Beschreibung |
In den 1990er Jahren hatte die Stadt Leipzig, wie viele andere Kommunen der ehemaligen DDR, zunächst mit hohem Leerstand zu kämpfen. Dadurch sind Freiräume entstanden, in denen sich Initiativen und Praktiken einer "Stadt von unten", bspw. gemeinschaftliche Gärten, Repair-Cafés und Hausprojekte, entwickeln konnten. Diese Entwicklungen ergänzten die Stadtplanung, stellten sie aber auch in Frage und fordern sie bis heute heraus. Ab Anfang der 2000er Jahre setzte in Leipzig eine beispiellose Wende der Einwohner:innenentwicklung ein. Damit stieg der Druck auf die angeeigneten und umgenutzten Leerstände und Brachflächen, die die Stadt (noch) auszeichnen.
Auch der Güterbahnhof in Plagwitz lag nach der Schließung der benachbarten Industriebetriebe lange brach. Im Jahr 2010 gründete sich eine Bürger:inneninitiative, die in Zusammenarbeit mit der Stadt Ideen für die gemeinschaftliche Nutzung des Geländes entwickelte. Ab 2012 erwarb die Stadt Leipzig die ersten Grundstücke, um die Umsetzung dieser Ideen zu unterstützen. Das Gelände des Bürgerbahnhof Plagwitz (BBP) beherbergt mittlerweile ein Café, mehrere Bereiche für Spiel, Bewegung und Kreativität sowie verschiedene Gartenbereiche und Grünflächen, getragen von einer Vielzahl an Vereinen und Initiativen. Aktuell führt die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans für einen Teil der Fläche zu Konflikten. Der Bebauungsplan sieht mehrgeschossige Gewerbeimmobilien vor und steht insbesondere wegen der dafür wegfallenden Grünflächen in der Kritik.
Im Planungsprojekt wollen wir uns den Fragen widmen, welche Funktionen der Bürgerbahnhof für das Quartier erfüllt, wie sich das Verhältnis zwischen den Protagonist:innen des Bürgerbahnhofs und der Stadtverwaltung gestaltet, welche Rolle kreative bottom-up Projekte wie der BBP vor dem Hintergrund von Gentrifizierung spielen (können) und welche Perspektive gemeinschaftlich organisierte, nicht (vorrangig) kommerzielle Projekte in einer boomenden Stadt haben.
Hierzu werden wir uns mit dem Leipziger Stadtteil Plagwitz auf Basis aktueller Forschungen zum Verhältnis von Demokratie, Stadt und Planung (bspw. Recht auf Stadt, Deliberation, Radikale Demokratie, Urban Commons) im Rahmen einer Exkursion vertiefend auseinandersetzen. Anschließend soll herausgearbeitet werden, welche Rolle der Bürgerbahnhof Plagwitz für die Entwicklung des Stadtteils spielt und auch in Zukunft spielen kann. Aufbauend auf den theoretischen und den lokalspezifischen Erkenntnissen sollen im Semesterverlauf konzeptionelle Ansätze einer gemeinschaftlichen Planung von unten formuliert werden.
Das Planungsprojekt wird hauptverantwortlich von Johanna Günzel und Timmo Krüger geleitet. |