Prof. Andreas Garkisch












 

Das 4. Kernmodul ist eine Einführung in das städtebauliche Entwerfen. Gemeinsam setzen sich Studierende der Urbanistik und der Architektur mit einer städtebaulichen Fragestellung auseinander und lernen in dem Entwurfsstudio, in didaktisch aufeinander aufbauenden Phasen von der Analyse über die Konzeptfindung bis zur Ausarbeitung des städtebaulichen Entwurfs in Plänen und Modellen, sich gemeinsam im Team konsequent einen städtebaulichen Entwurf zu erarbeiten. Zwischenpräsentationen nach den einzelnen Phasen helfen, den eigenen Arbeitsstand zu reflektieren und einzuordnen. Die gemeinsame Zusammenarbeit untereinander und zwischen den Disziplinen ist ein wichtiger Bestandteil des Kernmoduls. 

Common Ground: Momentan befinden wir uns innerhalb eines gesellschaftlichen Strukturwandels. Die Geschwindigkeit des Fortschritts, die Umbrüche und der Verlust an traditionellen Bindungen erleben viele als Verlust. Die neuen Erfahrungen scheinen für viele nicht mehr rational erfassbar zu sein. Ängste entstehen und führen zu einer politischen Radikalisierung. 

Wenn wir davon ausgehen, dass der öffentliche, allen Bürger*innen zugängliche Raum das konstituierende Element der Europäischen Stadt ist, wollen wir in diesem Semester hinterfragen, ob es nach wie vor möglich ist, diesen Stadtraum so zu gestalten, dass er wieder zu einem Common Ground, zu einer gemeinsamen Verständigungsbasis wird.

Wir setzen uns aus diesem Grund in diesem Semester mit dem Juri-Gagarin-Ring in Erfurt auseinander. Geplant in Anlehnung an die großen Ringstraßenprojekte des 19. Jahrhunderts wurden auch in Erfurt die Befestigungsanlagen geschliffen und anstelle der Wallanlagen eine Ringstraße angelegt. Die damalige Allee war flankiert von historistischen Villen der Gründerzeit und hat als öffentlicher Raum die Altstadt mit den Vorstädten verbunden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele der Häuser und Teile der Altstadt abgerissen, um eines der großen DDR-Stadtumbauprogramme umzusetzen. Die Straße wurde zu einer vielspurigen autogerechten Verkehrsachse. Einzelne moderne Hochhausensembles an den wichtigen Zufahrtsachsen wurden als Demonstration der neuen Zeit erbaut. Besonders auffällig und eindrucksvoll als neue Stadtzufahrt nach Erfurt ist das Ensemble von drei geknickten Wohnscheiben an der Kreuzung zur Löberstraße. Mit der Wende 1989 haben sich die Zeiten geändert, die Moderne –   auch die Moderne sozialistischer Prägung der DDR – wurde fortan beinahe ausschließlich kritisch bewertet. Entlang des Juri-Gagarin-Rings wurden wenige kommerzielle Bauten ergänzt. Zurückgeblieben ist ein komplexer, geschichtlich gewachsener Stadtraum, in dem die einzelnen Architekturen zum Teil völlig unvermittelt nebeneinanderstehen. Ein Straßenraum, der sich den Bedingungen des automobilen Individualverkehrs unterordnet.

Im Sinne einer Stadtreparatur interessiert uns, ob wir die ursprüngliche Idee des Stadtrings als Prachtstraße für alle Bürger*innen wieder aktivieren können. Wir fragen uns, ob wir heute wieder eine verbindliche Stadtarchitektur schaffen können, die auf der einen Seite einen sinnvollen Umgang mit der bestehenden Architektur und ihrer Geschichte findet und auf der anderen Seite die Nutzbarkeit des Rings und die Lesbarkeit der heterogenen, im letzten Jahrhundert entstandenen Architektur erhöht, um wieder einen für alle verbindenden öffentlichen Stadtraum zwischen Altstadt und deren Umgebung zu entwickeln.

Zu Beginn des Semesters werden gemeinsam Analysezeichnungen der Stadt erarbeitet und ein Umgebungsmodell angefertigt. Die Exkursion nach Erfurt dient den Teilnehmer*innen dazu, sich mittels Besichtigungen wichtiger Architekturen, Vor-Ort-Führungen von Expert*innen sowie Gesprächen mit Anwohner*innen ein städtebauliches und (sozial-)räumliches Bild von der Stadt zu erarbeiten. Dazu dienen auch die künstlerischen Übungen. Alle weiteren Workshops, Konsultationen und Zwischenpräsentationen finden im Atelier statt. Die Teilnahme an den Exkursionen und die Anwesenheit im Atelier an den Entwurfstagen ist verpflichtend. Eine Zusammenarbeit in Dreierteams wird angestrebt. Da die Abgabeleistungen nicht allein erbracht werden kann, ist auch die Zusammenarbeit in Teams obligatorisch. 

