Vom Arbeitsraum zum Ausstellungsraum
(rw) Es ist der Tag der summaery-Eröffnung und im Projekt »Leichte Entwürfe« soll heute präsentiert werden. Das Atelier von Prof. Heiko Bartels hat sich mittlerweile in einen Ausstellungsraum verwandelt. Wo noch vor wenigen Tagen die Arbeitsplätze der Studenten eingerichtet waren und kreatives Chaos herrschte, stehen nun die zahlreichen Prototypen: Tischgestelle, Schränke und Modelle lichter Räume aus Hüllen und Netzen. Eigentlich soll die Präsentation, wieder vor dem gesamten Plenum, um elf Uhr beginnen, zu diesem Zeitpunkt herrscht aber noch reges Gewusel. Man verschiebt den Termin zur Erlösung aller um eine Stunde.
Tischgestell fertig!
Roys einfaches Rezept »Tisch, Gestell, fertig!« ist aufgegangen. Gestell und Platte stehen vereint und in Gesellschaft anderer Tische in der Mitte des Raumes. Gleich zu Beginn der Präsentation wird ein eigenartiges Vehikel herangerollt: ein kreisrunder Spiegel auf Rollen mit einem praktischen Hebel – ein typisches Accessoire für Grenzer oder Lausbuben. Damit bietet Roy dem Plenum einen bequemen Blick auf die Unterseite seiner Konstruktion: das Labyrinth aus Seilen, das Platte und Gestell zu einer stabilen Einheit verschmelzen lässt. In der Mitte ist sehr gut das Drehkreuz zu erkennen, mithilfe dessen Spannung auf die Lederecken gebracht wird, die dann die Tischplatte halten und fixieren. Roy hat sich für das dunkelbraune Leder von Jens Zijlstra entscheiden, ist aber mit der Passform noch nicht komplett zufrieden. Auch über das Material der Seile möchte er noch nachdenken. Aber die Entscheidung fiel bewusst auf eine gut sichtbare Variante damit sich das Funktionsprinzip selbst erklärt – verstecken möchte er diesen Teil seines Entwurfes nicht.
»70 Grad«
Mittlerweile ist der Tisch auch zu einem Namen gekommen: 70 Grad. Roy erklärt, dass die Tischbeine in diesem Winkel angebracht sind. Auch ist die Pfalz der Aluminiumstrebe auf siebzig Grad gebogen: eine passende Bezeichnung also. Da die Zeit in Richtung »summaery« immer rasend schnell vergeht und viel zu kurz sein scheint, sind noch längst nicht alle Einzelheiten geklärt. Aber es handelt sich um einen ersten Prototypen und das offizielle Semester geht ja noch bis Ende September. In dieser Zeit wird sich sicher noch das eine oder andere Detail an der Erscheinung von »70 Grad« verändern. Es werden noch Füße aus Kunststoff oder Mossgummi dazu kommen, die Verseilung wird optimiert. Aber zum Schluss steht da ein sehr schöner Tisch, der sich in meiner Wohnung auch gut machen würde!
Wo ist der Schrank?
»Helena: wo ist Dein Schrank?« ruft Prof. Bartels. Aus einer anderen Ecke kommt schnurstracks die Antwort: »An der Wand, wo er hingehört!«. Die Atmosphäre ist ausgelassen. Alle freuen sich auf die bevorstehende und lang ersehnte Entspannung und das ist deutlich zu spüren. Helena erläutert kurz und knapp ihr Modell, bringt die Details auf den Punkt – knackig geht es durch die Tagesordnung. Der Schrank hat eine weiße Hülle aus Stoff bekommen. Bauchig wölbt er sich von der Wand weg und wirkt auf einmal sehr komplett. Bisher habe ich, abgesehen vom kleinen Puppenstuben-Modell, nur das Gestell sehen können. Mit dem Überzug aus Stoff, ergibt sich nun ein völlig neues Bild.
