Dr. Ekkehard Coenen

Projekttitel

Gewaltwissen

Projektbeschreibung

In meinem Forschungsprojekt Gewaltwissen gehe ich der Frage nach: Wie wird Wissen über körperliche Gewalt konstituiert und sozial wirkmächtig? Hierbei lote ich die Möglichkeiten einer bisher noch ausstehenden Wissenssoziologie der Gewalt aus. Indem ich den gesellschaftlichen Wissensvorrat über Gewalt fokussiere, möchte ich den Blick dafür öffnen, wie die zunächst widersprüchlichen Diagnosen einer „scheinbaren oder realen Tabuisierung von Gewalt“ (Imbusch 1995: 15) und einer „Allgegenwart von Gewalt“ (Rauchfleisch 1992) miteinander in Einklang zu bringen sind. Zudem ermöglicht es meines Erachtens gerade die Kategorie Wissen, das Mikro-Makro-Gap in der soziologischen Gewaltforschung zu überwinden und situationistische und gesellschaftstheoretische Perspektiven gewinnbringend zu verschalten. Schließlich ist das Wissen über Gewalt bisher nur marginal untersucht worden. Es gibt noch keine hinreichenden Antworten darauf, woher unser Wissen über die Ursachen, Abläufe und Konsequenzen von Gewaltanwendungen stammt; wieso wir einzelne Gewalthandlungen legitimieren und andere sanktionieren; woher wir wissen, wie wir uns in Gewaltsituationen verhalten wollen, sollen oder müssen; und wie die Gewissheit entsteht, dass ein Gewaltakt stattgefunden hat und dass dieser negativ oder bisweilen auch positiv zu bewerten ist.
Das Projekt Gewaltwissen lässt sich in drei Teilbereiche untergliedern: Dies wären erstens jene kommunikativen Handlungen, die in der Gewaltsituation selbst vorzufinden sind und in denen sich eine Wissensordnung der Gewalt manifestiert. Dabei tritt zum einen die Frage in den Vordergrund, welche Wissensbereiche im Gewalthandeln zum Ausdruck kommen. Zweitens zielt eine Wissenssoziologie der Gewalt auf die Ausleuchtung jener kommunikativen Handlungen, die der Vermittlung eines Wissens über stattgefundene Gewalthandlungen und der damit verbundenen (De-)Legitimation und Bewertung dienen. Drittens kann sich eine Wissenssoziologie der Gewalt aber auch jenen kommunikativen Handlungen zuwenden, durch die sowohl stattgefundene Gewalthandlungen als auch Handlungsentwürfe zukünftiger Gewalttaten re- bzw. dekonstruiert werden.
Meine Untersuchungen zum Gewaltwissen folgen der Grounded-Theory-Methodologie. Ich analysiere nicht nur einige wenige, spezifische Gewaltsituationen. Stattdessen strebe ich einen kontinuierlichen Vergleich möglichst kontrastreicher Situationen an, in denen Gewalthandlungen stattfinden. Somit kann ich allgemeingültige Prozesse herausarbeiten, die für die Konstitution und Wirkmächtigkeit des Wissens über Gewalt charakteristisch sind. Sukzessive möchte ich somit eine wissenssoziologische Theorie über Gewalt entwickeln, die fest in der Empirie verankert ist und sowohl für (wissens-)soziologische Problemlagen als auch für die Probleme der feldinternen Akteure von Relevanz ist.

Vita

Ekkehard Coenen, geb. 1987 in Jena, studierte Musikwissenschaft und Soziologie an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar sowie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie Medienkultur und Kulturwissenschaftliche Medienforschung an der Bauhaus-Universität Weimar. Nach seinem Studium war er als Lehrbeauftragter im Bereich Medienwissenschaft an der Bauhaus-Universität Weimar. Seit dem Wintersemester 2016/2017 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mediensoziologie in Weimar. 2020 promovierte er zu dem Thema „Zeitstrukturen des Bestattens. Thanato-, kultur- und arbeitssoziologische Beobachtungen“. Er ist Mitglied der Redaktion für das Jahrbuch für Tod und Gesellschaft. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Methoden qualitativer Sozialforschung, der Kultur-, Thanato-, Wissens- und Emotionssoziologie sowie der soziologischen Gewaltforschung. Weitere Informationen finden sich unter: https://www.uni-weimar.de/de/medien/professuren/medienwissenschaft/mediensoziologie/personen/wiss-mitarbeiter-ekkehard-coenen-ma/

Publikationen

Zeitregime des Bestattens. Thanato-, kultur- und arbeitssoziologische Beobachtungen. Weinheim und Basel: Beltz Juventa. 2020.

The arranged mourning ambience. About the professional production of atmospheres at funeral services, in: Mortality. Online First Dec. 2019. Doi: 10.1080/13576275.2019.1696762.

Rezension zu “Caroline Pearce, The Public and the Private Management of Grief: Recovering Normal”, in: Emotion & Society, Jg. 1, H. 2019. 2, S. 247-249.

