Beschreibung |
„1. Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr? 2. Was tun Sie dagegen? 3. Haben Sie keine Angst vor dem Tod (weil Sie materialistisch denken), aber Angst vor dem Sterben? 4. Möchten Sie unsterblich sein? […] 19. Wissen Sie, wo Sie begraben werden möchten?”
Max Frisch, Auszug aus "Fragebogen Nr. 5"
Friedhöfe sind nicht nur Orte der Erinnerungskultur sondern auch Abbilder unserer pluralistischen Gesellschaft. Seit dem Jahr 2000 gehört die Friedhofskultur in Deutschland zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Dieser Status soll dazu beitragen, mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksweisen sowie gesellschaftliche Bräuche, Feste und Rituale ebenso wie Handwerkstechniken der Friedhofsgestaltung zu bewahren.
Die interdisziplinäre Lehrveranstaltung der Fakultäten Medien und Architektur & Urbanistik thematisiert den Tod und die (Dis-)Lokalisierung des toten Körpers. Uns werden Bestattungsformen und Grabstätten als — im weiteren Sinne architektonischer — Ausdruck des Verhältnisses der Lebenden zu den Toten beschäftigen und wir werden daran soziale, kulturelle, ökologische und ökonomische Entwicklungen beobachten. Mit verschiedenen Akteuren (u.a. dem Kulturwissenschaftler Thomas Macho) können wir in diesem Bauhaus-Modul über die Veränderung der Bestattungskultur sprechen und das Thema sowohl theoretisch als auch anhand von konkreten Beispielen vor Ort diskutieren.
Ziel des Seminars ist es, ausgehend von theoretischen Texten, kulturellen Artefakten sowie durch Gespräche mit Expert*innen und durch eigene Beobachtungen vor Ort Kompetenzen zu erlangen, die es ermöglichen, Rückschlüsse auf die gegenwärtige Verfasstheit unserer Gesellschaft zu ziehen. Die gewonnenen Erkenntnisse zur Sepulkralkultur können in der Folge auch auf andere Themengebiete angewendet werden und fließen potentiell in die Gestaltung architektonischer Umgebungen ein oder werden als ästhetische Fragmente medial inszeniert.
Themenschwerpunkte des Seminars sind u.a.: • Natur & Tod ― von Friedhöfen als ökologischen Inseln in der Stadt bis zur nachhaltigen Bestattung • Politik & Tod ― zur Instrumentalisierung der Toten und ihrer Grabmale für politische Zwecke in verschiedenen politischen Systemen • Leben & Tod ― Bestattungsriten, -manifestationen und interkulturelle Sepulkralpraktiken • Architektur & Tod ― gebaute Artefakte des Todes, von Grabmalen über Mausoleen, Friedhofskapellen und Krematorien bis zu Kolumbarien und Domen • Digitalisierung & Tod ― Facebook, Digitale Friedhöfe und andere Formen des digitalen „Nachlebens”
Die Prüfungsleistung besteht in der motivierten Teilnahme an den Seminarsitzungen, der Bearbeitung und Präsentation eines Referatsthemas und der Anfertigung einer künstlerischen oder wissenschaftlichen oder künstlerisch-wissenschaftlichen (Gruppen-)Arbeit, die einen Aspekt des Seminars reflektiert und zum Semesterabschluss ausgestellt werden wird. Je nach Leistungsstand, Studienrichtung und Interesse können hier Differenzierungen vorgenommen werden.
Das Seminar steht explizit allen Studierenden der Bauhaus-Universität Weimar offen. Studierende, die Interesse an der Teilnahme haben, sich aber nicht online einschreiben können, bitten wir um Zusendung einer Mail an ulrike.kuch@uni-weimar.de.
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