Leichte Wirkung und leichte Tatsachen
Der Schrank wirkt durch den leicht durchscheinen weißen Stoff »Popeline« sehr leicht. Und er ist es auch. Als Helena in ihrem Vortrag die entscheidenden Gewichtsangaben macht, schnappt sich Heiko Bartels fluchs das Modell und packt es auf die bereitstehende Waage: 4,2 Kilogramm zeigt die Digitalanzeige und man applaudiert beeindruckt. Damit ist die größte Hürde einwandfrei genommen. Ein paar Gramm werden noch dazu kommen, weil die Zeit es nicht mehr zugelassen hat, die Taschen zu nähen. Aber dazu ist noch den ganzen Sommer Zeit. Heute Abend werden verdient erst einmal summaery und der Beginn der vorlesungsfreien Zeit gefeiert.
Die Entwürfe und Prototypen des Projektes »Leichte Entwürfe« können während der »summaery 2011« in der Van-de-Velde-Werkstatt (Geschwister-Scholl-Straße 7) in Atelier 002 besichtigt werden.
Fertige Beine
(rw) Roy hat seine Tischbeine fertig gestellt. Quasi zur Generalprobe, der ersten Testmontage, darf ich in der Holzwerkstatt dabei sein. Die Fassungen für die Schrauben hat er mit Epoxydharz in die vorgebohrten Löcher eingeklebt. Alles passt so weit. In der Metallwerkstatt hinter der Van-de-Velde-Werkstatt, wo die Produkt-Designer ihre Ateliers und Arbeitsräume haben, hat Roy die Streben aus Aluminium gebogen und mit einer Schwabbelscheibe matt gebürstet. Noch schützt eine Folie die Oberfläche während der weiteren Arbeiten aber die Struktur lässt sich gut erahnen. Ebenso hat sich herausgestellt, dass Roy gut kalkuliert hat: bei wenig Verschnitt hat er fast das komplette Kontingent an amerikanischem Nussbaumholz verbraucht. Ich durfte mir ein Stück für meinen Schreibtisch mitnehmen.
Hausaufgaben fürs Wochenende
Fürs Wochenende nimmt sich der Schweizer noch einige Aufgaben mit nach Hause. Zu klären ist die Frage des Verseilungsmaterials: nimmt er ein Stahlseil oder lieber etwas aus Textil? Wie die Seilkonstruktion genau am Gestell befestigt werden soll, ist ebenfalls noch nicht festgelegt. Auch warten einige Lederproben darauf, begutachtet und auf ihre Zweckmäßigkeit bewertet zu werden. Hierzu hat Roy mit seinen Kommilitonen gesprochen und unter anderem von Jens Zijlstra, der neben seinem Studium Taschen unter dem Label »Magazijn« designt, verschiedene Materialproben erhalten. Die Lederteile sollen über die Ecken der jeweiligen Tischplatte gestülpt werden. Daran wiederum ist die Verseilung befestigt, die dem Konstrukt die nötige Stabilität verleiht. Roy ist sich sicher, zur »summaery 2011« sein Modell fertig zu haben.
Die Konstruktion der Endkonstruktion
Helena ist mittendrin ihre Endkonstruktion zu bauen, als ich sie in der »Holze« besuche. Nun geht es ans Fine-Tuning: es wird exakt und sauber gearbeitet. Jeder Metallschuh, der angebracht werden soll, bekommt ein vorgefrästes Bett, in dem er schließlich befestigt wird. Es ist beim Hauptmaterial Multiplex geblieben: das Gewicht von sieben Kilogramm ist sonst nicht zu realisieren. Überhaupt kristallisiert sich im Moment heraus, dass ein derartig leichter Schrank nicht den üblichen Stauraum bieten kann und ein neues Ordnungsprinzip erfordert, dass sich wesentlich vom Klassiker unterscheidet.
Die Stoff-Frage
Letztes Wochenende hat Helena im Stoffladen einige Testkäufe gemacht. Da dort keine Gewichtsangaben gemacht werden und diese für den Entwurf aber essentielle Bedeutung haben, musste per Hochrechnung ein Ergebnis her. Das auserwählte Textil bringt 80 Gramm pro Quadratmeter auf die Waage. Damit lässt sich arbeiten. Nur mit der Farbe ist die Produkt-Design-Studentin unzufrieden. Sie hat ein helles Grau-Blau als Muster mitgenommen, favorisiert nun aber einen wärmeren Ton. Es geht also erneut in den Stoffladen. Am Wochenende will Helena die Maße des endgültigen Modells abnehmen. Erst dann kann Sie den Schnitt für die Taschen machen und beginnen zu nähen. »Ich hoffe mal, dass alles klappt« meint sie, als ich nach der summaery frage. Aber es sieht gut aus, dass wir Schrank und Tisch zur Jahresausstellung sehen können.
