Recycling ist nicht nur ein Phänomen unserer modernen Zivilgesellschaft, in der Abfälle in den Kreislauf der Wiederverwertung zurückgeführt werden, sondern Recycling gehört zu den ältesten künstlerischen Techniken überhaupt. Bereits in der Antike wurden Skulpturen tausendfach „recycelt“, das heißt immer wieder hergestellt, um einen größeren Wirkungskreis zu erreichen. Bis ins 19. Jahrhundert wurde das Wissen über Kunstwerke nicht durch die Originale selbst verbreitet, sondern durch Kopien. Holzschnitzer, Kupferstecher, Radierer und später Lithographen vervielfältigten die Werke berühmter Künstler oder die Künstler legten sie bereits als Kupferstich (Dürer) oder Radierung (Rembrandt) an. Während jedoch Holzschnitt, Kupferstich, Radierung oder Lithographie manuelle Reproduktionstechniken sind, so hat sich durch die technischen Verfahren der Fotografie und des Films, später dann durch Video und noch stärker durch die Digitalisierung auch der Wesenscharakter der Kunstwerke geändert. Dabei wurde insbesondere die Frage nach dem Original eines Kunstwerkes (neu) gestellt, was die theoretische Auseinandersetzung mit dem Orginalitätsbegriff von Kunstwerken beflügelte. Doch neben den neuen Reproduktionstechniken Fotografie und Film waren es vor allem neue künstlerische Verfahren wie die Collage, die im 20. Jahrhundert ein neues Materialverständnis und in diesem Zusammenhang einen neuen Kunstbegriff hervorgebracht haben. Denn durch die Collage wurde es möglich, nun auch kunstfremde Gegenstände, das heißt alltägliche Produkte in die Kunst zu integrieren oder wie Marcel Duchamp später in seinen Ready Mades durch Designierung oder durch Umgestaltung (siehe L.H.O.O.Q.) zu Kunst aufzuwerten. Aber auch Fake und die Appropriation Art in den 1970er Jahren gehören zu den Früchten einer Recycling-Kultur im 20. Jahrhundert, die die Vorstellung vom Original unterlief und somit den Autonomiestatus der Kunst angriff. Kunst hat sich unter verschiedenen Recyclingtechniken bis heute immer weiter ausdifferenziert.
Im Seminar sollen nicht nur Kenntnisse über die verschiedenen Reproduktionsmedien von ihren Anfängen bis ins digitale Zeitalter vermittelt werden, sondern es soll sich vor allem auch mit den im Kontext des Recyclings stehenden Begriffen wie Original, Kopie, Remake, Remix, Sampling, Culture Jamming, Fake, Plagiat, Fälschung, Reproduktion etc. auseinandergesetzt und verschiedene Formen des Recyclings in der Kunst untersucht werden. Ergänzt wird das Seminar durch Exkursionen nach Jena zu den „Schrottskulpturen“ Frank Stellas oder in die Graphische Sammlung der Klassikstiftung. Weimar sowie in thematische Ausstellungen in der Umgebung.
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