Schriftstellerinnen aus der Sammlung Varnhagen – Briefe, Werke, Relationen

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der polnischen Forschungsorganisation Narodowe Centrum Nauki (NCN) geförderte Forschungs- und Kooperationsprojekt Schriftstellerinnen aus der Sammlung Varnhagen – Briefe, Werke, Relationen der Bauhaus-Universität Weimar und der Jagiellonen-Universität Krakau widmet sich der Erschließung und Analyse umfangreicher, noch weitgehend unveröffentlichter Briefkorpora und Werkmanuskripten von deutschen Schriftstellerinnen der Zeit um 1800. Ziele des Projektes sind, eine digitale Plattform zu schaffen, auf der Digitalisate der Briefe, Manuskripte, Transkriptionen und Kontextmaterialien weltweit kostenfrei zur Verfügung stehen werden, sowie das Netzwerk der ausgewählten Autorinnen durch Edition und Kontextualisierung zu erforschen.

In der alten polnischen Königsstadt Krakau befindet sich eine der ältesten Universitäten und eine der bedeutendsten Bibliotheken Europas. Ein deutsch-polnisches Team um Jörg Paulus, Professor für Archiv- und Literaturforschung an der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar, und Jadwiga Kita-Huber, Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Jagiellonen-Universität Krakau, erforscht in der Biblioteka Jagiellońska bisher zu großen Teilen noch unerschlossenes Brief- und Manuskriptmaterial aus der Sammlung Varnhagen, einer der größten und bedeutendsten Autographensammlungen des 19. Jahrhunderts.

Angelegt vom Diplomaten und Publizisten Karl August Varnhagen von Ense (1785–1858), dem Ehemann der berühmten Berliner Schriftstellerin und Salonnière Rahel Varnhagen (1771–1833), und fortgeführt von dessen Nichte Ludmilla Assing (1821–1880), entwickelte sich die Sammlung zur wohl wichtigsten privaten Handschriftenkollektion des 19. Jahrhunderts.

Der Bestand umfasst vor allem deutschsprachige Korrespondenzen, Werkmanuskripte, Tagebücher und Notizen, die das literarische, kulturelle und politische Leben Europas abbilden und in vielerlei Hinsicht mit Weimar in Verbindung stehen. Die besondere Bedeutung, die Schriftstellerinnen in der Kollektion haben, kann dabei kaum überschätzt werden und mag auch als eine Art Korrektiv für die lange Zeit an männlichen Geistesgrößen orientierte Darstellung der Kultur- und Literaturgeschichte Weimars verstanden werden.   Im Zentrum der Untersuchungen stehen die in der Sammlung Varnhagen befindlichen Handschriften der Autorinnen Charlotte von Ahlefeldt (1777–1849), Helmina von Chézy (1783–1856), Caroline de la Motte Fouqué (1773–1831), Amalia von Helvig (1776–1831), Amalia Schoppe (1791–1858), Fanny Tarnow (1779–1862), Karoline von Woltmann (1782–1847), und Amalie von Voigt (1778–1840). Durch Briefwechsel und vielfältige Beziehungen im literarischen Feld waren ihre Lebensläufe untereinander verbunden. Ihre teils unkonventionellen Lebenswege ermöglichen es auch, diese Frauen als Kulturvermittlerinnen zwischen Ländern und Kulturen, beispielsweise zwischen Deutschland, Frankreich und Polen, zu betrachten. Darüber hinaus untersucht das Projekt den weiteren Kontext der ausgewählten Dokumente innerhalb und außerhalb der Sammlung Varnhagen. Methodisch stützt sich das Forschungsprojekt Schriftstellerinnen aus der Sammlung Varnhagen – Briefe, Werke, Relationen auf aktuelle technische und institutionelle Netzwerke: Mit Hilfe der »Digital Humanities« werden grenzüberschreitende Infrastrukturen der Wissenschaft genutzt. So werden Digitalisate der in Krakau verzeichneten Handschriften an beiden Standorten aus der alten deutschen Handschrift (»Kurrentschrift«) in maschinenlesbare Formate übertragen und in einer digitalen Umgebung präsentiert. Die Konzeption der zu entwickelnden digitalen Plattform wird von Dr. Frank Simon-Ritz, Direktor der Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar koordiniert.