Hier können Sie die »Magazijn« Designtaschen von Jens Zijlstra ansehen.
Arbeiten in der »Holze«
(rw) Roy hat eine Materialauswahl getroffen: amerikanisches Nussbaumholz. »Das ist ein Holz zum Verlieben! Da könnte man glatt einen Fetisch entwickeln« erklärt der Produkt-Design-Student. Und ich kann das gut nachvollziehen. Das warme Dunkelbraun mit der interessanten Maserung wirkt gegenüber dem Probematerial Tanne wesentlich edler. Aber guter Geschmack ist teuer und das schlägt sich in den Materialkosten nieder. Nun muss Roy sorgfältiger arbeiten und benötigt dementsprechend auch länger Zeit. Aber er genießt die Zeit in der Holzwerkstatt – man sieht ihm an, dass er Spaß an der Arbeit hat.
Die Japansäge
Einer der Gründe dafür ist mit Sicherheit die Japansäge, die nun zum Einsatz kommt. Stolz zeigt mir Roy drei verschiedene Modelle der asiatischen Säge und erklärt mir die Unterschiede. Mit der Einen sägt man mit der Faser – große Zähne fressen sich durchs Holz. Die andere ist für filigranere Details gedacht. Die Blattstärke beträgt hier nur 0,3 Millimeter, was das Werkzeug sehr biegsam macht. Auf meine Frage, ob man dann nicht ständig verkantet oder hängen bleibt, erfahre ich, dass man im Gegensatz zu in Europa gängigen Modellen, mit dem Japanischen nur auf Zug arbeitet. Man übt also den Druck nach unten nur aus, wenn man das messerartige Werkzeug zum Körper heranzieht – schweißtreibend.
Gewichtsreduktion
Ansonsten hat sich an Roys Entwurf ein weiteres Detail verändert. Sie vormals massiven Tischbeine werden nun durch luftig wirkende Rahmen-Beine ersetzt. Das spart nicht nur Material, sondern auch Gewicht. Ebenso wird der Balken, auf dem die Tischplatte aufliegen soll, aus Aluminium gefertigt werden. Die glatte, glänzende Oberfläche des Metalls kontrastiert wunderbar mit dem matten, samtigen Look des Holzes. Die Verseilung wird bleiben, hat Roy entschieden. Er findet, das sei »der Clou an diesem Entwurf«. Für die Kür hat er ein 1:2,5 Modell vorgesehen. Dazu wird er nächste Woche in der Metallwerkstatt das Blech für die Beinkonstruktion zurechtschneiden und biegen. Ich bin schon neugierig.
Verseilung
Helena treffe ich mitten in der Erprobung ihrer Verseilung. Mit einem Drahtseil hat sie einen ersten Stabilisierungsversuch durchgeführt und stellt nun fest, dass zwei voneinander unabhängige Verspannungen nötig sind. Die Konstruktion droht sich zu verziehen, da auf das System mit nur einem Seil diverse Züge wirken, die nicht ausreichend kontrollierbar sind. Daran wird sie weiter experimentieren. Auch wie die Seile befestigt werden können, muss noch geklärt werden. Hierzu hat Helena mehrere Ideen: eine Kombination aus Knauf und Seilbefestigung oder einen Winkel, der zusätzlich dazu die Rahmenkonstruktion an den Ecken zusammenhält. Dazu muss sie aber noch den Rat der Experten aus der Metallwerkstatt einholen. Eine Skizze hat sie schon dabei.
Die Beulen der Taschen
Am Wochenende will Helena in den Stoffladen gehen und sich erste Textilproben besorgen. Außerdem hat sie darüber gedacht, wie sie die Taschen am besten näht. Da sich diese je nach Befüllungsgrad immer weiter ausbeulen, werden sie nach unten kürzer. Um also viel Stauraum bieten zu können, müssten die Laschen recht lang geplant werden und würden dann mit hoher Wahrscheinlichkeit in der unteren Reihe auf dem Boden aufliegen. Um das zu verhindern, plant Helena, Falten einzunähen, die dann das aufplustern gewährleisten, aber das Schleifen auf den Boden umgehen. Auch steht noch die Entscheidung an, wie die Taschen am Rahmen befestigt werden. Eine Knopfvariante ist hier vorstellbar.