Die Vorlesung „Die Geschichte des Europäischen Städtebaus” für das 2. Semester der Urbanistik wird auch allen Architekturstudierenden empfohlen.

 

Dienstag 9:15 – 18:00 

Betreuung wöchentlich 

Zwischenpräsentationen

Symposium „Rechte Bedrohung” 02.05.2024 - Oberlichtsaal - Näheres bitte den Aushängen an der Professur und dem Internet entnehmen. 

Schlussabgabe am 8.7.24

Schlusspräsentation am 9.7.20224

Exkursion 24.-27.7.24 nach Erfurt

 

 












 

Die Vorlesungsreihe ist eine Einführung in die Geschichte des Europäischen Städtebaus. Sie setzt sich mit dem architektonischen und städtebaulichen Denken von den Anfängen des bürgerlichen Bauens im 18. Jahrhundert bis heute auseinander. 

Unserem europäischen Selbstverständnis zufolge ist der öffentliche, allen freien Bürgern zugängliche Raum das konstituierende Element der Europäischen Stadt. In den Vorlesungen zeigen wir auf, dass die Architektur den öffentlichen nicht nur als gebauten Raum, sondern mit ihren narrativen Möglichkeiten auch als Bedeutungsraum erschließen und lesbar machen muss. Aus diesem Grund sind Architektur und Städtebau eine untrennbare Einheit. Das eine ist nicht ohne das andere denkbar. Beide bedingen einander. 

Architektur und Städtebau sind in einem dialektischen Verhältnis gefangen, das seit der Aufklärung bis heute krisenhaft ist. Während die Architektur sich in der Regel immer stärker auf das Einzelobjekt beschränken ließ, hat sich die Stadtplanung auf eine reine Funktionsplanung reduzieren lassen. Trotz der kritischen Reflexion der Postmoderne und der anschließenden Rekonstruktion der Stadt hat sich die anhaltende Auflösung der Stadtstruktur nicht aufhalten lassen. Das Ergebnis ist eine Erosion städtischer und architektonischer Konventionen, die letztlich der Architektur den notwendigen Bezugsrahmen entzieht. 

Nur mit einem Verständnis für die Geschichte des Europäischen Städtebaus und der Architektur können wir wieder an die Erzählung der Europäischen Stadt anknüpfen und jene narrativen Qualitäten schaffen, die notwendig sind, um den öffentlichen Stadtraum zu konstituieren, den wir bis heute so sehr an der Europäischen Stadt schätzen. 

Die Vorlesungen geben anhand unterschiedlicher Architekturpositionen einen Einblick in die Typologien, Raumkonzeptionen und Diskurse der jeweiligen Zeit, um damit den Studierenden einen ersten Überblick über das Handwerkzeug des städtebaulichen Entwerfens zu geben. 

Die Vorlesung wird in diesem Sommersemester 2024 in Präsenz im Hörsaal gehalten. Parallel werden kürzere Texte als Pflichtlektüre herausgegeben. Videos der Vorlesungen, die Pflichtlektüre und die Folien werden auf moodle bereitgestellt. Am Ende des Semesters ist eine Prüfung abzulegen.

 

Mittwochs, 17:00 – 18:30
1. Termin Mittwoch 10.4.2024
wöchentlich außer in der Exkursionswoche

Schriftliche Prüfung am 24.7.24

 

 












 

Die Vorlesungsreihe baut auf den Grundlagen der Vorlesung „Einführung in die Geschichte des Europäischen Städtebaus“ auf. In dieser Vorlesungsreihe setzen wir uns mit der städtischen Architektur des Wohnens auseinander. In jeder der Vorlesungen wird eine Stadt und ihre ganz eigene Wohnkultur anhand von exemplarischen Beispielen vorgestellt.

In Ihrer langen Tradition und ihrem Selbstverständnis zufolge ist der öffentliche, allen freien Bürger*innen zugängliche Raum das konstituierende Element der Europäischen Stadt.

Wenn wir uns mit dem öffentlichen Raum der Stadt auseinandersetzen, müssen wir gleichzeitig immer das Private mitdenken. Nur mit einem grundlegenden Verständnis für das Private, für die Übergänge, die Schwellenräume, die Fassaden, kann die Konzeption des Öffentlichen gelingen. Wohngebäude sind die konstituierende Gebäudetypologie jeder Stadtstruktur. Die Wohnkultur und die Kultur der Stadtarchitektur einer jeden Stadt sind untrennbar miteinander verbunden.

