70. Sendung am 21. Oktober 2012

Tuesday, 05. Nov 2013

Unicato, das studentische Filmmagazin, erzählt in einem Dokumentarfilm „Die Geschichten von Hasankeyf“. Der kulturgeschichtlich einmalige Ort im Südosten der Türkei ist bedroht. Ein Stausee soll in wenigen Jahren die gesamte Region überschwemmen.

Leicht hatten es die kurdischen Bewohner der Südosttürkei seit jeher nicht. Auch wenn sie dort die Mehrheitsbevölkerung stellen, wird die kurdische Kultur unterdrückt. Kurdisch darf in der Öffentlichkeit nicht gesprochen werden. Aber das Leben geht weiter und jeden Tag fließt viel Wasser den Tigris hinab. Aber auch das könnte sich bald ändern.

Mit dem Ilisu-Damm, einem Prestigeprojekt der Regierung, soll nicht nur der Energiehunger der Wirtschaft gestillt werden, das Wasserkraftwerk nebst gewaltigem Stausee wird auch eine ganze Region verändern. Vor allem zum Nachteil, wie die große Schar internationaler Kritiker des Projekts mahnt.

Der Weimarer Studierende Michael Traub war mit der Kamera in Hasankeyf unterwegs. Die kleine Stadt liegt direkt am Tigris. In Hasankeyf vereinen sich christlich-römische und islamische Geschichte in kulturhistorisch einmaligen Bauten. Doch dieses geschichtliche Juwel wird bald nicht mehr existieren. Der Stausee kommt. Das ist sicher. Mit einer pompösen Zeremonie wurde vor wenigen Wochen in Ilisu ein neuer Bauabschnitt begonnen: der Tigris wurde aus seinem Flussbett abgeleitet und fließt nun für die nächsten Jahre durch drei große Tunnel. Im trockenen Flussbett sollen jetzt die Arbeiten am eigentlichen Damm beginnen.

So groß die Tragödie für Hasankeyf und die restliche Welt auch sein mag, so wenig pessimistisch ist Michael Traubs Dokumentarfilm. Denn „Die Geschichten von Hasankeyf“ werden von Kindern erzählt. Und die haben einen etwas skurrilen Erwerb für sich entdeckt. Selbst die Kleinsten verdingen sich als Fremdenführer, berichten von der glorreichen Vergangenheit des Ortes, rattern die auswendig gelernten Zahlen und Fakten herunter, ohne sie selbst zu begreifen. Hin und wieder bringen sie auch mal was durcheinander. Als Zuschauer betrachtet man dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn die Geschichten von Hasankeyf enden bald. Für den Fortschritt. Und für immer.