Heavy Metal in Kenya, in: Horn, David/Shepherd, John/ Kielich, Gabrielle/Feldman, Heidi (Hg.): Bloomsbury Encyclopedia of Popular Music of the World. Bd. 12. Genres: Sub-Saharan Africa. London u.a.: Bloomsbury, 2019, S. 188-190.

Todesdokumente. Totenscheine und Sterbeurkunden als Inskriptionen der Grenzziehung zwischen Leben und Tod, in: Benkel, Thorsten/Meitzler, Matthias (Hg.): Zwischen Leben und Tod. Sozialwissenschaftliche Grenzgänge. Wiesbaden: Springer VS, 2019, S. 213-226.

Touching the dead: Autoethnographical reflections about the researcher's body in the field of death, dying, and bereavement, in: Death Studies, Jg. 42, H. 10, S. 640-648.

Alles auf Anfang, Tagungsbericht zum 3. Treffen der AG Filmsoziologie, »Methoden der Filmsoziologie. Konzepte und empirische Umsetzungen«, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 1.-3. Dezember 2016. In: Soziopolis. URL: soziopolis.de/vernetzen/veranstaltungsberichte/artikel/alles-auf-anfang/

Zeitstrukturen einer Bestattung, in: Bestattungskultur 3/2017, S. 36-39.

Rezension zu »Thorsten Benkel (Hg.), Die Zukunft des Todes. Heterotopien des Lebensendes. Bielefeld: transcript«, in: socialnet Rezensionen. URL: www.socialnet.de/rezensionen/20895.php

 »Redykyulass Generation Light«. Metal und Politik in Kenia, in: Stoop, David/Bartosch, Roman (Hg.): (Un)Politischer Metal? Musikalische Artikulationen des Politischen zwischen Ideologie und Utopie. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2016, S. 135-150.

»Der phantastische Apparat des Herrn Nemo«: Phantastische Medien / Medien der Phantastik am Beispiel von Jules Vernes 20000 Meilen unter den Meeren, in: Zeitschrift für Fantastikforschung, Jg. 4, H. 2, S. 33-52.

Headbanging in Nairobi: The emergence of the Kenyan metal scene and its transformation of the metal code, in: Metal Music Studies, Jg. 1, H. 1, S. 105-125.

#fusionfestival – Tribal-Tagging bei Twitter am Beispiel des Fusion Festivals in Lärz 2013, in: Höhne, Steffen/Maier, Matthias/Zaddach, Wolf-Georg (Hg.): Musikwirtschaft 2.0. Bestandsaufnahmen und Perspektiven (= Weimarer Studien zu Kulturpolitik und Kulturökonomie 8). Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 2014, S. 219-234 (zus. mit Carsten Wernicke).

Kenya. Feedbacks. Metal, in: eject. Zeitschrift für Medienkultur, Jg. 3, S. 39-46(+).

»Hier spielt die Musik!«. Zur Lokalisierung des Klangs von Musical-Songs im Film am Beispiel Singin’ in the Rain, in: Sackl, Susanne/Sharif, Malik (Hg.): Jenseits von Hören und Sehen: Zur Ästhetik audiovisueller Medien. Osnabrück: epOs Music, S. 51-67.

»Und plötzlich war sie eine andere...«. Zum Konzept der situativen Nationen, in: Apelt, Andreas H./Jesse, Eckhard/Gebhardt, Heidemarie (Hg.): Nation 2012? Was bedeutet Nation heute und welchem Wandel unterliegt sie? Halle: Mitteldeutscher Verlag, S. 107-116.

Vom Hören der Pause zum Pausieren des Hörens, in: eject. Zeitschrift für Medienkultur, Jg. 2, 2012, S. 119-128.  

Vorträge

Vorüberlegungen zu einer Wissenssoziologie der Gewalt, Digitales Kolloquium des Lehrstuhls für Soziologie Theorie (Jena), 09.06.2020

Die Materialien der Toten. Wissenssoziologische Überlegungen zur Medialität verstorbener Körper, Workshop – Von der Materialität der Medien zur Medialität der Materialien (Weimar), 06.02.2020

Werkstattbericht: Wissenssoziologie der Gewalt, Kolloquium – Lehrstuhl für Mediensoziologie (Prof. Dr. Andreas Ziemann), Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 31.01.2020

Diskussionsrunde: Sterben, Tod, Trauer – Problematische Feldzugänge, Workshop – 1. Thanatologischer Methodenworkshop (Weimar), 10.09.2019

Coffin Boffin or Death Intellectual? What’s the Role of Death Studies within our Current Society, Tagung – The 14th International Conference on the Social Context of Death, Dying and Disposal (Bath, UK), 06.09.2019

Über Bestattungsmessen – oder: Die Eventisierung des Bestattens, Tagung – Rituale derTransformation. Zur Kultur des Abschieds in der individualisierten Moderne (Passau), 05.07.2019