Die Sollbruchstelle
Die Sollbruchstelle, die nicht brechen sollte, hat Helena auch bezwungen. Die Streben an der Vorderseite des Schrankes laufen jetzt am oberen Ende zusammen und werden in einen gefrästen Schlitz im Rahmen gesteckt. Die noch hervorstehenden Enden werden gekürzt, damit das Gestell möglichst nahe an die Wand gerückt werden kann. Ich bin gespannt auf das endgültige Modell, denn bisher musste immer der Probe-Dummy für die zahlreichen Experimente Pate stehen.
Die Zwischenpräsentation
(rw) Diesmal ist der Konsultationstermin ein besonderer: Zwischenpräsentation. Das bedeutet konkret, dass die bisherigen Ergebnisse im Projekt »Leichte Entwürfe« vor dem gesamten Plenum präsentiert und gemeinsam diskutiert werden. Natürlich lastet so ein viel größerer Druck auf jedem einzelnen Studenten. Schließlich leitet dieser Tag die letzte Etappe zum großen Ziel ein, der summaery 2011.
Werkstattflair
Die Präsentation findet in der unteren Etage des Ateliers von Prof. Heiko Bartels statt. Dieser Teil des Raumes fungiert sonst als Arbeitsraum für Produkt-Design-Studenten: Werkstatt-Atmosphäre. Mehrere Tische sind im Zentrum des Raumes zu einem großen zusammengestellt worden. Ringsum sitzen auf Hockern ca. zwanzig Kommilitonen von Helena und Roy. Die Modelle unterschiedlichen Maßstabs werden herumgereicht, Belastungstest werden durchgeführt, die Entwürfe mit Klopfen gewürdigt.
Leicht ist schwer
Roy hat das versprochene 1:1-Modell seiner Tischbeine mitgebracht. Nicht, wie vereinbart aus Pappe, sondern aus Holz. »Pappe ist langweilig« scherzt Roy einen Tag zuvor auf dem Weg zur Holzwerkstatt. Er hatte das Material sowieso bereit, warum es also nicht nutzen? Die Präsentation verläuft gut. Man spricht über ein anderes Modell eines Tisches, dessen Gestell ebenfalls wie Roys Kür aus Metall gefertigt, aber wesentlich schwerer ist. Der künstlerische Mitarbeiter Welf Oertel meint: »Wie wir ja schon mehrfach festgestellt haben, ist leicht immer schwer.« Roy ist auf dem richtigen Weg mit seinem Ein-Bock-Tisch. Nur die Frage nach der Finanzierung des Metallentwurfs ist noch immer unbeantwortet. Ein größeres Modell soll auf jeden Fall her, damit die Kräftewirkungen genauer analysiert werden können. Beim Holzmodell steht eine Entscheidung an: mit oder ohne Verseilung. Man darf gespannt sein.
Die Probe aufs Exempel
»Angst zählt nicht erstmal ausprobieren« hatte Prof. Bartels in der letzten Sitzung gesagt. Nun treffe ich Helena in der Holzwerkstatt vor ihrem 1:1-Modell stehend und ihre Angst hat sich bewahrheitet. Die Streben aus Multiplex sind gebrochen und das bezeichnenderweise an der Sollbruchstelle. Was tun, wenn die Sollbruchstelle nicht brechen soll? Gemeinsam mit dem Werkstattleiter Andreas Riese überlegt Helena die Alternativen und entscheidet sich für eine andere Variante. Die langen Streifen aus dem biegsamen Material sollen nun an der Oberseite eingesteckt und befestigt werden. Am kleinen Modell, das Helena zur Präsentation dabei hat, funktioniert das auch tadellos.
Der steife Käfig
Nun heißt es eine weitere Runde in der »Holze«, wie die Werkstatt unter Studenten genannt wird, experimentieren und schrauben, schleifen und fräsen. Um die Auflagefläche der Streben am Rahmen zu vergrößern, denkt Helena darüber nach, einen Metallschuh anzubringen. Ob das nötig sein wird, zeigt die nächste Woche. Auf jeden Fall hat sie wie verlangt »ihren Käfig steif bekommen«, mittels einer Verspannung, über die sie noch nachdenkt. Vielleicht lässt sich auch hier noch etwas Material und damit Gewicht einsparen. Wenn all das geklärt ist, kann Helena sich der Textilfrage widmen.
