Gastvortrag von Dr. Michael Bies

Archäologie des Arbeiter- und Bastlerstaats. Marc Schweskas Roman »Zur letzten Instanz«

Foto: dioxin/photocase.com

Gastvortrag von Dr. Michael Bies (Hannover)

Donnerstag, 2. Juni 2016
11:00-12:30 Uhr

Bauhaus-Universität Weimar
Bauhausstr. 11, Raum 014

 

In seinem Roman Zur letzten Instanz (2011) erzählt Marc Schweska die Geschichte der DDR als Geschichte eines Staats, der von der frühen Kybernetikbegeisterung bis zur Punkbewegung durch eine Bastlermentalität bestimmt war. Diese Bastlermentalität, die durch Montagetechniken auch in der Form des Romans Ausdruck findet, zeichnet sich durch zunehmende Subversivität und einen eigenen Zugriff auf Wissen aus: Im Unterschied zur West-Berliner Avantgarde nimmt der Ost-Berliner Bastler der 1980er Jahre – geschult durch Mangel, nicht durch Überfluss – den aktuellen Stand von Technik und Wissen auf und nutzt ihn zum ›Widerstand‹.

Der Vortrag nimmt diese Archäologie der DDR in den Blick, indem er die im Roman entworfenen ›ostdeutschen‹ Bastlertypen und -praktiken vor dem Hintergrund kulturwissenschaftlicher Basteldiskurse (Lévi-Strauss, de Certeau) und ›westdeutscher‹ Narrative des Bastelns profiliert und ihren aktuellen Bezug diskutiert. Denn es scheint, als versuche Schweska nicht nur die Geschichte der DDR neu zu erzählen, sondern mit dem subversiven, technik- und wissensversessenen Bastler auch eine Figur zu rehabilitieren, der jüngere DIY-Kulturen oft skeptisch begegnen.

 

Dr. Michael Bies ist wissenschaftlicher Koordinator des DFG-Schwerpunktprogramms 1688 »Ästhetische Eigenzeiten. Zeit und Darstellung in der polychronen Moderne«. Studium der Germanistik und Musikwissenschaft an der Universität Leipzig, der Cornell Universität und der Freien Universität Berlin, 2010 Promotion an der ETH Zürich. Seit 2011 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Seminar der Leibniz Universität Hannover. Forschungsschwerpunkte: Literatur- und Wissensgeschichte seit dem 18. Jahrhundert; Literatur und Ethnologie, Reisen und Wissen; Poetiken des Einfallens, Herstellens und Erfindens; Habilitationsprojekt zum Thema »Literatur und Handwerk«. Aktuelle Publikationen: Im Grunde ein Bild. Die Darstellung der Naturforschung bei Kant, Goethe und Alexander von Humboldt, 2012; Literatur und Nicht-Wissen. Historische Konstellationen 1730-1930, 2012 (hg. zus. mit Michael Gamper); Gattungs-Wissen. Wissenspoetologie und literarische Form, 2013 (hg. zus. mit Michael Gamper u. Ingrid Kleeberg).

 

Eine Veranstaltung des Lehrstuhls Geschichte und Theorie der Kulturtechniken
Kontakt: gabriele.schabacher[at]uni-weimar.de

» Plakat als PDF