Reducing Parking Space

"Notwendige Stellplätze"
Nach Thüringer Bauordnung müssen beim Neubau von Gebäuden Parkplätze nachgewiesen werden ("notwendige Stellplätze"). Die Zahl der Stellplätze ist verhandelbar und wird am Ende von der Kommune festgesetzt. Auf dem Südgelände der Bauhaus-Universität gibt es 110 überirdische Stellplätze, die zusammen mit den Bauvorhaben der letzten zehn Jahre errichtet werden mussten.

Unter Fachleuten, in Ämtern und Ministerien besteht heute ein breiter Konsens, dass der Autoverkehr in den Städten und damit auch das Parkraumangebot verringert werden muss. Den Genehmigungsbörden aber sind durch die Stellplatzforderung der Bauordnung die Hände gebunden.

Rechtsordnungen
Für den Bau von Stellplätzen sind in Thüringen drei Rechtsordnungen relevant: Die Landesbauordnung (§49), die "Vollzughinweise zur Thüringer Bauordnung" und die Stellplatzablösesatzung der Kommune. Schon in der Bauordnung ist der Stellplatzzwang eingeschränkt: Es "müssen geeignete Stellplätze oder Garagen hergestellt werden, wenn [...] zu erwarten ist, dass der Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeug erfolgt." Bei den Studierenden als Hauptnutzer der Bauhaus-Universität ist jedoch nicht zu erwarten, dass Sie in einer kleinen Stadt wie Weimar mittels Kraftfahrzeug anreisen.

Auch die Weimarer Stellplatzablösesatzung sieht vor, dass die „Zahl der notwendigen Stellplätze", die das Weimarer Bauaufsichtsamt bei einer Baugenehmigung festlegt, sich nach der Zahl der zu "erwartenden Kraftfahrzeuge" richtet.  Zur Ermittlung der nachzuweisenden Stellplätze gibt es Richtzahlen, die in den Vollzugshinweisen zur Bauordnung enthalten sind. Sie gelten in Weimar seit 1991 und stammen ursprünglich aus noch früheren Zeiten.

Für Hochschulen und Fachhochschulen ist der Richtwert mit "1 Stpl. je 2-4 Studierende" angegeben. Bei dieser Rechnung sind alle Mitglieder der Universität eingeschlossen, also auch die Beschäftigten. Ihr Anteil an der Gesamtzahl beträgt in Weimar 17 Prozent, der der Studierenden 83 Prozent. Den Richtzahlen liegt also die Annahme zu Grunde, dass 20 bis 40 Prozent der Studierenden mit dem Auto zur Uni kommen.

Diese Vorstellung entspringt der Gedankenwelt der sechziger und siebziger Jahre. Es galt im Zuge der Massenmotorisierung als erstrebenswert, dass auch Studierende die Chance haben sollten, sich mit dem Auto fortzubewegen. Seitdem ist ein halbes Jahrhundert vergangen, in dem sich die sozialen Normen und Mobilitätsmuster geändert haben. Stichprobenartige Befragungen der Studierenden aus den letzten Jahren haben ergeben, dass maximal zwei Prozent mit dem Auto zu Uni fahren.

Die Richtzahlen für die Berechnung der Stellplätze sind zudem Richtwerte. So ist es auch in den Vollzugshinweise zur Bauordnung formuliert: Die Tabelle ist "nicht verbindlich sondern bietet lediglich einen Anhaltspunkt". Und: "Die Zahl der notwendigen Stellplätze ist jeweils im Einzelfall zu ermitteln." Es schließt sich zudem der Hinweis an, dass Autostellplätze durch Fahrradstellplätze ersetzt werden können:
"Es kommt insbesondere darauf an, inwieweit aufgrund der Nutzung und der Lage der Anlage damit zu rechnen ist, dass tatsächlich ein wesentlicher Teil der Besucher mit dem Fahrrad kommt. Je nach Nutzung können auch Kfz-Stellplätze entbehrlich und dafür in größerem Umfang Fahrradabstellmöglichkeiten erforderlich sein."
Die geltenden Rechtsnormen stehen also - wahrscheinlich - einer Reduktion der Stellplätze auf dem Südcampus der Bauhaus-Universität nicht entgegen.

Tatsächliche Stellplatznutzung
Ein weiteres Argument für die Reduktion ist der tatsächliche Bedarf, der durch einfache Zählungen der geparkten PKW zu ermitteln ist. Auf dem Südcampus regelt eine Schranke mit Chipkartenkontrolle die Zufahrt. Die zugängigen Daten stammen aus den letzten acht Monaten. Sie zeigen, dass zu keiner Zeit mehr als 35 Autos täglich die Schranke passiert haben. Dem gegenüber stehen 136 verfügbare Stellplätze. Auch wenn nach der Pandemie sich die Nutzungszahlen verdoppeln sollten, bliebe immer noch etwa die Hälfte der bereitgestellten Parkplätze ungenutzt.