Werkstattbericht: Situationen des Trauerns, Kolloquium – Lehrstuhl für Mediensoziologie (Prof. Dr. Andreas Ziemann), Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 28.06.2019         

Einschränkend oder eröffnend? Zum ambivalenten Verhältnis von Forschungsethik und Datenvielfalt am Beispiel einer Bestattungsethnografie, Tagung – Datenvielfalt: Potenziale und Herausforderungen (Salzburg), 28.06.2019

Zeitregime des Bestattens, Kolloquium – Institutskolloquium Medienwissenschaft, Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 16.01.2019

Objektivationen, Sozialität und kommunikative Zeit, Workshop – Materialität und Sozialität in der Erfahrung von Zeit (Jena), 25.10.2018 

Zeitregime des Bestattens, Forschungswerkstatt – Fachgebiet Allgemeine Soziologie und Theorie moderner Gesellschaften (Prof. Dr. Hubert Knoblauch), Institut für Soziologie, Technische Universität Berlin, 22.10.2018

Zeitstrukturen des Bestattens, Kolloquium – Lehrstuhl für Mediensoziologie (Prof. Dr. Andreas Ziemann), Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 25.07.2018

Zur kommunikativen Konstruktion von Geschlecht im professionellen Umgang mit den Toten, Tagung – Körper – Wissen – Tod (Passau), 26.05.2018

Thanatotechniken. Beobachtungen zum gegenwärtigen Umgang mit den Toten, Tagung – Die Dinge um uns – Was wär’n wir ohne sie? (Lüneburg), 01.02.2018

Funeralprozesse. Soziologische Beobachtungen zu den Zeitstrukturen des Bestattens, Forschungswerkstatt – Fachgebiet Allgemeine Soziologie und Theorie moderner Gesellschaften (Prof. Dr. Hubert Knoblauch), Institut für Soziologie, Technische Universität Berlin, 15.11.2017

Bestattung muslimischer Migrant*innen in Deutschland, Tagung – Friedländer Gespräche V: Moving. Von den Gefühlen der Migration (Friedland), 14.09.2017

Kulturelle Zeitstrukturen des Bestattens, Kolloquium – Lehrstuhl für Mediensoziologie (Prof. Dr. Andreas Ziemann), Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 13.07.2017

Andere Zeiten des Trauerns. Kultursoziologische Überlegungen zu den Zeitstrukturen muslimischer Trauerfeiern in Deutschland, Tagung – Offene Tagung der Sektion Kultursoziologie (Leipzig), 16.06.2017

Kulturelle Zeitstrukturen des Trauerns, Kolloquium – Institutskolloquium Medienwissenschaft, Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 26.04.2017           

Affects and artifacts during a funeral service, Tagung – Transmortality International. Materiality and Spatiality of Death, Burial and Commemoration (Luxemburg), 03.03.2017

Werkstattbericht: Kulturelle Zeitstrukturen des Trauerns, Kolloquium – Lehrstuhl für Qualitative Methoden und Mikrosoziologie (Prof. Dr. Sylka Scholz), Institut für Soziologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 01.03.2017

Werkstattbericht: Kulturelle Zeitregime des Trauerns, Kolloquium – Lehrstuhl für Mediensoziologie (Prof. Dr. Andreas Ziemann), Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 24.11.2016

»Trauerfeier ist gleich Atmosphäre; ohne das geht es nicht«. Ästhetische Praktiken und die professionelle Herstellung eines Ambientes auf Trauerfeiern, Tagung – transmortale VII. Neue Forschungen zum Thema Tod (Kassel), 27.02.2016

Ästhetische Sozialtechniken der Abschiednahme. Zur Produktion von Atmosphären auf weltlichen Trauerfeiern, Tagung – Sozialtechniken, Kulturtechniken und Medientechniken (Weimar), 17.03.2016

Eine kleine Kunst in den sozialen Feldern. Zur Verbindung von Gilles Deleuze und Pierre Bourdieu am Beispiel von »Farbe bekennen. Afrodeutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte«, Kolloquium –Lehrstuhl für Mediensoziologie (Prof. Dr. Andreas Ziemann), Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar, 16.05.2014

»Redykyulass Generation Light« – Metal und Politik in Kenia, Tagung – Metal and Politics.Zwischen Ideologie und Utopie. Heavy Metal Conference Cologne (Köln), 23.11.2013

»It's still not very Kenyan«? Über die Strukturen und musikalischen Merkmale der kenianischen Metalszene, Tagung – 49° Metal-Zone-Festival (Bayreuth), 25.10.2013

Metal in Kenya – Kenyan Metal. Zur Transformation des Metalcodes in der sozialen Praxis, Tagung – Hard Wired III. Heavy Metal and Society. 3. Interdisziplinäres Arbeitsgespräch zur Heavy-Metal-Forschung (Wien), 08.06.2013

 »Creepy Metal«. Über das Unheimliche im Heavy Metal, Tagung – Übergänge und Entgrenzungen in der Fantastik (Zürich), 16.09.2012