Beschreibung |
Lehrender: Gabriel S Moses
Kann Videokonferenzsoftware in ein Toolkit für eine neue Art von Theater umgewandelt werden? Könnte dies die Zukunft der Lecture-Performance "im Internet" sein? Und warum ist dieses Wissen für alle, die von zu Hause aus arbeiten, wichtig?
Shakespeare erkannte bereits im 16. Jahrhundert, dass „die ganze Welt eine Bühne ist”. In jüngerer Vergangenheit, im Jahr 2002, fasste Jon McKenzie die rücksichtslose Überlebenslogik unserer prekären Wirtschaft in drei Worten zusammen: "Perform or Else". Jetzt, im Zuge der COVID-19 Krise, tief im postdigitalen Zeitalter, wird uns schmerzlich bewusst, wie wahr beide Aussagen tatsächlich sind:
Die meisten von uns in der akademischen und künstlerischen Welt vebrachten die letzten Monate damit, von einer Zoom-Konferenz zur nächsten zu rennen, ohne unsere Plätze zu verlassen. Noch nie waren wir isolierter. Und dennoch waren wir dank der Technologie exponierter und stellten uns öffentlicher zur Schau als je zuvor. Gleichzeitig konnten wir uns nie sicher sein, wie viele Menschen uns wirklich beobachten und was sie sehen können. Präsentieren wir uns im "Gallery View" oder im "Speaker View"? Unsere Webbrowser sind zu unseren Bühnen geworden. Wir haben uns heute Morgen noch nicht einmal die Zähne geputzt, stecken aber bereits in unseren Kostümen, angemessen gekleidet zumindest von der Hüfte an aufwärts, und die intimsten Räume unserer Häuser verwandelten wir in Szenografien.
Ganz gewiss gibt es Möglichkeiten, diese neuen invasiven Formate zu verbessern: sie von Einschränkungen hin zu nützlichen Werkzeugen zu entwickeln. Sicher können wir lernen, auf diese Umstände auf eine subversive Art und Weise zu reagieren, die uns befähigt, unsere Botschaft zu stärken, die dieses unerwünschte digitalisierte Theater in eine innovative, bahnbrechende, ergreifende Kunstform verwandelt.
Im folgenden Seminar werden wir versuchen, genau dieses Ziel zu erreichen.
Wir werden zunächst Konzepte aus der Lecture-Performance und der Performance im digitalen Zeitalter diskutieren. Diese Konzepte werden wir dann anwenden, um die Performativität genau jener Online-Plattform zu untersuchen, über die unser Seminar selbst abgehalten wird. Unter Verwendung ihrer verborgenen Potentiale werden die Teilnehmenden dann eigene neue Online-Performance / Theater-Stücke bzw. Künstlergespräche entwickeln, die die jeweiligen persönlichen Interessen, eigenen Projekte sowie die Seminarthemen widerspiegeln. |
Literatur |
z.B.: Performing the Digital (Leeker, Beyes, Schipper, 2017), Perform Or Else (McKenzie, 2001), On the Threshold of Knowing (Rainer, 2017) |