Teil III: »Für Interkulturalität und nicht gegen irgendwen – das hilft niemandem weiter!«

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Dritter Teil des Interviews mit Prof. Dr. Winfried Speitkamp, Präsident der Bauhaus-Universität Weimar.

Der Präsident der Bauhaus-Universität Weimar Prof. Dr. Winfried Speitkamp hat mit uns über das Bauhaus.Semester, die Bauhaus-Universität Weimar und das historische Bauhaus gesprochen. Im dritten von drei Teilen geht es um die Vorzüge von Internationalität und Interkulturalität, den Umgang mit rechtspopulistischen Bewegungen und wie die Nationalsozialisten dazu beigetragen haben, das Bauhaus zu einem weltweiten Erfolg zu machen.


Transkript des Interviews

Welche Lehren können wir aus der Geschichte des historischen Bauhauses ziehen?

Aus der Geschichte lernen ist das große Stichwort. Kann man aus der Geschichte des Bauhauses und seiner Bedrängung durch rechtsradikale Kräfte lernen für die heutige Situation: des Driftens eines ganzen Teils der Gesellschaft nach rechts? Zunächst mal denke ich gerne ein bisschen kontrafaktisch was die Geschichte angeht. Stellen wir uns vor, es hätte die Rechtswendung in der Weimarer Republik nicht gegeben, was wäre passiert? Das Bauhaus wäre eine kleine Reformschule in Weimar geblieben, es hätte sich immer stärker abgeschlossen, wäre immer stolzer auf sich geworden, es wäre gewissermaßen als kleine Sekte übriggeblieben und kein Mensch würde heute davon reden. Die Nationalsozialisten haben unfreiwillig dazu beigetragen, dass das Bauhaus um die ganze Welt getragen wurde, dass es eine Weltbewegung wurde und die Idee ein absolutes Erfolgsmodell geworden ist. Ich will es nicht zuspitzen, es hätte sich vielleicht auch so vieles durchgesetzt, aber der unfreiwillige Effekt, dass heute weltweit Bauhaus existiert, liegt an den Nationalsozialisten.

Welche Parallelen sehen Sie als Historiker zwischen der Gründungszeit des Bauhauses und heute?

Heute würde ich vor einer vorschnellen Schlussfolgerung warnen, es gibt jetzt eine rechtsradikale Bewegung und wir sind wieder bedroht in unserem Kern, das ist so nicht. Die Frage ist auch nicht, ob wir jetzt Eins zu Eins übertragen, wie wehrt man sich dagegen, dass heute rechtsradikale Bewegungen auftreten. Es geht auch nicht darum die Politik zu belehren, wie sie es richtig machen muss. Wir müssen jetzt zeigen: Was sind die Vorteile von Internationalität, von Interkulturalität, was sind die Vorteile von Offenheit was Formgebung angeht, was Experimente angeht. Das sind alles Dinge, die hoch provozierend sind für rechtsradikale Bewegungen oder rechtspopulistische Bewegungen und wir müssen zeigen wo die Qualität daran liegt; wie können wir anders denken, wie können wir besser denken? Also nicht nur eine Mauer ziehen: „Wir sind gegen die, die da kommen“, sondern sagen: „Was machen wir? Was ist positiv an uns? Was können wir der Gesellschaft bieten? Wo können wir die Gesellschaft weiterführen?“ Da müssen wir vorbildhaft sein. Also für Interkulturalität und nicht gegen irgendwen, das hilft niemandem weiter.


Credits

Das Interview ist eine Produktion von eLab und Bauhaus.Semester:

Redaktion: Lukas Krähn und Sarah Schonert
Kamera: Steven Mehlhorn
Grafiken: Ioannis Oriwol
Schnitt: Lukas Krähn

 

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