62. Sendung am 29. Januar 2012

Monday, 27. Feb 2012

Unicato zeigt das Ärztedrama „Drei Patienten” von Arzt und Filmemacher Klaus-Gregor Eichhorn.

Die Nacht ist seine Gefährtin, Unfall und Tod seine ständigen Begleiter. Dr. Markus Kurowski ist Notarzt in Chemnitz. Auf der Autobahn flickt er Unfallopfer zusammen, in gutbürgerlichen Wohnungen begegnet er dem Elend, als ein allergiekrankes Kind vor dem sicheren Erstickungstod rettet. Aber Dr. Kurowski, der Gott in rot-weiß, ist kein junger Idealist.

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Die Nachtschichten und vor allem die Folgen seines Handelns haben ihn müde und nachdenklich gemacht. Ist es im Sinne des todkranken Krebspatienten, wenn er dessen augenscheinlichen Wunsch zu sterben ignoriert und ihn mit dem Defibrillator zurück ins Leben holt? Welches Leben soll das sein? Dr. Kurowski zieht sich auf sicheres Terrain zurück. Er macht nur noch Dienst nach Vorschrift, will sich nicht mehr für seine eigenen Entscheidungen rechtfertigen müssen. Ab jetzt entscheidet nur noch die Gesetzeslage. Und mit Patienten spricht er sowieso nicht. Doch Dr. Kurowski ist, Gott sei´s gedankt, nur eine Figur – mit unglaublicher Intensität gespielt von Theaterprofi Stefan Wancura. Seine Präsenz entfalten kann der Österreicher in der Rolle des resignierten Arztes in dem Spielfilm „Drei Patienten” von Klaus-Gregor Eichhorn. Unicato, das studentische Filmmagazin im MDR Fernsehen zeigt das ungewöhnliche Ärztedrama in seiner Januar-Sendung.

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Regisseur Eichhorn ist Chemnitzer und als Filmemacher einer echte Ausnahmeerscheinung in der deutschen Kinoszene. Denn hauptberuflich ist er der 29-jährige Arzt, um genau zu sein, verdient er seine Brötchen als Anästhesist am Klinikum Chemnitz. Eichhorn war schon immer ein Wanderer zwischen den Welten, wie er freimütig bekennt. Bevor er zur Medizin kam, hatte er bereits ein Jahr an der renommierten Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg studiert. „Von beiden Seiten kamen immer wieder Forderungen, entweder aus mir selbst heraus oder von Außen, mich zu entscheiden, wenn man so will, einen vorgegebenen Weg zu gehen. Da spielen viele Zwänge eine Rolle, die Erwartungen, immer nur etwas zu erfüllen, sich einer bestimmten Vorstellungswelt, wie ein Arzt oder ein Künstler zu sein haben, unterzuordnen. Das sorgt natürlich für Spannungen in mir und für Unzufriedenheit”, sagt er rückblickend. Mittlerweile hat er seinen Frieden mit den beiden Welten gemacht, ja, mehr noch, sie bedingen einander. Er könne es niemals allein unter Künstlern noch allein unter Ärzten und ihren jeweiligen Egos aushalten. Klare Worte. Aber Medizin und Film sind für Eichhorn auch eindeutig mehr als nur zwei Welten, die sich gegenseitig aneinander abarbeiten. Sie sind geistesverwandt. Eichhorn hat das zu schätzen gelernt, denn die Medizin ist für ihn auch eine Kunst. „Gerade mein Fachbereich, die Anästhesie, hat sehr viel mit Beobachten zu tun. Man muss in Gefühl für Menschen und Situationen entwickeln und natürlich auch mit Ängsten umgehen lernen. Zudem war ich leider sehr lange in der Familie mit den Themen Krankheit und Tod konfrontiert. Dabei habe ich auch die negative Seite des Arztberufs kennengelernt, die Achtlosigkeit, Überheblichkeit und Inkompetenz.” Erfahrungen, die in seinen Kurzfilm „Stimmen” einflossen, in dem ein junger Mann verzweifelt nach einer Therapie für seine todkranke Frau sucht und dabei auch an das Prachtexemplar eines schnöseligen Jungarztes gerät. „Stimmen” wurde übrigens im vergangenen Jahr mit dem MDR-Unicato-Award für den Besten Spielfilm ausgezeichnet.

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„Drei Patienten” ist bislang Klaus-Gregor Eichhorns aufwändigste Produktion. Mit kleinem Geld in Chemnitz und Umgebung gedreht, optisch aber so stark wie eine teure Kinoproduktion. Für seine Team konnte er zahlreiche Studierende gewinnen, wie Thomas Beckmann, Student an der Hochschule für Film- und Fernsehen München und den Oberbeleuchter Hendrik Reichel, Student an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Unterstützt wurde Eichhorn auch von den ehemaligen Mitstreiter der Chemnitzer Filmwerkstatt, in der er auch seine ersten filmischen Gehversuche machte. In „Drei Patienten” zeigt der Filmmacher einen Mediziner in der Krise: „Vielleicht finde ich die beiden Welten einfach am spannendsten, wenn ich sie hin und wieder verlassen und von außen betrachten kann.”