Beschreibung |
Mit dem Begriff Munizipalismus werden Ideen, Forderungen und Praktiken bezeichnet, die auf eine weitreichende Demokratisierung des ökonomischen und politischen Lebens zielen und dabei auf Kommunen – als geeignete skalare Ebene der Initiierung gesamtgesellschaftlicher Transformationsprozesse – fokussieren. Munizipalistische Bewegungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf lokaler Ebene sowohl parlamentarische als auch außerparlamentarische Strategien verfolgen, um die Stadtentwicklung nach den Bedürfnissen der Bevölkerung auszurichten und staatliche Institutionen zu demokratisieren. Mit den Wahlerfolgen von Barcelona en Comú (2015), Zagreb je NAS! (2021) und anderen munizipalistischen Wahlplattformen haben neue Leitbilder Einzug in die Kommunalpolitik und Planung gehalten. So stärken munizipalistische Bewegungsparteien, die an der Regierung sind, basisdemokratische Elemente und streben eine „gehorsame Regierungsführung“ an, um eine neue Beziehung zwischen lokalen Regierungen, Verwaltungsakteur*innen, sozialen Bewegungen und Bürger*innen zu schaffen. Die munizipalistischen Bewegungen versprechen also, den politischen Spielraum für Visionen zu öffnen und gleichzeitig sehr konkrete transformative Instrumente der Stadtpolitik und -planung zu erproben. In Zagreb gründeten Aktivist*innen der Recht-auf-Stadt-Bewegung und NGOs die Wahlplattform Zagreb je NAS! (Zagreb gehört uns!, ZjN), die 2017 zum ersten Mal bei lokalen Wahlen antrat. 2021 gewann ZjN die Bürgermeister- und Stadtratswahlen. Auf die Euphorie und Aufbruchstimmung des Wahlkampfes folgten herausfordernde Jahre in Regierungsverantwortung. Das ambitionierte Wahlprogramm kann nur begrenzt umgesetzt werden. Bremsend wirken nicht nur der Koalitionspartner und die kroatische Zentralregierung, auch die von der Vorgängerregierung angehäuften Schulden und verschleppten Sanierungen der städtischen Infrastruktur engen die Spielräume ein. Darüber hinaus steht die eigene Stadtverwaltung in Teilen den neuen, demokratisierenden Instrumenten und Programmen skeptisch gegenüber und verhält sich dementsprechend unkooperativ. Und nicht zuletzt ist es der interne Widerspruch zwischen Aktivismus und Regierungspolitik, zwischen Visionen und Pragmatismus, zwischen Basisdemokratie und hierarchisch organisierter Verwaltung, der sich zermürbend auf die Bewegung auswirkt. Nichtsdestotrotz gibt es aber konkret spürbare Veränderungen und nach wie vor viele engagierte Menschen, die sich – innerhalb und außerhalb der Institutionen – für eine Ausweitung demokratischer Gestaltungsfreiheit und für soziale und ökologische Gerechtigkeit einsetzen. Im Projekt werden wir uns mit den Strategien, Erfolgen, Herausforderungen und Rückschlägen der munizipalistischen Bewegung in Zagreb auseinandersetzen. In der Exkursionswoche werden wir mit Basisaktivist*innen, Mandatsträger*innen, Verwaltungsangestellten und zivilgesellschaftlichen Initiativen sprechen. Themen der Workshops und Begegnungen werden sein: Abfall-Infrastruktur, Commons, Demokratisierung der Schulbildung, Ausweitung der Kleinkind-Betreuung, „feministization of politics“, Korruptionsbekämpfung, Platz- und Parkbesetzungen, Verhältnis von Aktivismus und Regierungspolitik, Überarbeitung des „General Urban Plan“, Reform der „Nachbarschaftsräte“ Zagrebs usw. Die Studierenden arbeiten in Kleingruppen und führen entweder eine eigene empirische Forschung durch oder positionieren sich mit einer praxisnahen, konzeptionellen Arbeit. Die Ergebnisse werden in einem Bericht dokumentiert und in Präsentationen vorgestellt. |