Beschreibung |
Ich unterschied von Anfang an dreierlei distincte Arten von magnetischem Gase: 1) das gewöhnlichere, das nur schwach tönend, mehr wie siedend Wasser sausend einströmt 2) das mit lautem Saus und Braus, wie wenn man Sand reibt, gar nicht tönend hereindampft (und) Nerven, Muskeln, Adern gewaltig streift, spannend ausdehnt u. füllt u. 3) das concentrirteste, heftigste und schärfste Gas. Dieses zieht hochtönend, hööööö oder tsiiiii blitzend, wie eine lebendige Flamme herein, die furchtbar eingreift, aufs Höchste anregt, schnell entzündet und mir die größte Pein, die schrecklichsten Qualen verursacht. Friedrich Krauß
Die Geschichte des Wahnsinns ist eng verknüpft mit technologischer Entwicklung. Der Handlungsreisende Krauß fühlt sich um 1815 von Magnetiseuren ferngesteuert, der Jurist Schreber seit 1885 von Strahlen gelenkt, der Chemiker Staudenmaier empfängt ab 1910 ein konstantes interaktives Radioprogramm seiner inneren Dämonen. Wir werden einige dieser furchtlosen Forscher und Kartographen im Lande des Wahnsinns kennen lernen und klangliche Mittel der Umsetzung eines Stückes "verrückter" Literatur erarbeiten. Wie klingt der Wahnsinn? Welche Stimmen gibt es heute zu hören? Erzeugen Internet, Überwachungstechnik und Digitalisierung neue Formen der Paranoia? Zur Beantwortung dieser Fragen experimentieren wir mit den Parametern Sprechhaltung – Sprachdynamik – Sprechtempo – Raum – Effekt – Montage sowie mit Verfahren extremer Spracherzeugung, Sprachbehandlung bis hin zur Musikalisierung von Sprache. Am Ende stehen eigene radiophone Klangarbeiten. |
Bemerkung |
weitere Lehrende: Ulrich Bassenge (verantwortlich)
Daniel Paul Schreber: Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken, Leipzig 1903 http://gutenberg.spiegel.de/autor/daniel-paul-schreber-1161 oder http://userpage.fu-berlin.de/~quirrrrl/Denkwuerdigkeiten_eines_Nervenkranken.htm Ludwig Staudenmaier: Die Magie als experimentelle Naturwissenschaft, Leipzig 1922 http://www.rodiehr.de/g14/g_14_staudenmaier_magie_exp_wissensch.pdf Roy Porter, Wahnsinn, - eine kleine Kulturgeschichte, Frankfurt/Main 2007 Hahn, Person, Pethes: Grenzgänge zwischen Wahn und Wissen
Weiter Termine: Di 25.10.2016, 10:00 – 16:30 Mo 21.11.2016, 15:00 – 18:15 Di 22.11.2016, 10:00 – 16:30 Di 06.12.2016, 10:00 – 16:30 Di 13.12.2016, 10:00 – 16:30 Di 10.01.2017, 10:00 – 16:30 Di 17.01.2017, 10:00 – 16:30 |