Die wechselseitigen Prozesse von Denkmalpflege, Stadtentwicklung und Wohnungsversorgung in der sich transformierenden ostdeutschen Großwohnsiedlung Halle-Neustadt (AT)
Kurzdarstellung
Die ostdeutsche Großwohnsiedlung ist stark von der Transformation der vergangenen Jahrzehnte gezeichnet. Bevölkerungsrückgang, demographischer Wandel und Rückbau gehen vielerorts einher mit einem gesamtstädtischen Bedeutungsverlust und pluralisierten Entwicklungsdynamiken. In Halle-Neustadt, ehemals eine der größten Stadtneugründungen der DDR, lassen sich viele dieser gesellschaftlichen und räumlichen Krisen beobachten, gleichzeitig werden diese Prozesse im 60. Jubiläumsjahr 2024 von großflächigen denkmalpflegerischen Unterschutzstellungen überlagert – in diesem Ausmaß ist das bisher in keiner anderen vergleichbaren ostdeutschen Großwohnsiedlung geschehen. Es ist zu beobachten, dass die denkmalpflegerische Praxis nicht nur an das Erbe des industrialisierten Wohnungsbaus der DDR erinnert, sondern auch der Status-Quo des umfassenden Transformationsprozesses der vergangenen dreißig Jahre konserviert wird.
Ausgehend von dieser scheinbaren dichotomen Gegenüberstellung in- und außerwertsetzender Prozesse widmet sich das Promotionsvorhaben der Frage, welche Wechselwirkungen der Disziplinen Stadtentwicklung, Denkmalpflege und Wohnungsversorgung in der sich transformierenden ostdeutschen Großwohnsiedlung Halle-Neustadt beobachtet werden können und wie sich diese reziproken Prozesse in übergeordnete Diskurse einordnen lassen. Die Arbeit setzt gewissermaßen dort an, wo die denkmalpflegerische Unterschutzstellung in Wissenschaft und Praxis sowohl allgemein als auch konkret in Halle-Neustadt bisher aufhört(e) und womit sich die Planung, Planungswissenschaft und Wohnungsforschung zumeist nur marginal befasst(e) - eine Untersuchung des Wohndenkmals hinsichtlich der Wechselwirkungen von Sozial- und Eigentumsstruktur, Bausubstanz und -typologie, Strategien der Planung und Wohnungsversorgung vor dem Hintergrund eines lokalspezifischen Akteursnetzwerk und der öffentlichen Rezeption.
Aufgrund der interdisziplinären Forschung an der Schnittstelle von Planungswissenschaft, Wohnungsforschung und Denkmalpflege knüpft die Arbeit an drei Forschungsfelder an: das Zusammenspiel von Denkmalpflege und Stadtentwicklung, das Wohnen im Denkmal sowie die Transformation der ostdeutschen Großwohnsiedlung. Nachdem diese in den Grundlagen skizziert und thesenartig zusammengefasst werden, soll der konkrete Forschungsgegenstand im Rahmen eines Mixed-Methods-Designs mit einem Schwerpunkt auf qualitativ-empirischer Forschung untersucht werden.
Mögliche Ergebnisse, die die Forschungsfelder verdichten können und folglich als Hypothesen verfolgt werden sollen, umfassen eine für die ostdeutsche Großwohnsiedlung bautypologisch spezifische Neukonfiguration der Abhängigkeit denkmalpflegerischer von planerischen Prozessen (und andersherum) sowie die daraus resultierende Notwendigkeit diversifizierter Instrumente und Teilhabeformate. Zudem ist davon auszugehen, dass die Rolle der Denkmalpflege, vor allem mit Blick auf die industriellen Wohnprodukte der DDR, im Diskurs für eine nachhaltige Stadtentwicklung an diesem Beispiel geschärft werden kann.
Verfasserin
Lena Hecker studierte Urbanistik an der Bauhaus-Universität Weimar und an der Iuav in Venedig sowie Historische Bauforschung und Denkmalpflege an der TU Berlin. Von 2021 bis 2023 arbeitete sie als Wissenschaftliche Hilfskraft am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung in Erkner im Forschungsschwerpunkt Zeitgeschichte und Archiv. Seit 2023 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Stadtplanung der Bauhaus-Universität Weimar. Dort ist sie unterstützend in der Lehre des Bachelor- und Masterstudiengangs Urbanistik tätig. Zudem forscht sie im DFG-Forschungsprojekt „Wohnen im Denkmal“ an der Schnittstelle zwischen Wohnungsforschung und Denkmalpflege. In ihrem Promotionsvorhaben vertieft sie diese Schnittstelle am Beispiel der sukzessiven, großflächigen denkmalpflegerischen Unterschutzstellung Halle-Neustadts als Beispiel einer sich transformierenden, ostdeutschen Großwohnsiedlung. Weitere Informationen finden Sie hier.
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Stand: Juli 2025