Mehr dazu in der nächsten Woche...
Aus Holz wird Metall
(rw) Roy kommt in dieser Woche mit einem neuen Entwurf zur Konsultation: weg vom Holz, hin zum Metall. Die Idee kam ihm, als er über der V-förmigen Verstrebung zur Stabilisierung des Tisches brütete. Die Beine könnten doch aus einem Stück stabilen Stahlblechs gelasert und dann zusammengefalzt werden. Ein Papiermodell des neuen Entwurfs hat Roy mitgebracht, was sich als sehr vorteilhaft herausstellt. Denn an dieser sehr fragilen und flexiblen Miniaturausgabe werden die Auswirkungen der entstehenden Kräfte besonders sichtbar.
Die Korsage fürs Bein
Das größte Problem an dieser Variante dürften die Torsions- und Druckkräfte sein, die am intensivsten auf die Mitte der Beine einwirken. Prof. Heiko Bartels wartet mit einer raffinierten Lösung dieses Problems auf. Da die Verseilung des Holzentwurfes auch Bestandteil der Variation aus Metall ist, könnte eine Zick-Zack-Verschnürung diesen Part stabilisieren: quasi eine Korsage fürs Tischbein. An dieser Idee wird Roy weiter tüfteln.
Von der Pflicht zur Kür
Nun stellt sich natürlich die Frage danach, welchen der beiden Entwürfe Roy umsetzen möchte. »Das ist auf alle Fälle spannend« meint Prof. Bartels auf das Metallmodell deutend. »Das ist die Kür. Und die Holzvariante ist der sichere Weg, also die Pflicht.« Roy ist damit einverstanden. Aber es wird eine teure Kür werden. Durch den Materialwechsel zum Metall ergeben sich neben völlig neuen Fragestellungen und Problemen auch neue Kostendimensionen. Lasern, Falzen, Bördeln: das alles muss in einer Spezialfirma gemacht und vor allen Dingen auch bezahlt werden. Auf jeden Fall soll der Schweizer Produkt-Design-Student zur nächsten Konsultation ein 1:1-Papp-Modell der Beine für den leichten Holzentwurf anfertigen.
Der Schrank 1:1
Helena treffe ich in ihrem Arbeitsraum in der Van-de-Velde-Werkstatt. Der luftige Raum über zwei Etagen bietet genügend Platz für ihr 1,80 Meter hohes und 1,10 Meter breites 1:1-Modell des Schrankes. Mit dem Gewicht ist Helena bis jetzt zufrieden. Ungefähr fünf bis sechs Kilogramm bringt der Prototyp momentan auf die Waage. Da bleibt noch fast ein Kilo für den Stoff und andere Details übrig. Die Produkt-Design-Studentin hat recherchiert: der leichteste Stoff, Moskitonetz, würde mit sagenhaft winzigen 90 Gramm zu Buche schlagen, Seide summiert sich auf 180 Gramm, ist aber zu empfindlich. Hierüber denkt Helena aber erst wieder nach, wenn die Zeit reif ist.
»Angst zählt nicht erstmal ausprobieren!«
Die Konsultation rückt wieder das alte Problem der Stabilität in den Focus. Um mehr Raum für den Bauch des Schrankes und den Wintermantel zu gewinnen, muss Helena die Streben an der Vorderseite biegen und an der Unterseite befestigen. Dazu ist ein Halbkreis am Boden der Konstruktion geplant. Beides soll aus vier Millimeter starkem Multiplex gefertigt werden. Auf Helenas Bedenken, der Rahmen könnte sich unter dem Druck verdrehen oder die Befestigung der Streben brechen, meint Prof. Bartels: »Angst zählt nicht erstmal ausprobieren!« Und so wird Helena die nächste Woche wieder Stammgast in der Holzwerkstatt sein und experimentieren. Sollte sich die Variante mit dem Material Multiplex als ungünstig erweisen, muss ein vorgebogenes Element gefertigt werden. Prof. Bartels Aufgabe für die nächste Konsultation lautet: »Deinen Käfig musst du steif kriegen«.