In den Vorlesungen werden wir anhand von Referenzprojekten den Zusammenhang von öffentlichem Stadtraum und Übergang zum Privaten, von der Fassade bis zur Konzeption des Wohnungsgrundrisses thematisieren. Die Vorlesung möchte den Studierenden einen Einblick in Typologien, Raumkonzeptionen und Diskurse geben. Mit derselben Hingabe, mit der der strukturelle Zusammenhang dargelegt wird, wollen wir uns auch mit den Details, Materialien, Farb- und Lichtstimmungen von Stadt- und Wohnräumen auseinandersetzen.

Parallel zur Vorlesung werden Saalübungen herausgegeben. Die Zeichnungen sollen das in den Vorlesungen Gehörte und Gesehene vertiefen. Die Übungen sind die Grundlage der Benotung. Die Vorlesung wird im Hörsaal gehalten.

 

 












 

Als Disziplinen, deren Arbeit zu weiten Teilen im öffentlichen Raum stattfindet, sind Städtebau und Architektur immer auch ein Verhandeln verschiedener Positionen zu den Belangen des Bauens. Die unterschiedlichen Akteure, von den Auftraggebern – privat oder öffentlich – über die Architekt*innen selbst bis hin zur breiten Öffentlichkeit stehen dabei in einem komplexen kommunikativen Verhältnis zueinander. Öffentlichkeit und Fachleute nutzen dafür teils die gleichen – etwa Monatsmagazine, Tages- und Wochenzeitungen sowie Rundfunk –, teils unterschiedliche Medien.

Für den Fachdiskurs kommt den Architekturzeitschriften in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Sie bilden einen Raum für den Austausch von (auch divergierenden) Positionen und durch ihre Verbreitung gleichzeitig einen Rezeptionsraum dieser Diskurse. Besonders deutlich wird diese Rolle in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland. Nach den Verheerungen des Krieges herrscht in den deutschen Städten Bedarf an Infrastruktur, Verwaltungsbauten und größte Wohnungsnot. Je nach Statistik fehlen in Deutschland nach 1945 zwischen 5 und 7 Millionen Wohnungen. In den Städten ist bis zur Hälfte der Wohnungen zerstört oder beschädigt. Neben dem Wiedererrichten der Industrie und dem Einsetzen einer neuen Verwaltung, liegt so ein Schwerpunkt der Aufbaubemühungen auf der (Neu)Planung der Städte und der Wiedererrichtung und dem Neuschaffen von Wohnraum. Um den ungeheuren Bedarf möglichst rasch und kostengünstig decken zu können, stehen in den unmittelbaren Nachkriegsjahren Debatten zu städtebaulichen Leitbildern, zu Industrialisierung und Normung des Bauens ebenso im Zentrum der Auseinandersetzungen wie die Typisierung der Wohnbauten und die Rationalisierung des Bauablaufs. Gleichzeitig suchen die Architekt*innen nach aktualisierten formalen Leitbildern und Wohnformen.

Die Architekturzeitschriften spielen dabei für die Debatten des Städtebaus und des Wohnens eine besondere Rolle: als Fachzeitschriften, die als nicht hoch ideologisch belastet gelten, können sie bereits sehr früh nach dem Krieg, ab 1946 wieder erscheinen. Zum Vergleich: der Bund Deutscher Architekten BDA gründet sich erst 1948 neu. Auch die Hochschulen nehmen erst langsam den Betrieb wieder auf. Als Foren des Austauschs sind die Zeitschriften so von besonderer Wichtigkeit.

Im Seminar untersuchen wir unter diskursanalytischer Perspektive die Berichterstattung zu ausgewählten städte- und wohnbaurelevanten Ereignissen der Nachkriegszeit in den Jahrgängen von sechs deutschen Fachzeitschriften für Architektur. Als Case Studies dienen die Neue Bauwelt, Die Bauzeitung, Der Baumeister, die Baukunst und Werkform, die Architektur und Wohnform und die Deutsche Bauzeitschrift. Wir gehen bei unserer Untersuchung dieser Titel der Frage nach, wie der Wiederaufbau im Allgemeinen und die Themen Städtebau, Stadtgestalt und Wohnen im Besonderen diskursiv begleitet wurden. 

Im Seminar werden Grundlagen der Literaturrecherche vermittelt und Methoden der historischen Diskursanalyse erprobt.

Erwartet werden ein Referat eines von mehreren vorgegebenen veröffentlichten Themen sowie die weiterführende Auswertung der Zeitschriftenkorpora und die schriftliche Darlegung der Ergebnisse. Eine verbindliche Form der Darstellung der Ergebnisse wird im Seminar entwickelt. Die Themen sind in Einzelarbeit oder Zweiergruppen zu bearbeiten.

 

Mittwoch 9:15 – 10:45 

1. Termin Mittwoch, 10 04 2024

wöchentlich bis zum 26 06 2024

Abgabe am 31 07 2024