78. Sendung am 28. Juli 2013

Wednesday, 06. Nov 2013

Schwierige Vater-Sohn-Beziehungen: Ein junger Roma hat sich von seinem Vater entfremdet, muss ihn aber dennoch auf eine weite Reise begleiten. Nicht weniger turbulent ist der Trip, den Jan mit seinem Vater erlebt.

„Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr“, lautet ein ziemlich in die Jahre gekommenes Sprichwort. „Sohn werden“ ist wahrscheinlich noch leichter, denn viel mitzureden haben Söhne bei ihrer „Werdung“ nicht, dafür dürfen sich die meisten den Rest ihres Lebens mit einem Vater herumschlagen, der ihnen qua Geburt vor die Nase gesetzt wurde. Und umgekehrt.

Die Erkenntnis, dass das Verhältnis von Vater und Sohn immer spannungsgeladen ist, ist ein alter Hut. Allein die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Generationen mit ihren verschiedenen Werten, Normen und Erfahrungshorizonten liefert ausreichend Grundlage für ein veritables Konfliktverhältnis. Davon wusste schon Cat Stevens ein Lied zu singen, als er 1970 in „Father and Son“ textete: “It’s not time to make a change, just relax take it easy / You’re still young and that’s your fault, there’s so much you have to know” („Es ist nicht der rechte Zeitpunkt für Veränderungen, entspann dich, nimm’s leicht / Du bist noch jung und das ist deine Schwäche, es gibt noch viel, was du lernen musst“). Einziger Ausweg aus er Misere, der Verständnislosigkeit mit der sich beide Generationen begegnen, ist die Trennung. Jeder geht seinen eigenen Weg. Gelegentliche gegenseitige Besuche sind aber noch drin.

In Kunst und Kultur ist das Spannungsverhältnis zwischen Vater und Sohn immer wieder Thema. So auch bei Unicato. In zwei Kurzspielfilmen kehren Söhne zu ihren Vätern zurück. haben mit Sprachlosigkeit und Unverständnis zu kämpfen, stellen sich aber auch einer heilsamen Auseinandersetzung.

Vaclav Karel Harsas „Vaddi und ich“ und „Hunde wie wir“ von Anne Zohra Berrached entwickeln aber nicht nur unter dem Eindruck des Vater-Sohn-Konfliktes ihre Kraft. Beide Filme kommen mit einer ihnen eigenen überzeugenden visuellen Ästhetik daher. Die Schwarz-Weiß-Bilder, der absurde Humor und das Sujet der „kleinen Leute“, die „Vaddi und ich“ kennzeichnen, sind inspiriert von filmischen Vorbildern der tschechischen „Neuen Welle“ (Miloš Forman, Věra Chytilová, Jiří Menzel). Filmemacher Harsa ist in Tschechien geboren, wuchs aber in Frankfurt am Main auf.

„Hunde wie wir“ orientiert sich dagegen deutlich an den Roma-Filmen Emir Kusturicas wie „Zeit der Zigeuner“ und „Schwarze Katze, weißer Kater“. Die Figuren sind genretypisch leicht überzeichnet, es gibt jede Menge mitreißende „Gipsy“-Musik, das richtige Quäntchen Melancholie, Licht und Farben sind staubtrocken.

So unterschiedlich beide Filme sein mögen, gemeinsames Anliegen ist ihnen die Vater-Sohn-Problematik. Die unmittelbare Beziehung zwischen den Generationen ist unwiderruflich zerstört. Die Unterschiedlichkeiten zu erkennen und ein Verständnis für die Perspektive des Anderen zu entwickeln, ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich beide Seiten einigen müssen. Diese Entwicklung machen auch die Figuren der Unicato-Sendung im Juli durch. Am Ende geht alles viel leichter.

Vaddi und ich

Vaclav Karel Harsa, Bauhaus-Universität Weimar
Eigentlich wollte Jan endlich unabhängig sein, doch die Abnabelung ist deutlich misslungen. Geschlagen begibt sich der Mittzwanziger zu seinem Vater, um sich Geld zu leihen. Doch der ist auch nicht gerade mit Reichtümern gesegnet, zumal er eine neue Familie nebst einem kleinen Kind hat. „Vaddi“ begegnet seinem Sohn Jan mit Misstrauen und nimmt ihn mit auf einen kleinen „Spaziergang“, der in einer ereignisreichen Nacht mündet. Zumindest für Jan sieht die Welt danach ganz anders aus.

Hunde wie wir

Anne Zohra Berrached, Halle
Hiphop-Wunderkind Gino ist in einer Schaffenskrise. Er spürt den Beat nicht mehr. Dann stirbt auch noch sein Großvater, das Oberhaupt eines Roma-Clans. Gegen seinen Willen macht sich Gino gemeinsam mit seinem Vater und dessen Cousins in einem Wohnmobil auf den Weg nach Rumänien, denn der Patriarch wollte in der alten Heimat beerdigt werden.

Der junge Rapper kann mit den Roma-Traditionen nichts mehr anfangen. Seine Heimat ist Deutschland. Doch im Laufe des aufregenden und vor allem musikalischen Roadtrips beginnt er, über sich und seine Vorurteile nachzudenken.