Ich bin gespannt...
Tisch, Gestell, fertig!
(rw) Auf die Frage: »Und für welchen Entwurf hast Du Dich entschieden?« antwortet Roy Müller, Produkt-Design-Student, kurz und knapp: »Tisch, Gestell, fertig!«. Und verblüffenderweise bringen diese drei Worte die Aufgabenstellung im Projekt »Leichte Entwürfe« von Prof. Heiko Bartels auf den Punkt: Es soll sehr leicht und stabil sein, ein Tischgestell für diverse Platten. Es ist zerlegbar und in akzeptablen Maßen versandfähig. Auf keinen Fall zu vernachlässigen ist, dass die Entwürfe auf ihre ökonomische Herstellbarkeit und Marktfähigkeit geprüft werden.
... die charmanteste Lösung ist die Kompliziertere
Nun ist Roy zum dienstäglichen Konsultationsgespräch erschienen, um sein Modell im Maßstab 1:5 zu zeigen und zu diskutieren. Der Schweizer hat sich selbst die Herausforderung gestellt, entgegen des allgemeinen Gebrauchs, lediglich einen Bock als Untersatz für seine Tischplatte zu nutzen. Deshalb wird die aufwendig aussehende aber leicht zu montierende Konstruktion mit Seilen zusammengehalten und stabilisiert. Für Roy ist dies »nicht die einfachste, aber die charmanteste Lösung«. Die größte Hürde, die es nämlich zu nehmen gilt, ist, dass die Platte weder verschraubt noch verklebt oder anderweitig »beschädigt« werden darf.
Im Dialog entsteht die Lösung
Im Gespräch mit Prof. Heiko Bartels und seinem künstlerischen Mitarbeiter Welf Oertel werden Details wie wirkende Kräfte und Momente, das Packmaß oder die Befestigung der Seile an den Ecken des Tisches besprochen. Aber man scherzt auch über die Tauglichkeit des Entwurfes beispielsweise im Einsatz bei Saloon-Schießereien, denn die Platte droht im Moment noch leicht abzukippen. Der tragende Steg des Bockes ist bislang recht schmal angelegt und soll nun durch eine V-förmige Variante ersetzt werden. So können auch die Beine besser befestigt werden.
Roy will noch heute ein neues Modell bauen.
Nur sieben Kilo für einen Schrank
Direkt nach Roy ist Helena Teichrib an der Reihe. Sie hat sich für den Entwurf eines Schrankes entschieden. Das Besondere an ihrem Vorhaben ist, dass der Schrank keineswegs den gängigen Konventionen des Quaders folgt, sondern sich aus einem Rahmen herausbildet. An die Rechteckige Konstruktion sind Textiltaschen angebracht, die Stauraum für Shirts, Socken etc. bieten. Die besondere Herausforderung der Schrank-Aufgabe ist, dass er nicht mehr als sieben Kilogramm Gesamtgewicht auf die Waage bringen darf und mindestens Platz für einen Wintermantel bieten muss.
Not macht erfinderisch
Deshalb ist Helena auf die Idee gekommen, die Wand als Rückseite in ihren Entwurf einzubeziehen. So hat man leichten Zugriff auf die häufig genutzten Kleidungstücke in den Textiltaschen an der Vorderseite. Möchte man an den verstauten Wintermantel, klappt man den an die Wand angebrachten Schrank wie eine Tür zur Seite und findet die im Bauch der Konstruktion angebrachte Aufhängevorrichtung. Helenas größtes Problem ist die Statik: die strenge Maßgabe in Form des Gewichtes fordert Kreativität. Vielleicht lässt sich ein Boden aus einer Pappwabenplatte einbauen, um die nötige Stabilität zu erreichen?
Die nächste Konsultation wird mehr zeigen.
Das Projekt »Leichte Entwürfe« im Studiengang Produkt-Design wird betreut von:
Prof. Heiko Bartels
Welf Oertel
Begleitete Studierende:
Helena Teichrib
Roy Müller
Changes from color to monochrome mode
contrast active
contrast not active
Changes the background color from white to black
Darkmode active
Darkmode not active
Elements in focus are visually enhanced by an black underlay, while the font is whitened
Feedback active
Feedback not active
Halts animations on the page
Animations active
Animations not active