Verhalten.» Er beschreibt in seiner Schrift Metaphysik: «Das Werden und die Bewegung heißen teils Denken_ ‹noesis›, teils Werktätigkeit_ ‹poiesis›; nämlich die vom Prinzip und der Form ausgehende Bewegung denken, dagegen diejenige, welche von dem ausgeht, was für das Denken das Letzte ist, heißt Werktätigkeit. (...) so entsteht z.B. das Haus aus einem Hause im Geiste des Künstlers.» (2) «Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie (…) ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der Poesie wieder zu vereinigen und die Poesie mit der Philosophie und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie lebendig und gesellig und das Leben und die Gesellschaft poetisch machen, den Witz poetisieren und die Formen der Kunst mit gediegenem Bildungsstoff jeder Art anfüllen und sättigen und durch die Schwingungen des Humors beseelen.» (3)

Literaturhinweise | Zitate:
(1) Ernst Heilborn: Novalis Schriften, Theil 1, Verlag Georg Reimer, Berlin 1901
(2) Aristoteles: Metaphysik, Herrmann Bonitz, Eduard Bollmann,Verlag Georg Reimer, Berlin 1890
(3) Friedrich Schlegel: Athenäums Fragmente und andere Schriften, Edition Holzinger, Berliner Ausgabe 2016

Bemerkungen:
Richtet sich an: 5.KM Bachelor Architektur (B.Sc.A )