Innostroh


Motivation und Problemstellung

Mit Blick auf die aktuelle Energiekrise durch die Verknappung fossiler Brennstoffe hat sich die Dringlichkeit von Veränderungen im Bausektor radikal verschärft, da speziell die gebaute Umwelt einen großen Anteil am Verbrauch fossiler Energien hat. Der enorme CO2-Fußabdruck herkömmlicher Bauweisen zwingt zur Etablierung von Alternativen auf Basis regional verfügbarer, nachwachsender Rohstoffe sowie zur Reduzierung der Prozessenergie im Bausektor. Seit der Verdrängung durch industrielle Baustoffe Anfang des 20. Jahrhunderts gewann Stroh als Dämmstoff in Holzständerwänden in den letzten Jahren zunehmend an neuer Beliebtheit. Stroh fällt in der Landwirtschaft in großen Mengen als Nebenprodukt an und kann mit wenig Aufwand in Form von Strohballen regional zur Verfügung gestellt werden. Der Einsatz von Stroh im Bauwesen ermöglicht eine langfristige Bindung von atmosphärischem CO2 sowie die anschließende Rückführung in den natürlichen Rohstoffkreislauf. Während der Dämmstoff Stroh in Form einer Europäischen Technischen Bewertung (ETA) bereits allgemein zugelassen ist, besetzt das lasttragende Bauen aufgrund von aufwändigen Zulassungsverfahren infolge fehlender bautechnischer Regelungen jedoch aktuell noch eine Nische.

Zielstellung des Vorhabens

Im Forschungsprojekt LaStrohBau von zwei der Antragsteller wurden erstmals systematische Versuche an  großformatigen Quaderstrohballen und aus ihnen errichteten Wänden durchgeführt und erste Ansätze zur mechanischen und bauphysikalischen Modellbildung abgeleitet. Hier sollen die Arbeiten der Forschungsgruppe INNOSTROH ansetzen. Durch weiterführende wissenschaftliche Untersuchungen sollen verschiedene anwendungsbezogene Fragestellungen adressiert sowie spezialisierte Planungs- und Ingenieurwerkzeuge für den architektonischen Entwurf und die technische Auslegung von lasttragenden Strohballenbauwerken geschaffen werden. Das übergeordnete wissenschaftliche Ziel ist der Abbau von Hemmnissen und die konsequente Darstellung von Potenzialen sowie von Anwendungs- und Einsatzszenarien zur Förderung der Praxiseinführung der lasttragenden Strohballenbauweise.

Im Rahmen der mechanischen Modellbildung des vertikalen und horizontalen Lastabtrags in Strohballenwänden werden zwei wissenschaftliche Hauptziele verfolgt: (a) die Untersuchung der meso- und makroskopischen Mechanismen des mehraxialen Trag- und Verformungsverhaltens von Strohballen unter Normalkraft- und Scherbeanspruchung und (b) die Untersuchung der Interaktion von Strohballen im Wandverband und der Wirkung verschiedener Konzepte für Verbindungstechniken aus nachwachsenden Rohstoffen (z. B. Holz oder Bambus). Die Arbeiten zur bauphysikalischen Modellbildung befassen sich mit weiterführenden Untersuchungen zur Messung der Feuchte und Wärmeleitfähigkeit unter definierten geometrischen und hygrischen Randbedingungen. Flankiert werden die wissenschaftlichen Grundlagenuntersuchungen durch Feldstudien am o. g. Demonstratorbauwerk, dessen Errichtung und Nutzung im Rahmen von INNOSTROH durch mechanische und bauphysikalische Sensorik sowie durch optische Verfahren ganzheitlich messtechnisch begleitet wird.

Strohballen-Wohnhaus von F. Hoppe (Mitglied im Industriebeirat des Projektes) in Weimar-Ehringsdorf

Projektpartner:

Projektart:
Thüringer Aufbaubank, Forschungsgruppe 

Förderdauer:
2024 - 2026