Beschreibung |
Emigration, was auch immer ihre Ursache sein mag, geht mit erzwungenen Brüchen der familiären, sozialen, religiösen und kulturellen Kontinuität und Überlieferung einher. Das Zurückgelassene verliert seinen Bezug, und im Exil, wenn es denn erreicht wird, lassen sich die verlorenen Zusammenhänge zumeist nur fragmentarisch und unter vollkommen veränderten Bedingungen restituieren. Zwar können Flucht und Exil auch eine Art konservatorische Agency entfalten: So vergaß Alfred Döblin, der Verfasser des Romans „Berlin Alexanderplatz“, im Exil 1933 einen Karton mit Handschriften, der erst 1969 in der Lagerhalle einer Züricher Möbelspedition wiederentdeckt wurde. Aber auch in solchen Fällen bleibt eine Lücke und ein Bruch bestehen: die geretteten Dokumente waren ja für Jahrzehnte orts- und wirkungslos. Das Seminar versucht theoretisch und praktisch die Wege untergegangener und geretteter Archive zurückzuverfolgen und wieder begehbar zu machen. Im Zentrum stehen die Flucht- und Migrationsbewegungen des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. |
Literatur |
Nicolas Berg: Geschichte des Archivs im 20. Jahrhundert, in: Marcel Lepper, Ulrich Raulff: Handbuch Archiv: Geschichte, Aufgaben, Perspektiven, Stuttgart 2016, S. 57-75; Vilem Flusser: Wohnung beziehen in der Heimatlosigkeit, in: Vilem Flusser: Bodenlos. Eine philosophische Autobiographie. |